Auch für den eigenen Seelenfrieden

Köllertal. Ein großer Discounter hatte an diesem Montag ein kleines Grabgesteck für 6,99 Euro im Sortiment - ein Anhaltspunkt dafür, dass Allerheiligen und Allerseelen am 1. und 2. November sowie auch der Totensonntag (18. November) noch nicht in Vergessenheit geraten sind

 Allerheiligen ist der Tag, an dem die Menschen ihrer Toten gedenken, indem sie auf den Friedhof gehen, die Gräber herrichten und Kerzen anzünden. Archivfoto: Becker & Bredel

Allerheiligen ist der Tag, an dem die Menschen ihrer Toten gedenken, indem sie auf den Friedhof gehen, die Gräber herrichten und Kerzen anzünden. Archivfoto: Becker & Bredel

Köllertal. Ein großer Discounter hatte an diesem Montag ein kleines Grabgesteck für 6,99 Euro im Sortiment - ein Anhaltspunkt dafür, dass Allerheiligen und Allerseelen am 1. und 2. November sowie auch der Totensonntag (18. November) noch nicht in Vergessenheit geraten sind. Aber keine Frage, früher legten die Leute viel mehr Wert darauf, dass die Gräber ihrer Verstorbenen an diesen Feiertagen besonders schön geschmückt waren. "In den achtziger Jahren konnten die Gestecke nicht groß genug sein", erinnert man sich bei der Püttlinger Gärtnerei Roman Scherz noch gut an ein Jahrzehnt, in dem die Friedhofskultur in voller Blüte stand. Heute gebe es immer mehr Rasengräber und Stelen, so dass gar kein Platz für eine üppige Bepflanzung sei. Man müsse befürchten, dass Allerheiligen ein "normaler Samstag" ohne tiefe Bedeutung werde, heißt es.Dennoch gehen in diesen Tagen viele Menschen nicht von dem Brauch ab, sich mit Leidenschaft der Grabpflege anzunehmen. Überall auf den Friedhöfen im Köllertal (von den Kommunen erstklassig gepflegt) wird gearbeitet, geputzt, gepflanzt. "Ein schönes Grab spendet mehr Trost als ein verwahrlostes, man macht es ja auch für den eigenen Seelenfrieden", sagt Gartenbau-Ingenieur Markus Monzel.

Oft sind die Frauen die Ideengeber, und die Männer setzen die Pläne handwerklich um. Besonders kreative Schaffer drücken mit den Zacken des Rechens grafische Muster in die Erde. In vielen Familien wird das Grab Jahr für Jahr mit der gleichen Bepflanzung versehen, andere lassen sich immer wieder neu in Gärtnereien oder in Zeitschriften inspirieren. Was man überall sieht: Wenn in einer Grabreihe mal ein bis zwei Gräber schön zurechtgemacht wurden, dann zieht die Nachbarschaft regelrecht nach. Und wo Wildwuchs anzutreffen ist, da hat das Unkraut auch nebenan leichteres Spiel.

Etwa ein Drittel der Gräber werde noch von den Angehörigen regelmäßig selbst in Ordnung gehalten, schätzt der Riegelsberger Friedhofsgärtner Michael Schwarz. Wer keine Zeit und Lust auf Arbeit hat, der beauftragt Unternehmen mit der Grabpflege. So hat der Riegelsberger Grabpfleger Christian Steimer derzeit etwa 80 Grabstellen vom Sommerflor zu befreien, neu mit Graberde zu bedecken und herbstliche Schmuckbeete anzulegen. Gut eine Woche hat der Friedhofsgärtner mit einem Mitarbeiter daran zu tun.

Für die Grabgestaltung im Herbst eignen sich vor allem robuste Pflanzen, die Frost vertragen, also Erika, Sommerheide, Stiefmütterchen oder Scheinbeere. Kurz vor Allerheiligen schmücken viele das Grab mit Chrysanthemen und diversen Schnittblumen. Und das pflegefreie Trockengesteck bleibt auch ein Klassiker.

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