40 Jahre warten auf Südumgehung Eine Resolution jagt die nächste

Riegelsberg. Schon 1974 rollten täglich fast 15 000 Fahrzeuge durch die Straßen im Riegelsberger Ortsteil Pflugscheid (heute um die 20 000). Deshalb übergab der damalige Stadtverband Saarbrücken der Gemeinde am 20. Februar 1974 die Planunterlagen zur Weiterführung der Püttlinger Umgehungsstraße, "Waldrandtrasse" wurde diese geplante Umfahrung genannt

 Im August 2011 machten Anwohner der Hixberger Straße Druck für die Südumgehung: Mit "korrektem Parken" auf der Fahrbahn statt auf dem Bürgersteig legten sie den Verkehr zeitweilig lahm. Foto: aki

Im August 2011 machten Anwohner der Hixberger Straße Druck für die Südumgehung: Mit "korrektem Parken" auf der Fahrbahn statt auf dem Bürgersteig legten sie den Verkehr zeitweilig lahm. Foto: aki

Riegelsberg. Schon 1974 rollten täglich fast 15 000 Fahrzeuge durch die Straßen im Riegelsberger Ortsteil Pflugscheid (heute um die 20 000). Deshalb übergab der damalige Stadtverband Saarbrücken der Gemeinde am 20. Februar 1974 die Planunterlagen zur Weiterführung der Püttlinger Umgehungsstraße, "Waldrandtrasse" wurde diese geplante Umfahrung genannt. Der Riegelsberger Gemeinderat lehnte diese Trasse am 18. Juni 1974 jedoch ab und fordert stattdessen eine Von-der-Heydt-Trasse. Doch das Umweltministerium stellte am 19. Januar 1978 die planerische Untersuchung dieser Straße ein, ohne dass es dagegen Einwände durch die Gemeinde Riegelsberg gab, in der damals die CDU das Sagen hatte.

Fast sechs Jahre später, am 21. November 1983, bat der Gemeinderat das Umweltministerium, die Planung für eine Südumgehung wieder aufzugreifen, das Ministerium entwickelte eine Planungsstudie und informierte am 20. November 1987, dass im ersten oder zweiten Quartal 1988 die ersten Pläne für eine Südumgehung erwartet werden. Die möglichen Trassenvarianten wurden am 19. Mai 1988 vorgelegt. Nach einer Bürgerbefragung gab der Gemeinderat am 11. Juli 1988 der Von-der-Heydt-Trasse den Vorzug, das Ministerium kündigte umfangreiche Untersuchungen an. Am 29. Mai 1989 gab auch der Gemeinderat ein Verkehrsgutachten in Auftrag, das am 21. August 1990 vorgestellt wurde; der Rat beschloss, wie im Gutachten empfohlen, die Südumgehung über die Waldrandtrasse.

1991 wurde dann eine erste Umweltverträglichkeitsstudie durch ein Ingenieurbüro erstellt und am 17. Juli 1992 in einer Bürgerversammlung präsentiert. Das Ergebnis war ein Schock: Heraus kam die so genannte "Null-Variante", will heißen: Es wird gar nichts gemacht. Die Gemeinde wehrte sich dagegen, und tatsächlich nahm das Umweltministerium am 14. Juli 1995 die Untersuchungen wieder auf. Es stellte die Planungen am 16. Juli 1996 allerdings wieder ein und informierte in einer Bürgerversammlung am 14. April 1997, dass keine Südumgehung gebaut wird.

Nun hatte Riegelsberg die Nase gestrichen voll. Auf Antrag der SPD beschloss die damals finanziell noch gesunde Gemeinde im August 1998, die Südumgehung als Gemeindestraße selbst zu finanzieren. Der Beschluss wurde allerdings nie wirklich umgesetzt. Acht Jahre später nahm das Land die Sache in die Hand, übernahm den Planungsbetrieb und sagte auch die Finanzierung zu.

Am 5. November 2007 stellten Wirtschaftsministerium und Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) die Pläne im Rat vor. Von allen möglichen Varianten erschien die Waldrandtrasse als sinnvollste. Baubeginn sollte 2011 sein. Doch im Januar 2010 wurde im Rahmen einer erneuten Umweltverträglichkeitsstudie ein Fledermaus-Vorkommen auf der Waldrandtrasse entdeckt - die Planungen stoppten.

Im September 2011 wurde endlich eine so genannte Vorzugsvariante vorgelegt (siehe Infokasten). Wirtschaftsministerium und LfS kündigten an, das Planfeststellungsverfahren könne im Frühjahr 2013 beginnen, Baubeginn sei 2014. Doch jüngst wurde das Planfeststellungsverfahren wegen zusätzlicher Kosten-Nutzen-Untersuchungen auf 2014 verschoben.

