Ein stolzer Rathauschef

Riegelsberg · 130 Flüchtlinge leben derzeit in der Gemeinde Riegelsberg. Bürgermeister Klaus Häusle (SPD) freut es sehr, wie Einheimische und Neuankömmlinge mit der Situation umgehen. „Es gibt keinen Stress“, meint Häusle.

 20 minderjährige Flüchtlinge aus Walpershofen besuchten am vergangenen Dienstag den Weihnachtszirkus in Trier. Mit dem Bus reisten sie mit ihren Betreuern vom DRK-Kreisverband Saarbrücken zur Premiere in die Moselstadt. Die Unterkunft in Walpershofen wird zum Jahreswechsel aufgelöst. Die 20 Jugendlichen bekommen Plätze in Clearinghäusern. Foto: Becker & Bredel

20 minderjährige Flüchtlinge aus Walpershofen besuchten am vergangenen Dienstag den Weihnachtszirkus in Trier. Mit dem Bus reisten sie mit ihren Betreuern vom DRK-Kreisverband Saarbrücken zur Premiere in die Moselstadt. Die Unterkunft in Walpershofen wird zum Jahreswechsel aufgelöst. Die 20 Jugendlichen bekommen Plätze in Clearinghäusern. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Wer hätte zu Beginn dieses Jahres gedacht, dass die Flüchtlingswelle zum Jahresende das alles beherrschende Thema ist? Wohl keiner. Auch Klaus Häusle nicht. Der Riegelsberger Bürgermeister findet es "faszinierend", wie die Menschen in der Gemeinde mit der Situation umgehen. "Bei der Aufnahme von Flüchtlingen hat Riegelsberg ein freundliches Gesicht gezeigt", sagt Häusle stolz. Und verweist auf ein "beeindruckendes Netzwerk aus Paten, Vereinen und Ehrenamtlichen, die gemeinsam mit der Verwaltung einen Superjob machen".

Nach Häusles Angaben leben derzeit rund 130 Flüchtlinge vor Ort. Untergebracht sind sie in gemeindeeigenen Immobilien, zum Beispiel in zwei alten Schulen beziehungsweise Hausmeisterwohnungen in Walpershofen. "Hinzu kommen 33 Wohnungen in Riegelsberg und in Walpershofen, die wir gemietet haben, über die ganze Gemeinde verteilt", ergänzt der Rathauschef. "Mit dieser dezentralen Unterbringung haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht, diesen Weg wollen wir gern weitergehen." Gegebenenfalls auch mit dem Kauf oder der Sanierung von Gebäuden. Häusle: "Dafür haben wir im Haushalt für 2016 insgesamt eine Million Euro eingestellt." Das Aufstellen von Wohncontainern oder die Nutzung von Hallen war bisher kein Thema. Und Häusle verbreitet Zuversicht, "dass wir es auch weiter ohne solche Lösungen schaffen".

Die Betreuung der Flüchtlinge erfordere einen Riesenaufwand, Kommunikationsschwierigkeiten inbegriffen. Deshalb ist der Bürgermeister froh, dass mit dem aus dem Irak stammenden Integrationshelfer Asso Al-Jaaf ein Mann bereit steht, der sich mit den Neuankömmlingen verständigen und sie zum Beispiel bei Behördengängen unterstützen kann. Wie Häusle berichtet, bekommt Al-Jaaf, den die Gemeinde Riegelsberg im nächsten Jahr anstellen will, Hilfe von zwei Bufdis, Absolventen des Bundesfreiwilligendienstes. Hinzu kommen vier Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung (Häusle: "Zusammen macht das zwei bis drei Stellen aus"), die sich um Flüchtlingsbelange kümmern.

Nicht zu vergessen das Hilfenetzwerk Riegelsberg , ein Patensystem zur Betreuung und Integration der Flüchtlinge (siehe Bericht unten). Mittlerweile kümmern sich 40 Paten und 20 weitere ehrenamtliche Helfer um die derzeit 130 Flüchtlinge in Riegelsberg und Walpershofen und auch um Bedürftige. Klaus Häusle zeigt sich tief beeindruckt von diesem Engagement: "Grandios, was die Ehrenamtlichen alles stemmen und wie sie den Staat dadurch entlasten. Und die Flüchtlinge sind dankbar für den Einsatz dieser Leute, sie wissen das zu schätzen."

www.riegelsberg.de

Das Hilfenetzwerk Riegelsberg - ein Patensystem zur Betreuung und Integration der Flüchtlinge - hat ein Online-Hilfepaket für Flüchtlinge und Helfer geschnürt (die Saarbrücker Zeitung berichtete), das landesweit einmalig sein dürfte. Dieses Paket besteht aus einer Internetseite, einem Leitfaden für die Ehrenamtlichen, einer WhatsApp-Gruppe sowie einem Wegweiser für Flüchtlinge in Arabisch und Deutsch.

Ausgedacht hat sich diesen zweisprachigen Wegweiser Birgit Huonker , die sich hauptverantwortlich mit Jutta Christmann, der ABG GmbH sowie der Gemeindeverwaltung um Flüchtlinge und sozial schwache Menschen in der Gemeinde kümmert. "Wir wollen mit diesem Wegweiser den Flüchtlingen eine Möglichkeit geben, sich schnellstmöglich hier orientieren zu können und heraus zu finden, wo die Unterschiede zwischen der deutschen und arabischen Lebensweise liegen", sagte Huonker gegenüber der Saarbrücker Zeitung. Als Übersetzer fungiert der neue Integrationsbeauftragte Asso Al-Jaaf. In der Broschüre werden den Flüchtlingen beispielsweise die Verkehrszeichen erklärt. Damit es nicht mehr vorkommt, dass sich Flüchtlinge auf ihren Fahrrädern auf den Weg nach Saarbrücken machen und dabei die Autobahn benutzen - wie vor Monaten geschehen.

"Auch Dinge, die für uns Selbstverständlichkeiten sind, werden erklärt. Oft stellen gerade solche Dinge für andere völliges Neuland dar", sagt Huonker. Beispielsweise die Mülltrennung. Oder Schneeräumen im Winter und Energiesparen. Huonker weiß auch, dass viele Araber große Angst vor Hunden haben. Einen Haushund gibt es dort eigentlich gar nicht. "Deshalb ist es wichtig, ihnen zu erklären, dass es bei uns Rettungs-, Spür- oder Blindenhunde gibt und was deren Aufgaben sind", erklärt sie. In der zweisprachigen Broschüre werden zunächst Deutschland, das Saarland und Riegelsberg vorgestellt. Dann erfahren die Flüchtlinge, was sie bei ihrer Ankunft tun müssen, was "Post von der GEZ" oder "ein EKG machen lassen" bedeutet. Aber auch die Gesetze, die verschiedenen Begrüßungsarten per Handschlag oder Wangenkuss, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Hygiene oder die Nachtruhe werden erläutert.

"Einen solchen Leitfaden hat noch keiner im Saarland", sagt Huonker. Gut ein Drittel des reich bebilderten Werkes ist übersetzt. Nach Fertigstellung wird der Wegweiser an Flüchtlinge ausgehändigt.

Anschauen kann man ihn aber bereits im Internet unter www.hilfenetzwerk-riegelsberg.de und dort unter dem Menüpunkt "Flüchtlinge".

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