Erinnerung an die Opfer von Unterdrückung

Walpershofen · Der Walpershofer Ortsrat forscht selbst über Schicksale jüdischer Familien nach. Bedenken gab es gegen „Stolpersteine“, aber eine Gedenkstätte soll es geben.

Die Riegelsberger Linke hatte im Gemeinderat vorgeschlagen, zur Erinnerung an die Opfer des Holocaust "Stolpersteine" (Gedenk-Plaketten) an früheren Wohnorten jüdischer Bürger zu verlegen. Der Gemeinderat hatte es daraufhin an die Ortsräte delegiert, für alle Opfer des Naziregimes - insbesondere für Bürger jüdischen Glaubens - eine "würdige Form des Gedenkens" zu erarbeiten.

Auf Suche nach den Namen

Der Riegelsberger Ortsrat hat mittlerweile vom Verlegen von Stolpersteinen Abstand genommen und einstimmig beschlossen, dass eine Arbeitsgruppe ein Konzept für ein "Friedensfest" vorbereiten soll (wir berichteten). Als Termin ist der 8. Mai 2015 geplant.

Einen letztlich anderen Weg, der auf eine Gedenkstätte hinausläuft, geht der Walpershofer Ortsrat: Er beschloss einstimmig die Bildung einer Kommission, die für Walpershofen ein Konzept erarbeitet, das ein Gedenken aller Opfer diktatorischer Regime auf deutschem Boden in angemessener Form gewährleisten soll.

Der Kommission gehören Ortsvorsteher Werner Hund (CDU), Ralph Schmidt (CDU) und Dominik Blaes (SPD) an. Sowohl Schmidt als auch Wolfgang Heß (SPD) betonten, dass sie nicht gegen Stolpersteine für jüdische Opfer des Naziregimes sind. Schmidt: "Eine Gedenkstätte macht Sinn. Aber auch allen anderen Opfern zu gedenken, macht Sinn."

Schmidt schlug vor, dass sich die Kommission Gedanken machen soll, wie eine solche Gedenkstätte aussehen könnte. Außerdem soll die Kommission die Namen der Opfer recherchieren und mit Zeitzeugen reden. Auch mit den Nachkommen der jüdischen Familie Herz, die in Walpershofen lebte und in die USA flüchtete, soll Kontakt aufgenommen werden. Wolfgang Heß erklärte: "Wir halten die Installation einzelner Stolpersteine nicht für das geeignete Mittel, aller Opfer zu gedenken. Wir unterhalten uns hier über zwei Stolpersteine in Walpershofen - das ist mir zu wenig." Stolpersteine würden auch nicht allen Verfolgten gerecht, wie Homosexuelle, Sinti, Roma oder anderen, also nicht jüdischen Religionsgemeinschaften.

Keine abgelegene Stelle

Außerdem, so die Ansicht von Heß, solle eine Gedenkstätte - wozu auch Stolpersteine zählen würden - nicht in abgelegenen Seitenstraßen, sondern an "exponierter Stelle" eingerichtet werden. "Ich bezweifle, ob ein Stolperstein in der Rotenbergstraße seinen Zweck erfüllt. Der Zweck ist: die Leute sollen stehen bleiben, gucken, sich Gedanken machen. Deshalb muss ein Mahnmal an zentraler Stelle liegen und nicht in einer Seitenstraße wie der Rotenbergstraße", fügte Heß hinzu. Weil sich der Riegelsberger Ortsrat für ein Friedensfest statt für Stolpersteine ausgesprochen hatte, hagelte es harte Kritik. Dazu Ortsvorsteherin Monika Rommel: Wie auch der ehemalige Landesarchivar Professor Hans-Walter Herrmann in der SZ ausgeführt habe, "muss sehr sorgfältig recherchiert werden, wie viele Familien jüdischen Glaubens es in Riegelsberg zur NS-Zeit gegeben hat, wohin sie ausgewandert sind, ob sie, wenn sie deportiert wurden, von Riegelsberg aus deportiert wurden oder von dem Ort, an den sie ‚ausgewandert' sind."

Gerade diese Vielzahl von Fragen habe den Ortsrat bewogen, "sich des äußerst sensiblen Themas Stolpersteine nicht anzunehmen. Ein Ortsrat kann diese Recherche nämlich nicht leisten."

Keine weiteren Gedenktafeln

Der Riegelsberger Ortsrat habe sich deshalb - zumal es bereits eine Gedenktafel für alle Opfer der beiden Weltkriege gebe - dafür ausgesprochen, von jeglichen zusätzlichen Gedenktafeln und auch von Stolpersteinen abzusehen. "Er hat einstimmig, also auch mit der Stimme der Linken, beschlossen, ein Friedensfest, möglichst am 8. Mai 2015, zu organisieren. Hiermit wurde die bereits bestehende Arbeitsgruppe beauftragt. Damit ist der Ortsrat dem vom Gemeinderat ausgesprochenen Auftrag gerecht geworden."

Mit dieser Vorgehensweise habe sich der Ortsrat keineswegs gegen Stolpersteine in Riegelsberg ausgesprochen. Sollte sich jemand des Themas annehmen wollen, werde der Ortsrat selbstverständlich ihn oder sie, soweit seine Möglichkeiten nicht überschritten würden, unterstützen, sagt Monika Rommel.

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