Akkordeon und Violine erklingen Klanggenuss in der Quierschieder Q.lisse
Quierschied · Das Landesorchester des saarländischen Akkordeonverbandes und Solo-Violinist Wolfgang Mertes bezaubern das Publikum.
Einen überaus stimmungsvollen und musikalisch anspruchsvollen Vormittag erlebten die zahlreichen Besucher, die es am Sonntag zur Quierschieder Q.lisse gezogen hatte. Wer glaubt, dass Akkordeonmusik ausschließlich in der volkstümlichen Unterhaltungsmusik oder in französischen Chansons beheimatet ist, wird regelmäßig bei den Konzerten des Landesorchesters des saarländischen Akkordeonverbandes eines besseren belehrt. Klassische Musik mit Akkordeon gespielt ist heute keine Seltenheit mehr; etwas besonderes ist sie jedoch nach wie vor. Zumal dann, wenn sie so intensiv gespielt wird, wie es die Musikerinnen und Musiker unter Leitung von Thomas Bauer in Quierschied getan haben.
Die über 35 Orchestermitglieder boten mit ihren großen Instrumenten einen beeindruckenden Anblick. Hinter ihnen blieben das Schlagwerk mit Pauken, Marimbaphon und Schlagzeug sowie das E-Piano für die Augen nahezu verborgen, nicht aber für die Ohren. Da reichte die Bühne der Q.lisse alleine nicht aus. Weitere Bühnenaufbauten davor waren nötig, um alle Mitspieler nebst Notenpulten, Stühlen und Instrumenten platzieren zu können. Der Gesamteindruck des großen Ensembles fasziniert. In einer Zeit, wo synthetisch erzeugte Klänge aus dem Computer allgegenwärtig präsent sind, da ist es hier die Luft, die die Zungen der Balginstrumente zu einem Klang bringt, der mitunter an kathedrale Klänge von Kirchenorgeln erinnert. Zusätzlich hatte sich das Orchester für das Konzert den ersten Konzertmeister des saarländischen Staatstheaters, Wolfgang Mertes, als Solo-Violinist eingeladen. Eine geniale Kombination, wie sich herausstellen sollte, denn mit Mertes hatte es einen der besten Violinisten des Landes an seiner Seite. Das Publikum war hellauf begeistert, die Kombination Solo-Violine mit Akkordeon-Orchester war sowohl für sie als auch für die Akteure eine vollkommen neue, aber hervorragende Erfahrung. Das fand auch die zehn Jahre alte Julia-Sofie Peifer, die mit ihrer Mutter und dem kleinen Bruder Jan aus Homburg zum Konzert gekommen war. „Ich spiele selbst Akkordeon in der Musikschule, meine Lehrerin spielt heute im Orchester mit. Die Musik ist einfach toll und das Instrument so vielseitig. Das macht richtig Spaß“, fand sie. Mutter und Bruder pflichteten ihr bei.
Das Programm widmete sich der Thematik traditioneller Klezmer-Musik und jüdisch inspirierter Konzertmusik. Aber auch Freunde großer Filmmusik oder Musicals kamen mit Stücken von Andrew Lloyd Webber und John Williams voll auf ihre Kosten. Dabei tanzten die Finger über die Tasten und Knöpfe der eindrucksvollen Instrumente mit klangvollen Namen wie Excelsior, Borsini, Pigini oder Hohner. Die traditionellen, jiddischen Klezmer-Stücke, mal voller Melancholie, mal als temperamentvoller Freilach, der in die Beine fährt, verzauberten die Zuhörer. Aber auch die Filmmusik zu „Fiddler on the Roof“ von John Williams oder das Violin-Konzert „Baal Shem“ von Ernst Bloch kamen beim Publikum an. Die eindrucksvolle Klangvielfalt des Orchesters wurde bei einem Medley aus dem Musical „Cats“ besonders deutlich.
Ein Höhepunkt war zudem die Titelmusik zu „Schindler´s Liste“ – wunderbar arrangiert für diese Besetzung. Das Orchester bot trotz seines Volumens mit seinem sensiblen Spiel einen zarten Klangteppich und ganz viel Raum für das Spiel der Solo-Violine. Das war Tonkultur bis zur Perfektion. Dies alles wusste das aufmerksame Auditorium im Konzertsaal überaus zu schätzen, wie der starke Applaus belegte. Mit „Standing Ovations“ dankte das Publikum den Musikerinnen und Musikern für eine erlebnisreiche und anregende Matinee. Aber Natürlich durften die Akteure nicht ohne Zugabe von der Bühne. Mit „Ladies in Lavender“, der Titelmusik von Nigel Hees zum gleichnamigen Film, bot das Ensemble diese gerne dem begeisterten Publikum, in dem auch der Präsident des Deutschen Harmonikaverbandes, Jochen Haußmann, saß, der extra für dieses Konzert aus Trossingen angereist war. Wolfgang Mertes hatte zum ersten Mal mit einem Akkordeon-Orchester zusammen gespielt, wie er in der Pause verriet, „aber definitiv nicht zum letzten Mal. Die Dynamik ist eine ganz andere als in klassischen Orchestern. Das ist spannend. Die Intonation ist wunderbar klar und perfekt, mit der Violine zusammen ergibt es eine betörende Mischung und wir waren bei den Proben selbst fast erschrocken über die Schönheit des Klangs.“ Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ist also erwünscht.