Erlösung in letzter Minute Riegelsberg bangt und jubelt mit Jogis Jungs

Riegelsberg · 1000 Zuschauer beim Public Viewing drehen durch vor Freude, als Toni Kroos in letzter Minute zum 2:1 gegen Schweden trifft.

 Rund 1000 Fußballfans kamen am Samstagabend ins Riegelsberger Stadion am Wäldchen, um gemeinsam das WM-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Schweden zu schauen.

Rund 1000 Fußballfans kamen am Samstagabend ins Riegelsberger Stadion am Wäldchen, um gemeinsam das WM-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Schweden zu schauen.

Foto: Andreas Schlichter

Unbeschreibliche Szenen spielten sich am Samstagabend um 21.49 Uhr im Riegelsberger Stadion am Wäldchen beim Public Viewing des WM-Spiels Deutschland gegen Schweden ab. Rund 1000 Fußballfans flippten völlig aus. Kinder tobten schreiend und Fahnen schwingend über den Rasen, wildfremde Menschen fielen sich in die Arme oder klatschten sich ab. Kerstin Müller-Kattwinkel, die Leiterin des Riegelsberger Hallen- und Bäderbetriebs, und Lukas Huwig, der stellvertretende Riegelsberger Ortsvorsteher, drückten sich gegenseitig, und die Bäderchefin rief: „Ab jetzt sind wir per Du!“

Ehemann Stephan hätte am liebsten jeden geküsst und wirkte völlig abgedreht: „Unglaublich! Unfassbar. Mein Herz“, stammelte er. Wenig später knallten Böller, eine Rakete stieg in den Nachthimmel, Autokorsos machten sich laut hupend auf den Weg. Nein, Deutschland war (noch) nicht wieder Weltmeister geworden, aber Toni Kroos bewahrte die ganze Nation vor einem historischen Aus in der Vorrunde.

Schon eine Stunde vor dem Anpfiff war das Stadion gut gefüllt. Und voller Zuversicht. „Wir gewinnen 2:1. Egal, wie. Wenn es sein muss mit der Brechstange“, prophezeite Bürgermeister Klaus Häusle. Auch Anja Webel tippte einen 2:1-Sieg. Lukas Huwig sagte sogar ein 2:0 voraus, baute aber schon mal vor: „Seit Jahren hat Deutschland immer gut gespielt. Wenn wir jetzt scheitern, sollten wir nicht alles kaputt reden.“ Der Neu-Riegelsberger Andreas Salm wagte einen 3:1-Tipp und erntete von Ehefrau Tanja ein energisches „Andy!“ Denn Tanja Salm war skeptischer: „Es wird schwer, aber vielleicht gewinnen wir 1:0.“ Sven Pelzer vom Verbandsligisten 1. FC Riegelsberg war noch siegessicherer: „Wir gewinnen 3:0. Die Aufstellung von Sebastian Rudy statt Sami Khedira ist ein guter Schachzug.“

Erstaunliches erlebte man bei der Nationalhymne: Die Leute auf den Sitzplätzen standen nicht auf. Kaum jemand sang mit, kaum jemand legte die Hand aufs Herz. Das war völlig untypisch für ein Public Viewing. Die erste Halbzeit tat dann auch gar nichts dazu, Euphorie zu wecken. Deutschland spielte schlecht, lag zur Pause 0:1 hinten. Die Zuschauer waren sauer bis enttäuscht. Andreas Salm ärgerte sich über Toni Kroos, der mit einem Patzer das 0:1 eingeleitet hatte: „Diese Arroganz, die Kroos an den Tag legt, ist unerträglich.“ Stephan Müller-Kattwinkel ahnte Böses: „Schlimm, schlimm, Uns geht’s wie Argentinien.“ Anja Webel hatte sich die Deutschlandschminke aus dem Gesicht gewischt und die Deutschlandohringe abgelegt. Katja Simon aus Walpershofen sagte: „Ich versuche jetzt den Leuten um mich herum Mut zu machen, aber an einen Sieg glaube ich eigentlich nicht mehr.“

Zuversicht verströmte die Bundestagabgeordnete Josephine Ortleb (SPD): „Unsere Mannschaft kommt jetzt raus und gewinnt noch 2:1.“ Und der Landtagsabgeordnete Bernd Wegner (CDU) meinte: „Ich glaube an die Jungs, sie werden jetzt alles geben und noch drei Tore machen.“ Marco Reus schaffte auch bereits nach drei Minuten den Ausgleich, aber dann schien nichts mehr zu gehen. „Macht doch endlich mal das verdammte Tor“, rief Ilka Weber verzweifelt. Kerstin Müller-Kattwinkel fasste sich an die Halsschlagader: „Mein Puls geht hoch.“

 Im Familienbereich konnten sich frierende Gäste mit Decken wärmen.

Im Familienbereich konnten sich frierende Gäste mit Decken wärmen.

Foto: Andreas Schlichter
 Auch Mitglieder der Frauen- und Männermannschaft des 1. FC Riegelsberg bewirteten die Gäste beim Public Viewing im Stadion am Wäldchen.

Auch Mitglieder der Frauen- und Männermannschaft des 1. FC Riegelsberg bewirteten die Gäste beim Public Viewing im Stadion am Wäldchen.

Foto: Andreas Schlichter
 Wenn’s gilt, trägt jeder Schwarz-Rot-Gold.

Wenn’s gilt, trägt jeder Schwarz-Rot-Gold.

Foto: Andreas Schlichter
 Sieg! Deutschland-Fan Sina Frenzer strahlt.

Sieg! Deutschland-Fan Sina Frenzer strahlt.

Foto: Andreas Schlichter

Es wurde immer schlimmer. Mario Gomez scheiterte am schwedischen Torwart, Julian Brandt am schwedischen Torpfosten, und Regionalverbandspräsident Peter Gillo meinte in der Schlussminute: „Das wird jetzt nichts mehr.“ Als hätte Toni Kroos diese Worte gehört. Sein Schuss zum 2:1-Sieg in den Winkel ließ Riegelsberg erbeben. Und die Zuschauer waren sich sicher: „Jetzt beginnt endlich die WM!“

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