Morden auf Finnisch in Riegelsberg

Riegelsberg. Wälder und Wölfe, Seen, Saunen, Schnee. Einsame Blockhäuser, große Steinbrüche. Man hat so seine Vorstellungen von Finnland. Ob es wirklich so ist, ist eine andere Sache. Der Frankfurter Kriminalschriftsteller Jan Costin Wagner, Jahrgang 1972, kennt sich mit Land und Leuten aus. Er ist mit einer Finnin verheiratet und lebt mal hier, mal dort

 Er mordet auf Papier, doch auch das Menschliche ist ihm wichtig: Jan Costin Wagner las in Riegelsberg aus seinem neuesten Kriminalroman. Foto: Sven Teschke/Creative Commons CC-by-sa-3.0 de

Er mordet auf Papier, doch auch das Menschliche ist ihm wichtig: Jan Costin Wagner las in Riegelsberg aus seinem neuesten Kriminalroman. Foto: Sven Teschke/Creative Commons CC-by-sa-3.0 de

Riegelsberg. Wälder und Wölfe, Seen, Saunen, Schnee. Einsame Blockhäuser, große Steinbrüche. Man hat so seine Vorstellungen von Finnland. Ob es wirklich so ist, ist eine andere Sache. Der Frankfurter Kriminalschriftsteller Jan Costin Wagner, Jahrgang 1972, kennt sich mit Land und Leuten aus. Er ist mit einer Finnin verheiratet und lebt mal hier, mal dort. So scheint es logisch, dass er seinen Kommissar Kimmo Joentaa, der um seine jung verstorbene Frau trauert, auf finnischem Terrain ermitteln lässt. Vier Krimis sind bislang in dieser Reihe erschienen. In 14 Sprachen wurden sie übersetzt. Literarische Auszeichnungen, begeisterte Rezensionen im Tagesspiegel und anderen prominenten Medien und auch der Hinweis, dass Jan C. Wagner sich in seiner Abschlussarbeit als Literaturwissenschaftler mit den verborgenen Abgründen im Werk Adalbert Stifters beschäftigt hat, gehen seinem Besuch im Haus Gabriel in Riegelsberg voraus.

Der Riegelsberger Kulturverein hat die erste Saarland-Lesung arrangiert. "Wir wollten mal Bundesliga", sagt Hildegard Recktenwald. Für die musikalische Umrahmung sorgt der Autor selbst: Am Klavier spielt er eigene Stücke.

Wagner hat die Lesung fein strukturiert. Er liest sechs Kapitel. Danach darf nach Herzenslust gefragt werden. Das Publikum macht regen Gebrauch davon. "Es geht mir nicht darum, über Finnland zu schreiben. Es geht mir grundsätzlich darum, Dramen zu erzählen", sagt der Autor. Über den Schauplatz wolle er eine Emotion rüberbringen, und deshalb sei der Schauplatz in gewisser Weise auch eine Hauptfigur des Romans. Finnland und der Kommissar lägen ihm am Herzen.

Als er die Figur des Kommissars entwickelte, habe er ihn assoziativ sofort in Finnland verankert. Kommissar Kimmo und Finnland seien ein gutes Team. Grundlegend gehe es ihm aber darum, menschliche Geschichten zu erzählen.

Nicht typisch deutsch, nicht typisch finnisch, sondern eben typisch menschlich. "Finnland ist eine gute Fläche für diese Romane", erklärt Wagner und weiter: "Für mich war der Erzählkern nie Krimi. Meine Idee war, in Sprache zu bringen, wie der junge Polizist den Verlust seiner Frau lebt, wie er sich verändert, sich immer wieder neu positioniert."

"Weil es die Roman-Welt so will", ließ der Autor dem Kommissar im dritten Roman eine neue Frau zukommen. Wir lernen Larissa kennen: Strohblond. Schmal. Sie kommt und geht. Kimmo weiß nicht woher, wohin. In der nächsten Szene begleitet sie ihn zum Geburtstagsfest des Polizeichefs. Ein Spätsommertag. Violinenmusik im Hintergrund. Der Polizeichef mit launiger Entenkrawatte bedankt sich vom Balkon aus für die Geschenke. Bald wird das Büfett eröffnet. Blicke, Begegnungen, man geht hin und her, kleine Gespräche. Auf impressionistische Art wird die Hintergrundgeschichte offenbar: Der Polizeichef hat schon mal Larissas Dienste als Prostituierte in Anspruch genommen. In der nächsten Szene geht es um den Kriminalfall. Eine Komapatientin wird getötet. Die Schilderung geschieht aus der Sicht des Täters, als Tagebucheintrag.

Es sei im wichtig, dass die Leser Nähe zu den Figuren finden, erläutert der Autor später. Es gehe ihm um Nachvollziehbarkeit und um die Wahrheit in den Grauzonen. Mit seinen Täterpsychogrammen wolle er Momente des Begreifens schaffen. Verbrechen seien Extremst-Situationen. Das Leben werde auf die größtmögliche Probe gestellt.

Die Ideenfindung dauere lange, erzählt Jan C. Wagner. 80 Prozent Nachdenken, 20 Prozent Schreiben, sagt er, und auch, dass er erst mit dem Schreiben beginne, wenn die Dramaturgie steht, er das Gefühl habe: Es trägt. Das Schreiben sei dann ein assoziativer Prozess. Freischwebend. "Die Bilder entstehen beim Schreiben", sagt er und: "Das ist der Grund, warum ich schreibe."

Auf einen Blick

Jan Costin Wagner las in Riegelsberg aus seinem vierten Kimmo-Joentaa-Buch: "Das Licht in einem dunklen Haus." Weitere Romane um den jungen finnischen Polizisten sind: "Eismond", "Das Schweigen" und "Winter der Löwen". Im Herbst soll der fünfte Roman dieser Reihe bei Galiani in Berlin erscheinen. Als Taschenbuch bei Goldmann. Signierte Exemplare sind in der Buchhandlung Schmitt in Heusweiler zu haben.

Wagner, 1972 geboren, lebt heute als freier Schriftsteller und Musiker in der Nähe von Frankfurt, Finnland ist seine zweite Heimat. Wagners Romane wurden in 14 Sprachen übersetzt und erscheinen auch im Krimi-Land USA. hof

 Cover von "Das Licht in einem dunklen Haus". Foto: Verlag

Cover von "Das Licht in einem dunklen Haus". Foto: Verlag

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort