Wer keine Bildung hat, kommt auch nur schwer an Bildung ran

Riegelsberg · Die Arbeitskammer hatte zu einem Bildungsforum nach Riegelsberg eingeladen. Die noch junge Schulform der Gemeinschaftsschule sei auf einem guten Weg, so auch Bildungsminister Ulrich Commerçon. Bildungsexpertin Cornelia von Ilsemann sprach über Chancen-Ungleichheit bei der Bildung – Kinder aus „bildungsfernen“ Familien haben es schwerer, Bildung zu bekommen.

"Wir brauchen eine Kampagne für die Gemeinschaftsschulen " - für diese Aussage erntete Günter Engel, Leiter der Leonardo-da-Vinci-Schule in Riegelsberg , viel Beifall aus dem Publikum. Dieses Publikum kam insbesondere aus den Bereichen Schule, Politik und Wirtschaft, und es war sehr zahlreich auf Einladung der Arbeitskammer (AK) des Saarlandes ins Riegelsberger Rathaus gekommen. Denn dort wurde vorige Woche im Rahmen des AK-Forums zur Bildungspolitik über das Thema "Lernen bis zum Abitur - Gemeinschaftsschule weiterentwickeln!" diskutiert.

Gerade eine weiterführende Schule vor Ort, betonte Riegelsbergs Bürgermeister Klaus Häusle , bringe Standortvorteile. Viele Kinder und Eltern strebten nach dem Abitur, das sei nun auch an Gemeinschaftsschulen möglich.

Neben Günter Engel, der mit seiner ehemaligen Gesamtschule auf dem Weg in eine Gemeinschaftsschule ist, appellierte auch Bernd Schmitz, Leiter der Martin-Luther-King-Schule (auslaufende erweiterte Realschule) in Saarlouis-Fraulautern, an das Bildungsministerium, die Schulen auf ihrem Weg in die neue Schulform zu unterstützen und ihnen Zeit, Personal, insbesondere für die Oberstufe, aber auch Material und Funktionsräume zur Verfügung zu stellen. Dann, so waren sich beide einig, könne die Gemeinschaftsschule, die im kommenden Schuljahr in das vierte Jahr geht, neben dem Gymnasium erfolgreich werden.

Wie eine erfolgreiche Einrichtung des Zwei-Säulen-Modells, das auch im Saarland die Eltern und Schüler vor die Wahl Gymnasium mit Abitur nach acht Jahren (G8) oder Gemeinschaftsschule mit Abitur nach neun Jahren (G9) stellt, gelingen kann, darüber hatte zuvor Cornelia von Ilsemann, ehemalige Senatsdirektorin im Bremer Bildungssenat und Mitbegründerin der Hamburger Max-Brauer-Gesamtschule ausführlich referiert: Nach dem Pisa-Schock im Jahr 2000, bei dem Bremen auf dem 16. Platz stand, haben sich die Verantwortlichen in der Hansestadt auf den Weg gemacht, um das Leistungs-, aber vor allem auch das "Gerechtigkeitsproblem" anzupacken. "Neben Armut und Arbeitslosigkeit ist es vor allem die Bildungsarmut im Elternhaus, die einen Zugang zu Bildung erschwert", erklärte Ilsemann.

Nicht unerwähnt ließ sie, dass in Bremen in jeder Legislaturperiode eine Bildungsreform anstand. "Damit ist erst einmal Schluss, wir haben im Jahr 2009 diese Zweigliedrigkeit auf zehn Jahre festgelegt", sagte sie.

Aktuell besuchen in Bremen 30 Prozent der Schüler das Gymnasium, 70 Prozent wechseln nach der Grundschule auf die Oberschule (Gemeinschaftsschule). Im Saarland, erklärte Bildungsminister Ulrich Commerçon , wechseln inzwischen 55 Prozent der Kinder auf die Gemeinschaftsschule, "nach einem schwierigen Start sind wir mit vereinten Kräften zum Erfolg gekommen, mittlerweile gibt es eine hohe Akzeptanz der Eltern", sagte er.

Abgrenzung zum Gymnasium

Gerade der Heterogenität der Schüler könne bei der neuen Schulform Rechnung getragen werden, "gemeinsames Lernen und ein möglichst langes Offenhalten der Schullaufbahn sind Ziele der Gemeinschaftsschule". Auf keinen Fall dürfe die Gemeinschaftsschule mit Parallelen zum Gymnasium werben, sie müsse sich deutlich abgrenzen, die Schullandschaft biete somit zwei gleichberechtigte Säulen. "Wir sind in diesem Zusammenhang übereingekommen, an G 8 am Gymnasium wird nicht gerüttelt", sagte Commerçon.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort