Mit harter Arbeit die Schulden im Griff

Merzig-Wadern/Köllertal. Langenfeld, eine 60 000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen, schaffte 2008, was kaum einer Kommune in Deutschland gelingt - die Schuldenfreiheit. 1987 betrug der Schuldenberg noch über 38 Millionen Euro, daraufhin erließ der Stadtrat einen Neuschulden-Stopp

 Ein Bild aus dem Zentrum der Stadt Langenfeld, im Vordergrund die Bronzeskulptur "Christel von der Post und ihr Postillion" (von Bildhauerin Elke Tenderich-Veit aus dem Jahr 2001). Das "Langenfelder Traditionspaar" in Postuniformen von 1870 erinnert an die "Kaiserlichen Reichs-Posthalterey" der Fürsten von Thurn und Taxis, die 1774 nach Langenfeld kam. Der Stadt in Nordrhein-Westfalen ist es - ganz im Gegensatz zum Bundestrend und auch zum Trend im Köllertal - gelungen, ihren Schuldenberg abzubauen und Rücklagen zu bilden. Foto: Stadt Langenfeld

Ein Bild aus dem Zentrum der Stadt Langenfeld, im Vordergrund die Bronzeskulptur "Christel von der Post und ihr Postillion" (von Bildhauerin Elke Tenderich-Veit aus dem Jahr 2001). Das "Langenfelder Traditionspaar" in Postuniformen von 1870 erinnert an die "Kaiserlichen Reichs-Posthalterey" der Fürsten von Thurn und Taxis, die 1774 nach Langenfeld kam. Der Stadt in Nordrhein-Westfalen ist es - ganz im Gegensatz zum Bundestrend und auch zum Trend im Köllertal - gelungen, ihren Schuldenberg abzubauen und Rücklagen zu bilden. Foto: Stadt Langenfeld

Merzig-Wadern/Köllertal. Langenfeld, eine 60 000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen, schaffte 2008, was kaum einer Kommune in Deutschland gelingt - die Schuldenfreiheit. 1987 betrug der Schuldenberg noch über 38 Millionen Euro, daraufhin erließ der Stadtrat einen Neuschulden-Stopp. Und 1994 setzte sich Bürgermeister Magnus Staehler (CDU), gerade neu im Amt, als Ziel die Schuldenfreiheit und installierte als sichtbares Zeichen, wie es um die Stadt bestellt ist, eine "Schuldenuhr".

Die Schuldenfreiheit zu erreichen war schwer. Allein die Einführung einer Hallennutzungsgebühr ist auf erhebliche Widerstände gestoßen. "Die hat nicht jedem geschmeckt. Aber schließlich bezahlt man seine Gebühr auch, wenn man in ein Fitnessstudio geht. Und für die Hallen der Stadt fallen auch Kosten an, wie für Heizung, Strom und warmes Wasser", erklärt der Pressesprecher der Stadt Andreas Voss.

Ein hauptsächlich symbolischer Akt war die Verteilung von Besen durch den Bürgermeister an die Einwohner. "Die Straßenreinigungsgebühr ist entfallen, dafür wurden die Bürger in die Verantwortung genommen", sagt Voss. Auch gab es Einschnitte im Stadtpersonal. Die Hierarchieebenen im Rathaus wurden abgebaut und weniger Personal eingestellt, dafür jedoch besser bezahlt. "Die Stadtverwaltung wird wie ein Dienstleistungsunternehmen geführt", sagt Voss und: "Bei den Ausgaben muss man weg von der Mentalität 'Es ist ja nicht unser Geld'."

Die neue Struktur der Verwaltung hätte sich vor allem darin bemerkbar gemacht, wie Arbeitgeber in die Stadt gelockt wurden. Nicht nur machte sich Langenfeld durch niedrige Gewerbesteuern attraktiv für Firmen, auch ein runder Tisch wurde eingeführt, der Unternehmen durch den Behördendschungel hilft. "Unser Rekord von der Planung einer Neuansiedlung bis zur Übergabe beträgt neun Monate", so Voss. Dabei habe man sich bemüht, einen Branchenmix anzusiedeln und bedacht, an welche Firmen Grundstücke vergeben wurden. "Wir wollten keine Flächenfresser - eine gewisse Mitarbeiterzahl auf den Quadratmeter musste sein", sagt Voss. Und es wurde natürlich gespart: "Wir haben auch investiert, etwa in Schulen und Sportausstattungen, doch wir haben auf die Sahnehäubchen verzichtet", erklärt er. Und wie sieht es in der Krise aus? "Der Prozess der Schuldenfreiheit hat über 20 Jahre gedauert, und die nächsten zwei bis drei Jahre werden wieder anspruchsvoll", beschreibt Detlev Müller, Kämmerer der Stadt, die momentane Situation: "Für 2011 werden 15 Millionen Miese erwartet, doch wir können uns noch ohne Kredite über Wasser halten." Auf weitere Firmenansiedlungen hofft man nicht, "die Gewerbegebiete sind ausgereizt", sagt der Kämmerer. Doch Langenfeld hat sich ein Polster für schlechte Zeiten aufs Sparbuch gelegt. Für 2012 dürfte es noch reichen, für 2013 hofft man darauf, dass der Aufschwung in den Kommunen ankommt, "wenn die anderen mitziehen", sagt Müller und spielt auf die hohe kommunale Umlage der Stadt an. Diese sei von 38 Millionen in 2010 auf 50 Millionen in 2011 gewachsen, was die ganze Gewerbesteuereinnahme wieder verschlingt. Nachdem Langenfeld sich mühsam sanierte, dürfe es jetzt für die Schulden anderer Kommunen aufkommen. Und wenn die Rücklagen aufgebraucht sind? Voss: "Wir schauen, wo wir wieder sparen können." "Bei den Ausgaben muss man weg von der Mentalität 'Es ist ja nicht unser Geld'."

