Das Leben nach dem Auto

Riegelsberg · Wie ist das Leben mit „Hartz IV“? In einer losen Reihe berichtet eine Betroffene aus Riegelsberg, 50 Jahre und Mutter dreier Kinder, aus ihrem Alltag. Heute geht es um das Leben ohne Auto.

. Es gibt ja Menschen, die bewusst auf ein Auto verzichten. Das ist für jemanden wie mich, die ich mir keins leisten kann, fast nicht nachvollziehbar. Aber vielleicht kann sich, wer freiwillig verzichtet, ja ein Taxi oder die horrenden Preise des SaarVV leisten. Und mal abgesehen von den Preisen: Wohnorte mit schlechten ÖPNV-Verbindungen sind ja auch keine Mangelware.

Ohne Auto ist ein Großeinkauf für einen Vier-Personen-Haushalt fast nicht möglich. Getränke in größeren Mengen, etwa preiswerte Sprudelkisten - ist vollkommen unmöglich. Aber nicht nur Einkaufen ist ohne Auto schwierig. So ist der Spaziergang im Wald mit einem Fußmarsch von mindestens 20 Minuten zu selbigem verbunden.

Ich bin sicherlich nicht anspruchsvoll, aber ein Tagesausflug wäre mal eine schöne Sache. Es ist ja nicht so, dass ich meinen Heimatort nicht lieben würde, und für nichts auf der Welt würde ich woanders leben wollen, aber es wäre schon ganz nett, wenigstens mal bis nach Saarlouis oder vielleicht nach Neunkirchen zu kommen.

Um in das Grab seiner Eltern auf dem Friedhof eines Heusweiler Ortsteils zu besuchen, fährt mein Schatz bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad. Seine Tochter in Darmstadt konnte er schon seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr besuchen. Als meine Eltern mal beide in der Völklinger SHG-Klinik behandelt wurden, wurde die Fahrt dorthin ohne Auto zur reinsten Abenteuerreise. Auch Besuche bei Freunden gestalten sich schwierig, etwa eine Einladung zu einem Geburtstag in Heusweiler (fernab von Bushaltestellen) - Freunde waren so nett mich zu fahren. Auch von meinem Vater, der nicht mehr der Jüngste ist, kann man nicht erwarten, dass er parat steht, wenn man mal dringend irgendwo hin muss. Sicher, ich kenne auch Hartz-4-Empfänger mit Auto - die sind dann aber von einem Verwandten "gesponsert".

Es war mal selbstverständlich

Vieles, was früher mit dem Auto selbstverständlich war, liegt für uns heute in unerreichbarer Ferne. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Deshalb: Aufstehen, Krönchen zurechtrücken und weiter bergauf marschieren. Irgendwann werde ich den Gipfel schon erreichen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort