Roman in einfacher Sprache von Walpershofer Autorin Freunde finden – auch mit einfacher Grammatik

Walpershofen · In Gudrun Nilius’ erstem Roman macht sich eine junge griechische Einwanderin daran, „In 100 Tagen eine Freundin“ zu finden.

 Gudrun Nilius aus Walpershofen hat ihr erstes Buch geschrieben: „In 100 Tage eine Freundin“ – ein Mut-Mach-Buch über die Suche nach und den Sinn von Freundschaften.

Gudrun Nilius aus Walpershofen hat ihr erstes Buch geschrieben: „In 100 Tage eine Freundin“ – ein Mut-Mach-Buch über die Suche nach und den Sinn von Freundschaften.

Foto: Monika Jungfleisch

„In 100 Tagen eine Freundin“ – ist das möglich? Oder ist diese Vorstellung ähnlich illusorisch wie der Werbespruch „In 100 Tagen eine Strandfigur“? Letzteres, ein Werbeplakat an einer Bushaltestelle, ist der Auslöser für Irini, die Hauptfigur in Gudrun Nilius’ erstem Roman, die Probe aufs Exempel zu machen: Die 34-jährige Griechin macht aus dem Werbeplakat ein persönliches Projekt und will in 100 Tagen eine Freundin finden. Denn eine echte Vertraute ist weit und breit nicht in Sicht für Irini, die seit zwei Jahren mit Mann und Tochter in Deutschland lebt, ganz gut Deutsch spricht, aber etwas schüchtern ist.

Unterhaltsam, geistreich und liebevoll erzählt die 51-jährige Walpershoferin Gudrun Nilius von den Anstrengungen ihrer Hauptfigur. Ist vielleicht die nette, aber ältere Nachbarin eine geeignete Freundin für Irini? Oder die Frauen in der Kirchengemeinde, die sie so freundlich aufgenommen haben? Wie wäre es mit ein paar Müttern aus dem Kindergarten, in den ihre Tochter Sofia geht? Könnten sie zu neuen Freundinnen werden? Kann man Freundschaft denn selbst „machen“ oder ist sie ein Geschenk? Und wenn man selbst etwas tun kann: Wie und wo kann man aktiv werden?

Der Roman erzählt in zwölf Kapiteln auf rund 110 Seiten, wie es Irini in diesen 100 Tagen ergeht. Er beschreibt aber auch Erfahrungen einer Migrantin in Deutschland, etwa mit der eigenen sprachlichen Unsicherheit oder mit Vorurteilen anderer. Das Thema ist vielleicht nicht neu auf dem Buchmarkt. Was das Erstlingswerk aber auszeichnet, ist die Entscheidung, ein Buch in einfacher Sprache zu schreiben. „Darunter“, so die Autorin, „versteht man ein leicht verständliches Deutsch, das in Wortwahl und Grammatik bewusst einfach gehalten ist.“ Auch gibt es neben dem Haupt-Erzählstrang nur begrenzte Nebenschauplätze, „um zu große inhaltliche Komplexität zu vermeiden. Außerdem ist die Schrift eher groß, – es gibt mehr Absätze und mehr Leerraum auf jeder Seite als sonst üblich.“

Wer nun glaubt, das Buch richte sich an Kinder, irrt sich. Schließlich ist die Hauptfigur schon 34 Jahre alt. „Als Zielgruppe sehe ich Erwachsene. Aus meiner Erfahrung als VHS-Dozentin für Deutsch für Migrantinnen und Migranten weiß ich, dass diejenigen, die Deutsch als Fremdsprache erlernen, das Lesen längerer, beziehungsweise sprachlich komplexerer Texte auf Deutsch als anstrengend empfinden. Dazu gibt es gar nicht so wenige Menschen mit deutscher Muttersprache, die mit dem Lesen von Texten in Standardsprache überfordert sind. Manche von ihnen haben zwar die Schule durchlaufen, aber dennoch nicht ausreichend und flüssig genug Lesen und Schreiben erlernt.“ Diese Meschen würden auch auch als „gering Literalisierte oder funktionale Analphabeten bezeichnet. Dann gibt es andere Menschen, die sich, bedingt durch Alter oder Krankheit, nicht mehr so gut konzentrieren können und froh sind über einfachere Texte. Auch für Menschen mit Hör- oder Sehbehinderung eignen sich Texte in einfacher Sprache.“

Neben vielen positiven Rückmeldungen aus ihrem Freundeskreis hat der Brief eines Mannes in mittleren Jahren Gudrun Nilius besonders berührt: „Dank meines Romans habe er zum ersten Mal ein ganzes Buch gelesen. ‚Das macht mich mächtig stolz‘, hat er geschrieben. Ein schönes Kompliment für meine Arbeit.“ Das nächste Manuskript ist schon fertig, nur einen Verlag hat Gudrun Nilius noch nicht gefunden. Auch eine Fortsetzung mit Irini und ihren eventuell gefundenen Freundinnen ist denkbar.

Zur Person: Gudrun Nilius, 1968 in Salzburg geboren, lebte lange in Wien. Der Liebe wegen kam sie ins Saarland. Mit Mann und Sohn wohnt sie in Walpershofen. Sie unterrichtet Deutsch für Migrantinnen und Migranten an der Volkshochschule. Bereits in ihrer Kindheit und Jugend hat sie Geschichten, Gedichte, Briefe und Tagebücher geschrieben. Seit 2015 schreibt und veröffentlicht sie Texte in einfacher Sprache. „In 100 Tagen eine Freundin“ ist ihr erster Roman. Auf ihrem Blog „Wort-Marie“ finden sich weitere Texte in einfacher Sprache und Infos zum Thema „einfache Sprache“.

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