Freunde halfen bei der Flucht

Walpershofen · Drei Monate wurde die dreiköpfige Familie Herz von Freunden in Walpershofen versteckt, dann gelang 1936 die Flucht in die USA. Noch heute bestehen Kontakte zum inzwischen 90-jährigen Sohn der Familie.

Mit einer Gedenkfeier und der Enthüllung einer Gedenktafel erinnert der Walpershofer Ortsrat am kommenden Sonntag, 8. November, 10 Uhr, in der evangelisch-lutherischen Kirche an das Schicksal der im Dritten Reich verfolgten jüdischen Familie Herz. Die Walpershoferin Henriette Groß (1899-1979) war keine Jüdin, sie gehörte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde an. Doch im Alter von 25 Jahren heiratet sie den kaufmännischen Angestellten Jakob Herz aus Kusel, dessen Vater im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft hatte und als Invalide zurückgekehrt war. Weil Jakob Herz ein Jude war, wurde seine Frau Henriette im Nazi-Sprachgebrauch zur "Halbjüdin".

Am 18. Februar 1925 wurde Sohn Günter geboren. Die junge Familie wohnte in der Herchenbacher Straße, wo Henriette Herz im Haus ihres Vaters Ludwig Groß eine Kolonialwarenhandlung betrieb (im heutigen Haus Hansen). Als das Saarland 1935 an das Deutsche Reich angeschlossen wurde, verlor Jakob Herz seine Arbeit und musste freiberuflich als Textilhändler unter Juden arbeiten. Auch der damals zehnjährige Sohn Günter erlebte Repressalien und durfte beim FV Walpershofen nicht mehr Fußball spielen.

Als die Repressionen weiter zunahmen, verkaufte Henriette Herz ihr Geschäft und Jakob Herz nahm Kontakt zu Verwandten in den USA auf, die der Familie Papiere besorgten und Geld für eine Ausreise bereitstellten. Bis es soweit war, versteckte sich die Familie Herz drei Monate lang im Haus von Peter Büch in der damaligen Kirchstraße (heute: Rotenbergstraße).

Im August 1936 begann dann die Flucht: zunächst im Auto bis nach Düsseldorf, von dort per Bahn nach Hamburg und weiter mit einem amerikanischen Schiff in die USA, nach Dayton in Ohio. Einige Verwandte der Familie Herz hatten nicht so viel Glück. So wurde ein Bruder von Jakob Herz im KZ Dachau ermordet.

Nach dem Krieg versorgte Henriette Herz ihre Verwandten in Deutschland mit Care-Paketen. Vater Jakob starb 1949 im Alter von 61 Jahren. Sohn Günter änderte seinen Namen in Ginter Louis Herz und kam 1945 als amerikanischer Soldat nach Deutschland. Ab 1957 war er mehrere Jahre bei der Air Base in Wiesbaden beschäftigt, wo er zusammen mit seiner Mutter und seiner Familie auch wohnte.

Er hält bis heute engen Kontakt mit seinen Verwandten in Deutschland und in Walpershofen . Der Walpershofer Ortsvorsteher Werner Hund pflegte diese Kontakte, denn Hunds Schwiegervater Rudi Büch war der Sohn von Peter Büch, der die Familie Herz 1936 drei Monate lang vor der Gestapo versteckt hatte.

Wie Werner Hund berichtet, begrüßt Günter Herz die Idee einer Feier in der evangelisch-lutherischen Kirche und das Aufstellen einer Gedenktafel. Leider kann der mittlerweile 90-Jährige nicht persönlich an der Feier teilnehmen.

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