Der Mann mit dem Buick

Walpershofen · Er wird in diesem Jahr 90 Jahre alt, hat ein phänomenales Gedächtnis, liebt exklusive Dinge, und er fährt seit 1989 einen 79er Buick Electra Park Avenue mit einem 5,7-Liter-Motor. Günter Rehlinger, Friseur im Ruhestand, erzählt interessante Episoden aus seinem Leben.

"So ein Ding müssten wir auch haben", sagte Agnes Rehlinger zu ihrem Ehemann Günter vor etlichen Jahren bei einem Urlaub in St. Moritz/Schweiz. Die 2011 verstorbene Ehefrau von Günter Rehlinger zeigte damals auf einen breiten amerikanischen Straßenkreuzer, der gerade vorbeifuhr. Friseurmeister Rehlinger, dem früher mehrere Salons gehörten, dachte sich damals: "Was die Hautevolee kann, können wir auch."

Erste Augenkontakte mit den chromblitzenden amerikanischen Autos hatte Rehlinger bereits beim Besuch der staatlichen Meisterschule in Kaiserslautern geknüpft. Auf den Pfälzer Straßen fuhren in jenen Tagen wegen der in der Gegend stationierten GI's auch viele dicke "Ami-Schlitten". Es dauerte nicht lange, bis die Rehlingers einen Pontiac mit acht Zylindern vor ihrem Haus stehen hatten. Es sollten bis heute noch etliche weitere Typen folgen, wie zum Beispiel der "Monte Carlo" von Chevrolet. Seit 1989 fährt der heute 89-Jährige einen 79er Buick Electra Park Avenue.

Allerdings, so erzählt Rehlinger, will er auf Wunsch seiner Tochter Rita Hoffmann den Buick verkaufen. "Wenn jemand kommt, der mir 2000 Euro für das Fahrzeug bietet, kann er es haben. Der ‚Park Avenue' ist, wie mir der ADAC auf Anfrage mitteilte, einzigartig in Deutschland - also ein echtes Liebhaberstück."

Der Verbrauch sei bei so einem Auto eher Nebensache, liege aber bei zwölf Liter, wenn man konstant 100 Kilometer pro Stunde fahre, meint Rehlinger. Wegen einer Behinderung in Folge einer schweren Kriegsverletzungen - er war bis Kriegsende als Soldat in Russland - ist er von den Kfz-Steuern befreit, so dass ihm der Hubraum seiner Autos gleichgültig sein konnte (die Kfz-Steuer richtete sich früher ausschließlich nach dem Hubraum). Da er den Buick "schonen" will, fährt er jetzt meistens mit dem Nachfolger, einem Chrysler Sebring, der wegen seiner europäischen Maße nicht mehr als "Straßenkreuzer" bezeichnet werden kann.

Als wir wegen der Terminvereinbarung bei dem Straßenkreuzer liebenden Friseur angerufen hatten, da hatte sich zuerst eine Stimme auf Schwyzerdütsch gemeldet. Am anderen Ende der Leitung bemerkte der stets gut gelaunte Rehlinger die Verwirrung des Reporters, und er erklärte in bestem Saarländisch: "Über Jahre hinweg haben wir unseren Urlaub in St. Moritz und Davos verbracht, wo wir viele Freunde hatten. So kam ich auch auf die Sprache der Leute."

Mit besonderem Stolz berichtet Rehlinger, dass er nach dem Krieg den Friseursalon seines Vaters Anton übernommen und nach und nach vergrößert habe. "Wir hatten anfangs der 1980er Jahre fünf eigene Geschäfte und anderen noch unseren Namen zur Verfügung gestellt. Heute führt meine Tochter Rita den Salon in Dillingen, wo auch meine Enkelin Dunja, ebenfalls als Friseurmeisterin, arbeitet." Wird er den Buick vermissen, wenn der verkauft ist? Die Antwort: "Ein wenig schon. Doch Auto ist Auto, und der Sebring bringt mich auch an mein Ziel."

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HintergrundBuick: Die "Buick Motor Company" wurde 1903 von David Dunbar Buick im US-Staat Michigan gegründet, aber schon 1904 von William Durant übernommen, der ab 1908 den General-Motors-Konzern (GM) aufbaute, zu dem Buick bis heute gehört. Da die Marke, die nur noch wenige Modelle produziert, seit Jahren Verluste macht, ist ihre Zukunft ungewiss. Die früher auch bekannten Marken Oldsmobile und Pontiac hat GM bereits eingestellt. Die "Elektra"-Modelle von Buick wurden von 1958 bis 1990 produziert. aki

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