Der Riegelsberger Gemeinderat wird in seiner nächsten Sitzung eine weitere Resolution zum Bau der Südumgehung verabschieden.

Riegelsberg. Auch mittels Resolutionen hatten sich Gemeinderat, Ortsrat, Vereine und sogar ein Pfarrgemeinderat mehrfach für den Bau einer Umgehungsstraße eingesetzt. Hier - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - ein paar Beispiele.

Die erste uns bekannte Resolution wurde vom Gemeinderat am 7. Mai 1995 verabschiedet. Eine zweite folgte am 10. Mai 1997: "Wir dürfen es nicht dabei bewenden lassen, dass der Minister sagt, er habe kein Geld", begründete Klaus Funck, damals CDU-Fraktionssprecher, den von seiner Fraktion eingebrachten Resolutionsentwurf.

Im November 1997 schickte auch der katholische Pfarrgemeinderat St. Matthias eine Resolution ans Umweltministerium. Minister Willy Leonhardt erteilte eine Absage: "Die Durchsetzbarkeit dieses Straßenbauprojektes wurde vom Ministerium eingehend geprüft. Es zeigte sich, dass eine ökologisch verträgliche, finanziell günstige und die Anwohner nicht belastende Trasse einer Südumgehung nicht erkennbar ist", auch sei die Finanzierung auf absehbare Zeit nicht möglich.

Im Juni 1998 versuchte der Riegelsberger Verein zur Verbesserung der Verkehrssituation (VVV) sein Glück: "Wir fordern mit Entschiedenheit, dass Bürgermeister und Gemeinderat umgehend die notwendigen Schritte zur Vorfinanzierung der Südumgehung einleiten und der zuständige Minister die seit 30 Jahren andauernde Planung endlich abschließt und umgehend mit dem Bau der Südumgehung beginnen soll." Im Mai 1999 schickte der VVV eine zweite Resolution hinterher: "Nach einem Verkehrsgutachten rollen täglich 20 000 Fahrzeuge durch die Pflugscheider Straßen, acht Prozent sollen noch dazu kommen, noch nicht berücksichtigt ist der zu erwartende Verkehr nach der Schließung der Grube Göttelborn, durch Stadtbahnbenutzer und zur Müllverbrennungsanlage Velsen."

Im Oktober 1999 forderte der Riegelsberger Ortsrat die Landesregierung auf, sich unverzüglich der Problematik der Umgehung von Riegelsberg Süd zu widmen und den Bau dieser Landstraße, zu dessen Vorfinanzierung die Bereitschaft der Gemeinde bestehe, anzugehen.

Die letzte bekannte Resolution verabschiedete der Riegelsberger Gemeinderat im Dezember 2008 auf Antrag der Grünen und der CDU. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, zuerst die Südumgehung und danach die Ostumgehung Püttlingen bauen zu lassen. Die Gemeinde Riegelsberg habe mit Befremden zur Kenntnis genommen, dass eine Ostumgehung Püttlingen früher gebaut werden soll als eine Südumgehung Riegelsberg.

Der Bau einer Ostumgehung vor Fertigstellung einer Südumgehung habe zur Folge, dass die Anwohner der Altenkesseler-, Hixberger und Wolfskaulstraße mit einer erheblichen Verkehrszunahme rechnen müssten (die hier genannte Osttangente, die auch viele Kritiker auf den Plan gerufen hatte, liegt seit 2011 auch wegen klammer Kassen auf Eis). dg

Auf einen Blick

 Fledermäuse hatten gut Lachen: Wegen eines Fledermausvorkommens stoppten im Januar 2010 die Planungen für eine "Waldrandtrasse" in Riegelsberg. Foto: Holger Hollemann/dpa

Fledermäuse hatten gut Lachen: Wegen eines Fledermausvorkommens stoppten im Januar 2010 die Planungen für eine "Waldrandtrasse" in Riegelsberg. Foto: Holger Hollemann/dpa

Vorzugsvariante (September 2011): Die etwa 3,5 Kilometer lange, 7,50 Meter breite, zweispurige Straße soll von der A1, entlang der Holzer Straße über eine 35 Meter breite Brücke führen, die die Saarbrücker Straße und die Saarbahntrasse quert. Weiter gehen soll es hinter Wolfskaul- und Hixberger Straße am Waldrand entlang zum Schocksberg. Zwei Kreisel an der Altenkesseler Straße und der Püttlinger Straße sollen die Verkehre aus Saarbrücken/Altenkessel sowie aus Püttlingen/Köllerbach anbinden. Ein drei Meter hoher Sichtschutzwall zwischen Trasse und der Hixberger Straße soll die Anwohner vor Lärm schützen. dg

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort