Sie werfen einen anderen Blick auf die Kunst
Riegelsberg · In der Riegelsberger Rathausgalerie sind bis 17. August Werke von Künstlern mit geistiger Behinderung zu sehen. Sie kommen aus der Malwerkstatt bei der Püttlinger Lebenshilfe.
Riegelsberg. Elf Künstler mit geistiger Behinderung stellen in der Riegelsberger Rathausgalerie aus. In der von Bernd Tretter-Michaeli initiierten Malwerkstatt bei der Püttlinger Lebenshilfe kommen sie einmal wöchentlich zusammen. Es sei eine "Neigungsgruppe", erklärt der Sozialpädagoge Christian Seibert.Jeder Teilnehmer verfolgt sein eigenes (Lebens-)Thema, und jeder hat einen eigenen unverwechselbaren Stil entwickelt. Manuela Janke malt Gefühle, Axel Steinmetz skizziert Sehenswürdigkeiten. Sabrina Schmidt, Salvatore Ventra und Carsten Serf ließen sich von einem Besuch im Eppelborner Jean-Lurcat-Museum inspirieren. Farbfelder (Patrik Gräßer), getupfte Farbflächen (Torsten Rump) und eine Landschaft mit weißen Wolken und gelber Sonne (Jürgen Schernich) sind charakteristisch. Das Spektrum ist breit gefächert und reicht bis hin zur üppigen Darstellung eines modernen Alltagsgegenstandes, einem Handy mit zahlreichen Funktionen.
Diese Künstler werfen, so Laudatorin Nicole Baronsky-Ottmann, einen anderen Blick auf die Kunst. So betonte Martin Folz bei einer Sonnenblume nicht die Blüte, sondern stellte den geometrischen Aufbau in den Vordergrund.
Daniela Rammacher, eine Mutter, die mit einer Gruppe im Wohnheim malt, sagt im Gespräch: "Sie haben andere Vorstellungen von den Dingen." Auch müsse man sich vorstellen, dass der Umgang mit Farben für Geistigbehinderte nicht leicht sei. Manch einer setze zu Anfang beispielsweise alle Farben über- statt nebeneinander.
Selbstbewusst, großformatig, mit freizügigem Piselstrich kommen die Bilder daher. "Spontan, voller Kraft. Da fällt eine ganze Ebene von Verklemmungen weg", urteilt die Riegelsberger Malerin Gitta Nießen. Percussion-Künstler Peter Bruna lässt sich von den Bildern - "Es ist eine große Freiheit, die ich da sehe" - zu ungewöhnlichen Improvisationen inspirieren.
"Sensibel, spontan, offen", urteilt Manfred Zimmer, Vorsitzender der Lebensilfe Obere Saar, und bucht gleich vor Ort die Gruppe für eine Ausstellung zur Eröffnung der modernisierten Bübinger Werke. Die Besucher sind durch die Bank begeistert. "Beeindruckend, farbenfroh und konsequent im Stil", meint Martin Schweitzer. Man biete hier auch den Raum und die Möglichkeit zur Begegnung. Schade findet er allerdings, dass die Bilder keine Titel haben. Sie sind mit kleinen Porträt-Fotos gekennzeichnet. So macht sich Martin Schweitzer auf die Suche nach dem Maler und erfährt schließlich, dass sein Favorit "Die Wüste lebt" heißt.
Hintergrund
Die Bilder aus der Malwerkstatt werden zum Einheitspreis von 90 Euro verkauft. Der Erlös wird in Materialien und kleine Ausflüge in die Kunstwelt investiert. Die Ausstellung in der Riegelsberger Rathausgalerie ist bis 17. August zu sehen. hof