SZ-Test Endloses Warten auf der „Mitfahrerbank“

Riegelsberg · Beim SZ-Test in Riegelsberg hielten nur Bekannte des Reporters an. Auch die Nachfrage nach einer Mitfahrgelegenheit ist gleich Null.

 Der Sicherheitsbeauftragte Rolf Weber stellte sich ein Viertelstunde lang als Testperson am Walter-Wagner-Platz in Riegelsberg zur Verfügung. Doch niemand hielt an, um ihn mitzunehmen.

Der Sicherheitsbeauftragte Rolf Weber stellte sich ein Viertelstunde lang als Testperson am Walter-Wagner-Platz in Riegelsberg zur Verfügung. Doch niemand hielt an, um ihn mitzunehmen.

Foto: Fredy Dittgen

Sich einfach auf eine Bank setzen und dann von einem Autofahrer mitgenommen werden: Das ist die Idee hinter den „Mitfahrerbänken“. Im Juli 2018 wurden in Riegelsberg die ersten sechs aufgestellt. Der Gemeinderat hatte im Jahr zuvor nach kontroversen Diskussionen auf Antrag der SPD beschlossen, diese „Mitfahrerbänke“ anzuschaffen. 10 000 Euro wurden für zehn Bänke im Haushalt dafür reserviert. Die Bänke stehen am Walter-Wagner-Platz, an der Kirche St. Matthias, am Friedhof, im Gisorsviertel sowie in Hilschbach und Walpershofen.

Wer kein Auto hat oder so abgelegen wohnt, dass dort kein Bus oder keine Saarbahn hält, für den wird ein Einkauf „zur logistischen Herausforderung“, sagen die Befürworter der Bänke. Bürger sollen sich also auf die Bank setzen und an dem Schild daneben den Zielort einstellen. Aber werden die Bänke auch genutzt? Die SZ hat es getestet. Unser Reporter setzte sich am Donnerstagnachmittag, 2. Mai, gut ausgerüstet mit schwerem Gepäck auf die Mitfahrerbank am Walter-Wagner-Platz und harrte der hilfsbereiten Autofahrer sowie der hilfesuchenden Mitfahrer, die kommen würden. Das Ergebnis nach zweistündigem Warten: der Hintern schmerzte, der mitgebrachte Kaffee und die Stulle waren aufgebraucht, 287 Autofahrer waren vorbeigefahren, zwei hatten gestoppt, kein einziger Kunde der anliegenden Märkte oder des Kreditinstituts hatten eine Mitfahrgelegenheit gesucht.

 Der stellvertretende Ortsvorsteher Lukas Huwig bot eine Mitfahrgelegenheit an.

Der stellvertretende Ortsvorsteher Lukas Huwig bot eine Mitfahrgelegenheit an.

Foto: Fredy Dittgen

Ein roter Hyundai hielt als erstes an. Am Steuer Nicole Staub aus Bubach-Calmesweiler, eine Angestellte eines Marktes, die auf der Heimfahrt war. „Wo soll’s denn hingehen, junger Mann?“ rief sie dem Reporter zu. Keine ernstzunehmende Anfrage, denn Staub und der Reporter kennen sich seit langem. Der zweite hilfsbereite Autofahrer war Lukas Huwig, der stellvertretende Ortsvorsteher Riegelsbergs. „Ich halte meistens an, wenn jemand auf der Mitfahrerbank sitzt. Doch oft bekommt man zu hören, dass die Person sich nur kurz ausruhen will und keine Mitfahrgelegenheit braucht“, sagte er. Die meisten Autofahrer und Autofahrerinnen fuhren mit starrem Blick vorbei – oder schauten demonstrativ weg. Einige verlangsamten ihre Fahrt, schauten sich den Reporter oder das Fahrzielschild an und fuhren dann weiter. Ein paar schmunzelten dabei. Weil wir ausschließen wollten, dass die Autofahrer weiter fuhren, weil ihnen der mögliche Fahrgast suspekt erschien, baten wir den auf ein Schwätzchen vorbeikommenden Riegelsberger Sicherheitsbeauftragten Rolf Weber, sich eine Viertelstunde lang als Testperson auf die Bank zu setzen – doch auch ihn nahm keiner mit. Fazit: Niemand braucht die „Mitfahrerbänke.“ Auch als Ruhebank taugen sie nicht, denn es fehlt ein Papierkorb, und die Sauberkeit lässt ebenfalls zu wünschen übrig. So war die Bank am Walter-Wagner-Platz noch mit Rasierschaum und Zahnpasta von der Hexennacht verschmiert.

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