Biografien: Widerstand endete unter dem Fallbeil des NS-Regimes

Riegelsberg. "Im Saarland gab es viele Menschen, die mit den Nazis nichts am Hut hatten, sondern Widerstand geleistet haben. Darum geht es uns heute", sagte der Journalist und Autor Dieter Gräbner (Foto: SZ) bei einer Autorenlesung am Dienstagabend in der Riegelsberger Rathausgalerie

Riegelsberg. "Im Saarland gab es viele Menschen, die mit den Nazis nichts am Hut hatten, sondern Widerstand geleistet haben. Darum geht es uns heute", sagte der Journalist und Autor Dieter Gräbner (Foto: SZ) bei einer Autorenlesung am Dienstagabend in der Riegelsberger Rathausgalerie. 35 Frauen und Männer interessierten sich für das Thema und für zwei Bücher, die sich dem Widerstand im Dritten Reich widmen.So stellten Gräbner und Stefan Weszkalnys (Foto: jma) ihr gemeinsames Buch "Der ungehörte Zeuge - Kurt Gerstein, Christ, SS-Offizier, Spion im Lager der Mörder" vor. Gerstein wurde 1905 in Münster geboren. Von 1911 bis 1919 lebte er mit seiner Familie in Saarbrücken, besuchte in St. Arnual die Grundschule und danach das Saarbrücker Ludwigsgymnasium. Nach einem Bergbaustudium in Aachen zog es Gerstein 1935 erneut nach Saarbrücken. Er wohnte am Staden und arbeitete als Bergassessor in der Bergwerksdirektion. Seit 1933 war er Mitglied der NSDAP, hatte aber auch eine starke Hinwendung zur evangelischen Kirche, wo er sich als charismatischer Jugendleiter bewährte. Weil er mehrere Schreiben pro Kirche und contra Nazis verfasste, wurde er 1936 aus der NSDAP ausgeschlossen, verlor seine Stelle und wurde auf der Lerchesflur inhaftiert. Nach seiner Entlassung studierte Gerstein Medizin. Durch den Euthanasietod einer nahen Verwandten in der Tötungsanstalt Hadamar meldete er sich freiwillig zur SS. "Mit dem Hintergedanken, einer muss rauskriegen, wie das Verbrechen geschieht und warum", so Stefan Weszkalnys.

Als "Hygienefachmann" der SS war Gerstein Zeuge von Massenmorden in den Vernichtungslagern Belzec und Treblinka. Noch während des Krieges versuchte er, das neutrale Ausland über seine Beobachtungen zu informieren. Nach dem Krieg stellte er sich in Südfrankreich den Amerikanern, die ihn den Franzosen überstellten. In Haft verfasste Gerstein einen Bericht ("Gerstein-Bericht") der auch in den Nürnberger Prozessen genutzt wurde. Am 25. Juli 1945 wurde Gerstein in seiner Zelle erhängt aufgefunden. "Bis heute ist nicht geklärt, wie und warum", berichtete Weszkalnys.

Das zweite Buch Gräbners, "Ich sterbe ruhig und mutig" handelt vom Widerstandskämpfer Josef Wagner, der am 6. Mai 1897 in Lockweiler geboren wurde, als Gewerkschafter und KPD-Mitglied die Missstände in der Weimarer Republik anprangerte, nach der Machtübernahme der Nazis als Herausgeber des "Roten Briefes" gegen den Terror mobil machte und deshalb von den Nazis wegen "Hochverrats" gejagt wurde. 5000 Reichsmark waren auf seinen Kopf ausgesetzt. Inhaftiert wurde er aber erst 1940 in Frankreich, dann 1942 an die Gestapo ausgeliefert und am 1. September 1943 mit dem Fallbeil getötet.

"Dieter Gräbner und Stefan Weszkalnys haben dem Widerstand des kleinen Mannes ein Gesicht gegeben", sagte Kurt Schoenen, der Landesvorsitzende des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die die Autorenlesung organisiert hatte. Stefan Weszkalnys betonte, dass Gräbner die Hauptarbeit an beiden Büchern gehabt und dies mit Herzblut getan habe: "Beide Bücher atmen sein Engagement."

Die Bücher: "Der ungehörte Zeuge" von Dieter Gräbner und Stefan Weszkalnys und "Ich sterbe ruhig und mutig" von Dieter Gräbner sind beide im Conte-Verlag erschienen und kosten jeweils 14,90 Euro. dg

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