Andreas Voss,

Pressesprecher der Stadt Langenfeld

Meinung

Schulden nicht gottgegeben

Von SZ-Redakteur

Marco Reuther

Wäre es fair, die ehemalige Überschuldung der Stadt Langenfeld mit dem Köllertal zu vergleichen? Wäre es fair zu sagen: Liebe Politiker und Verwaltungen in Püttlingen, Heusweiler und Riegelsberg, warum macht ihr's nicht genau so? Nein, das wäre höchst unfair. Denn Langenfeld, nahe Düsseldorf, hat klar bessere Voraussetzungen. So beruht ein Teil der Erfolgsgeschichte Langenfelds auf Gewerbe-Ansiedlungen, die im Köllertal deutlich schwieriger sind. Riegelsberg hat kaum Gewerbeflächen. Wenn aber die Voraussetzungen so unterschiedlich sind, warum dann überhaupt der Vergleich? Das Beispiel Langenfeld zeigt immerhin eines: Überschuldung ist nicht gottgegeben, man kann etwas dagegen tun - das muss man dann aber auch.

Hintergrund

Verschuldung der Kommunen im Kreis Ende 2010:

Zum einen gibt es die Kassenkredite zur Deckung der laufenden Kosten (etwa Sozialleistungen und Gehälter), vergleichbar mit Dispo-Krediten privater Haushalte. Zudem gibt es "fundierte Schulden" ("Investitions-Kredite"), deren Bedeutung aber weniger gravierend ist, da fundierten Schulden auch Wert schöpfende Investitionen gegenüberstehen.

Beckingen erhält 2010 Kredite von rund 977 000 Euro, 2011 Kredite von etwa 475 000 Euro. Beckingen hat einen ausgeglichenen Haushalt mit jeweils rund 22 Millionen Euro.

Losheim: 20 698 215 Euro an Erträgen stehen Aufwendungen von 23 048 445 im Ergebnishaushalt, früher Verwaltungshaushalt, gegenüber - ausgeglichen durch Rücklagen.

Merzig: Die Ergebnishaushalte 2010 bis 2013 sollen - so Schätzungen - einen durchschnittlichen jährlichen Verlust von rund zehn Millionen Euro ausweisen, geschätzte Kassenkredite: sieben Millionen Euro.

Mettlach: Erträgen von rund 15 Millionen Euro stehen Aufwendungen von rund 21 Millionen Euro gegenüber. Im Juni 2010 hatte die Gemeinde ihr Konto um rund zehn Millionen Euro überzogen. Bis 31. Dezember 2008: 8,9 Millionen Kassenkredite (Kontoüberziehung) und rund neun Millionen Euro Schulden. Zudem rund 19 Millionen Euro Defizite der Eigenbetriebe.

Perl: Im Ergebnishaushalt, dem früheren Verwaltungshaushalt, stehen Erträge von 10432 900 Euro Aufwendungen von 12 600 000 Euro gegenüber. Das ergibt ein Minus von 2 167 100 Euro - ausgeglichen durch Rücklagen.

Wadern: Der Doppelhaushalt schließt mit einem Minus von 4,35 Millionen Euro (2009) und 750 000 Euro (2010) ab.

 Ein Bild aus dem Zentrum der Stadt Langenfeld, im Vordergrund die Bronzeskulptur "Christel von der Post und ihr Postillion" (von Bildhauerin Elke Tenderich-Veit aus dem Jahr 2001). Das "Langenfelder Traditionspaar" in Postuniformen von 1870 erinnert an die "Kaiserlichen Reichs-Posthalterey" der Fürsten von Thurn und Taxis, die 1774 nach Langenfeld kam. Der Stadt in Nordrhein-Westfalen ist es - ganz im Gegensatz zum Bundestrend und auch zum Trend im Köllertal - gelungen, ihren Schuldenberg abzubauen und Rücklagen zu bilden. Foto: Stadt Langenfeld

Ein Bild aus dem Zentrum der Stadt Langenfeld, im Vordergrund die Bronzeskulptur "Christel von der Post und ihr Postillion" (von Bildhauerin Elke Tenderich-Veit aus dem Jahr 2001). Das "Langenfelder Traditionspaar" in Postuniformen von 1870 erinnert an die "Kaiserlichen Reichs-Posthalterey" der Fürsten von Thurn und Taxis, die 1774 nach Langenfeld kam. Der Stadt in Nordrhein-Westfalen ist es - ganz im Gegensatz zum Bundestrend und auch zum Trend im Köllertal - gelungen, ihren Schuldenberg abzubauen und Rücklagen zu bilden. Foto: Stadt Langenfeld

Weiskirchen: Ein jahresbezogenes Defizit im Ergebnis-Haushalt von rund 3,3 Millionen Euro. Dadurch erhöht sich das Gesamtdefizit auf knapp 24 Millionen Euro. Jährlich 817 000 Euro für Zins- und Tilgungszahlungen. red

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