Streit um Feier am Hindenburgturm "Ich finde das Ganze zu militärisch"

Riegelsberg. Dietmar Braun, Sprecher der Initiativgruppe Hindenburgturm, möchte am 8. Mai - dem Tag der Kapitulation Nazideutschlands - eine Gedenkfeier am Hindenburgturm veranstalten und zu diesem Anlass eine Tafel im Turminnern anbringen lassen, auf der die Namen der im Zweiten Weltkrieg gefallen Riegelsberger Soldaten stehen

 Der Hindenburgturm in Riegelsberg. Archivfoto: das bilderwerk

Der Hindenburgturm in Riegelsberg. Archivfoto: das bilderwerk

Riegelsberg. Dietmar Braun, Sprecher der Initiativgruppe Hindenburgturm, möchte am 8. Mai - dem Tag der Kapitulation Nazideutschlands - eine Gedenkfeier am Hindenburgturm veranstalten und zu diesem Anlass eine Tafel im Turminnern anbringen lassen, auf der die Namen der im Zweiten Weltkrieg gefallen Riegelsberger Soldaten stehen. Braun hatte sein Anliegen vor einiger Zeit nicht dem für die Pflege des Brauchtums zuständigen Ortsrat, sondern Bürgermeister Klaus Häusle vorgetragen.

Und dem gefiel das offenbar. Denn Häusles Verwaltung machte sich an die Arbeit und brachte die Namen der 471 Riegelsberger Soldaten in Erfahrung, die zwischen 1939 und 1945 gefallen sind. Häusle gefiel offenbar auch das Programm der Gedenkfeier, denn er legte es dem Ortsrat zur Beschlussfassung vor.

Das gefiel dem Ortsrat mehrheitlich jedoch nicht. Ortsvorsteherin Monika Rommel trug sogar eine Erklärung vor: "Als Ortsvorsteherin werde ich mich stets für den Erhalt und die Unterhaltung des Denkmals Hindenburgturm einsetzen. Ich werde auch stets dafür Sorge tragen, dass der Hindenburgturm und sein Areal der Bevölkerung zugänglich sind und für Veranstaltungen genutzt werden können. Aber mit der für den 8. Mai geplanten, militärisch überdimensionierten Veranstaltung kann ich mich nicht identifizieren und werde deshalb dem Beschlussvorschlag der Verwaltung nicht zustimmen und an der in dieser Form geplanten Feier nicht teilnehmen."

Rommel betonte, dass sie gegen eine Gedenktafel im Turm nichts einzuwenden habe. Obwohl auf dem Friedhof bereits ein Mahnmal existiere, an dem jährlich am Volkstrauertag der gefallenen Soldaten der beiden Weltkriege sowie der Zivilopfer gedacht wird. Bei der am 8. Mai geplanten Feier stört sie, dass dem Militär großer Raum gegeben werde. So sollen deutsche und französische Soldaten in Uniform (aber ohne Waffen) mit Fackeln den Eingang zum Turm flankieren und einen Kranz niederlegen. Soldaten sollen als Fahnenträger eine Ehrenwache bilden. Ein Soldat soll vor dem ersten Turmrundlauf auf der Trompete das Lied "Ich hatte einen Kameraden" spielen. "Uns geht es vorrangig darum, die Geschichte des Turmes als Mahnmal zu erläutern. Bitte setzen Sie ein Zeichen zur Ehre und Erinnerung an die gefallenen Riegelsberger Soldaten", erklärte Dietmar Braun. Zustimmung gab es von Klaus Häusle: "Die Idee, den Turm so zu nutzen, dass man der Opfer gedenkt, halte ich für sehr gut."

Auch die CDU war mit Brauns Idee einverstanden. SPD und Linke hatten Bedenken, Gemeinderatsmitglied Birgit Huonker (Linke) sagte: "Ich habe große Schwierigkeiten mit dem Geplanten. Es ist ein Schnellschuss, der detailliert beraten werden sollte." Mit den Stimmen von SPD und Linke (8) und gegen die Stimmen der CDU (7) lehnte der Ortsrat den Programmvorschlag ab. Stattdessen wurde einstimmig beschlossen, eine Arbeitsgruppe (AG) einzurichten, die einen neuen Programmvorschlag erarbeitet und diesen mit der Initiativgruppe bespricht. Wer der AG angehört, wurde nicht entschieden. Rommel sagte: "Der 8. Mai 2013 wird aus Zeitgründen nicht einzuhalten sein." Riegelsberg. Stimmen von Riegelsberger Kommunalpolitikern zur Idee der Initiativgruppe Hindenburgturm:

Heiko Walter (CDU): "Die Idee ist sehr lobenswert. Dass Soldaten dabei anwesend sind, ist nachvollziehbar. Das Programm wirkt nicht zu militärlastig, doch wir nehmen es nur als Vorschlag, den man noch verändern kann."

Patricia Dillinger (Linke): "Die fertige Planung hat mich mehr als irritiert. Den sehr militärisch wirkenden Akt lehnen wir grundsätzlich ab. Zudem lehnen wir jegliche Feier und Gedenktafel ab, weil das Geld kostet. Wir haben bereits auf dem Friedhof eine Gedenkstätte und sollten das Geld besser in die Zukunft investieren."

Harry Görens (SPD): "Ich finde das Ganze zu militärisch. Für die Opfer des Zweiten Weltkrieges haben wir ein Mahnmal auf dem Friedhof, während der Hindenburgturm als Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges gebaut worden ist." Christian Schmidt (SPD): "Das Programm erinnert mich an einen kleinen Zapfenstreich. In einem anderen Rahmen würde die Feier mehr Akzeptanz finden." Ingo Horn (SPD): "Ich stoße mich daran, dass so viel Pathos geplant ist. Unsere Zeit hat das nicht mehr nötig. Und ich stoße mich daran, dass der zivilen Opfer nicht gedacht wird."

Stephan Lehberger (Grüne) vom Gemeinderat: "Ich bin gegen eine Gedenktafel mit Namen. Wer weiß, wer Täter und wer Opfer waren? Da auch die Namen der in KZs ermordeten Riegelsberger Juden erwähnt werden müssten, ist es unvorstellbar, dass auf der Tafel Namen von ermordeten Juden und gefallenen SS-Soldaten stehen, die vielleicht an Deportationen beteiligt waren." dg

Foto: fred kiefer

Foto: becker & bredel

Stichwort

Hindenburgturm: Das Wahrzeichen Riegelsbergs ist der Hindenburgturm an der Wolfskaulstraße. Von seiner oberen Plattform hat man einen herrlichen Ausblick über das Köllertal, bis in den Hunsrück und nach Frankreich. Wegen seiner seltenen Bausubstanz (Sötener Klinker) steht er seit 1984 unter Denkmalschutz. 1934 wurde er als Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges erbaut und am 2. Dezember 1934 eingeweiht. Der Turm ist das originalgetreue Abbild eines Pfeilers des Tannenbergdenkmales. Als Reminiszenz an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg erhielt er seinen Namen. Von den Nazis wurde er als Aufmarschstätte missbraucht und hielt deshalb nach dem Zweiten Weltkrieg über 50 Jahre lang einen Dornröschenschlaf, ehe ihn die Initiativgruppe um den Riegelsberger Architekten Manfred Binger und den Riegelsberger Verleger Dietmar Braun unter der Regie des Heimat- und Verkehrsvereines 1997 sanieren ließ. Im Juni 1997 wurde der sanierte Turm in einer großen Feier als Mahnmal für den Frieden der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. dg

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