Paten für die Flüchtlinge

Riegelsberg · Dieses System dürfte seinesgleichen suchen: In Riegelsberg kümmern sich Paten um die Flüchtlinge, die jetzt in der Gemeinde leben. Man kümmert sich etwa um Papierkram, Möbel und Integration in Vereine.

Birgit Huonker - die in Riegelsberg für die Linke auch im Gemeinderat sitzt - hat in der Gemeinde ein Patensystem zur Betreuung von Flüchtlingen aufgebaut, das im Saarland seinesgleichen sucht. Vor inzwischen über einem Jahr hatte die 53-jährige Landtagsabgeordnete im Landtag mit über eine Änderung des Landesaufnahmegesetzes debattiert. "Daraufhin ging ich zum Riegelsberger Bürgermeister und fragte ihn, ob wir in Riegelsberg auch Flüchtlinge haben", erinnert sich Birgit Huonker . So erfuhr sie, dass zum damaligen Zeitpunkt in der alten Schule in Walpershofen sechs Männer in einer Dachgeschosswohnung untergebracht waren, was sie sich dann auch vor Ort angesehen hat.

"Bundeswehrspinde, ein paar Stühle und Matratzen, gebrauchte Bettwäsche auf dem Tisch, nicht geputzt, die Badewanne schwarz. Das war so lieblos, da kann man doch nicht wohnen", schildert Huonker. Sofort habe sie sich an die Arbeit gemacht: Putzzeug geholt, sauber gemacht, Blumen und Nippes hingestellt. "Ich habe es ein bisschen heimelig gestaltet, die Wohnung sollte ein wenig Wärme ausstrahlen."

Dann begann sie den jungen Männern zu helfen. In der Gebrauchtwarenbörse Guddes wurde eingekauft, Nachbarn wurden gefragt, ob sie Kleider, Schuhe, Strümpfe oder Unterwäsche spenden könnten. Huonker besorgte Fahrräder, damit die Flüchtlinge mobil sind, kümmerte sich um Papierkram, machte mit ihnen Besuche bei Behörden und beim Arzt.

Auf Vermittlung von Jochem Franken lernte sie den Saarlouiser Arzt Michael Weber kennen, der die Flüchtlinge behandelte. Sie redete mit der ABG-Geschäftsführerin Kerstin Halladin, die ebenfalls sofort in die Betreuung mit einstieg und Amal Zalloum als Dolmetscherin hinzu zog. "Als immer mehr Flüchtlinge kamen und die Arbeit immer mehr wurde, hab' ich mir eingestanden, ich schaff' es nicht mehr allein, ich muss mich um Helfer kümmern", berichtet Birgit Huonker .

Das Patensystem wurde gestartet: Im Riegelsberger Gemeinderat schilderte Huonker in nichtöffentlicher Sitzung die Probleme der Flüchtlinge in Walpershofen. Aber da habe sich "keiner für das Thema interessiert. Außer Jutta Christmann".

Jutta Christmann gehört der CDU-Fraktion an, und dort war "die "Schwarze", der "Roten" nie grün gewesen. Doch beim Thema Flüchtlinge fanden die beiden zusammen. ABG-Geschäftsführerin Halladin meinte dazu unlängst schmunzelnd: "Wer hätte jemals gedacht, dass diese beiden Mädels zusammenfinden würden?"

Jutta Christmann kümmerte sich um alle technischen Dinge, besorgte einen PC sowie CD-Roms mit Deutschkursen, organisierte Möbeltransporte. Huonker und Christmann nahmen die Flüchtlinge mit in die örtlichen Vereine , versuchten sie zu integrieren. Mittlerweile wurde der Kreis der Helfer und Paten immer größer: Gemeinderatsmitglied Dieter Schmiedel (Linke) half beim Möbeltransport, seine Frau Barbara nähte Gardinen. Nadine Fleckinger, Wiebke Schorstein und Christine Spaniol unterrichteten die Flüchtlinge in Deutsch. "Mittlerweile hatten wir 30 Flüchtlinge in fünf Wohnungen, ich brauchte noch fünf Paten, und ich sagte mir, die kriege ich", erinnert sich Huonker. Christine Welsch, Mirko Ungelenk, Peter Leppert, Johannes Müller , Annemarie Nalbach, Lavinia Groß, Waltraud Gregorius-Adam und Britta Koschorke stießen hinzu. Und bei einer Flüchtlingshelfer-Informationsveranstaltung am 1. September im Haus Gabriel (wir berichteten) verpflichteten sich weitere Menschen, als Helfer oder Pate mitzumachen.

Birgit Huonker ist überwältigt von so viel Hilfsbereitschaft: "Ich hätte das nie für möglich gehalten! Ich bin so stolz auf Riegelsberg , Walpershofen und Umgebung, und ich bin so stolz, hier zu leben." Nur eine einzige Sache ärgert sie ein bisschen: "Ich hätte mir gewünscht, dass sich mehr Leute aus dem Gemeinderat für diese Sache engagieren."

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