Die Planung eines Neubaugebietes wurde Anfang 2017 im Bauausschuss des Riegelsberger Gemeinderates – nicht öffentlich – vorgestellt. Die RAG Montan Immobilien GmbH wollte im Bereich der Hahnenstraße auf einem etwa sieben Hektar großen Areal, das der RAG gehört, ein Wohngebiet erschließen und mit rund 60 Ein- und Mehrfamilienhäusern bebauen. Im Dezember 2019 beschloss der Gemeinderat, das Planverfahren auf den Weg zu bringen.
Fast alle Ratsmitglieder stimmten damals zu, nur die AfD und Melanie Dell (FDP) enthielten sich. Im Januar 2020 gründete sich eine Bürgerinitiative (BI), die davor warnte, ein großes Biotop würde dem Wohnungsbau geopfert. Sie befürchtete Klimaschäden und Hochwassergefahren durch die zunehmende Versieglung der Landschaft. Im Laufe der nächsten Jahre bröckelte die Zustimmung im Rat, nur noch die Verwaltung, CDU und SPD befürworteten das Projekt.
Bürgermeister sieht großen Wohnungsbedarf
Um das Bauvorhaben jetzt umsetzen zu können, hätte die Gemeinde nun beim Land einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung nach Paragraf 30, Absatz 3 des Bundesnaturschutzgesetzes stellen müssen. Für diesen Antrag wiederum hätte der Gemeinderat seine Zustimmung geben müssen. Die Ausnahmegenehmigung war notwendig geworden, weil das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) darauf hingewiesen hatte, dass im Plangebiet auch Flächen in Anspruch genommen werden, die als so genannter „FFH-Lebensraumtyp 6510“ (geschützte und erhaltenswerte Magere Flachland-Mähwiese) gekennzeichnet sind.
Der Gemeinderat hat es nun aber abgelehnt, den Antrag auf besagte Ausnahmegenehmigung überhaupt zu stellen. Obwohl Bürgermeister Klaus Häusle (SPD) zu Beginn der Sitzung darauf hingewiesen hatte, dass in Riegelsberg großer Bedarf nach Wohnungen bestehe. Im Ort selbst gebe es 205 Baulücken. „Doch selbst wenn wir all diese Baulücken bebauen, haben wir noch immer Bedarf“, so Häusle. Und im Hinblick auf die anstehende Abstimmung sagte Häusle: „Egal, wie es heute ausgeht, ist noch keine Entscheidung gefallen. Die Planungshoheit liegt nicht beim LUA, sondern beim Gemeinderat.“
Mehrere Ratsmitglieder erklärten jedoch, dass der Rat das Aufstellen eines Bebauungsplanes auch zukünftig ablehnen werde. So sagte Hans-Jürgen Marowsky (Grüne). „Wir möchten die Hahnenwiese als geschütztes Biotop und Frischluftschneise für Riegelsberg erhalten und werden auch in Zukunft dafür eintreten, dass es keine Neubaugebiete in Riegelsberg geben wird.“ Joachim Schild-Schröder (Linke) erklärte: „In Riegelsberg wird kein Bebauungsplan für die Hahnenwiese aufgestellt werden.“ Und René Selzer (AfD) sagte: „Mit den 205 unbebauten Grundstücken in Riegelsberg können wir den Wohnbedarf decken.“
Abstimmung ohne Fraktionszwang
Benjamin Schmidt (CDU) betonte: „Was wir heute entscheiden, hat Signalwirkung auf die RAG. Deshalb wird es heute bei uns keinen Fraktionszwang bei der Abstimmung geben.“ Für viele überraschend war die Entscheidung der SPD. Ihr Sprecher Frank Schmidt führte aus: „Wir haben von Beginn dieses Verfahrens an eindeutig und wiederholt gesagt, dass wir dieses Bauvorhaben nur dann unterstützen werden, wenn keine rechtlichen Bedenken hiergegen bestehen. Diese liegen aus unserer Sicht nun klar auf der Hand Deshalb werden wir dem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht zustimmen.“
Eine Äußerung, die nicht nur bei den rund 60 anwesenden Anwohnern der Hahnenwiese für ausgelassenen Jubel sorgte, sondern auch Jutta Christmann (BfB) erstaunte: „Herr Schmidt, ich bin sprachlos. Was ist denn mit Ihnen über Nacht passiert?“ Noch gibt es für die RAG ein kleines Hintertürchen, denn auch sie darf einen Antrag beim LUA auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung stellen. Sollte das LUA diesen Antrag nach Prüfung genehmigen, muss der Riegelsberger Gemeinderat noch einmal über die Erstellung eines Bebauungsplans entscheiden.