Windkraft wird Thema im Stadtrat, „Rocco“ ist nicht in Gefahr

Köllerbach · Ab Montag wird die Forststraße 423 gesperrt. Waldflächen zum Bau von vier Windkraftanlagen nahe Köllerbach werden gerodet.

Der Wald zwischen Elm und Köllerbach wird bald zur Baustelle. Noch in diesem Jahr will hier die Betreiberfirma Dunoair aus Trier vier Windkraftanlagen aufstellen. In einer Pressemitteilung des Saarforstes, der selbst auch als Verpächter des Gebietes in Erscheinung tritt, kündigt dieser die Sperrung der Forststraße F 423 zwischen Einmündung L 139 und L 140 ab Montag, 13. Februar, an. Der Bau der Großanlagen soll Ende März beginnen, die Sperrung der F 423 bis zum Jahresende dauern.

Geplant sind vier Anlagen des Typs E-115 der Firma Enercon. Sie haben eine Nabenhöhe von 149 Metern und einen Rotordurchmesser von knapp 116 Metern - das bedeutet dann eine Gesamthöhe von etwa 207 Metern. Laut Hersteller handelt es sich um eine Turbine, die auch im Teillastbereich hohe Erträge liefere: Die Nennleistung liegt bei 3000 Kilowatt (3 Megawatt). Die installierte Nennleistung des geplanten Windparks Schwalbach liegt damit bei zwölf Megawatt.

Dunoair bestätigte, dass sich eine Windmessung derzeit noch in der Auswertung befinde, eine Vorabschätzung aber einen Energieertrag von 7,1 Millionen Kilowattstunden pro Anlage und Jahr ergeben habe. Die erwarteten 28,4 Millionen Kilowattstunden würden, laut Dunoair-Berechnungen, ausreichen, um den Jahresbedarf an Strom von rund 9100 Drei-Personen-Musterhaushalten zu decken.

Wie der Saarforst mitteilt, müssen zum Bau an die 0,8 Hektar pro Anlage gerodet werden, insgesamt also etwa 3,2 Hektar. Gut die Hälfte werde nach dem Ende der Bauarbeiten wieder aufgeforstet. Für die 1,58 Hektar (15 800 Quadratmeter), die an dieser Stelle dauerhaft verloren gehen, wird der Saarforst nach eigenen Angaben an anderer Stelle im Saarland Ersatzflächen schaffen.

Die Standfläche der Anlagen wurde auf 25 Jahre an Dunoair verpachtet, eine Option auf spätere Verlängerung inklusive. Die Pachteinnahmen fließen an den Saarforst. Über die Höhe der Pacht will das Unternehmen keine Angaben machen. Nach SZ-Informationen dürfte es sich aber - je nach Standort und Vertragspartner - um bis zu 90 000 Euro pro Anlage und Jahr handeln.

Nicht jeder ist begeistert von diesem Geschäftsmodell. Wie Schwalbachs Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer im SZ-Gespräch mitteilt, hatten der Gemeinderat und die Ortsräte eine mögliche Kooperation mit dem Saarforst-Landesbetrieb in Sachen Windenergie abgelehnt.

Im September 2016 war es dann im Bebauungsplanverfahren Sache des Rates, das so genannte Einvernehmen für die Pläne herzustellen. Der Rat verweigerte jedoch das Einvernehmen und begründete dies damit, dass für die Anlagen "wertvoller Wald" geopfert werde. Zudem würden die Windräder in einem Gebiet mit hoher Wohndichte gebaut, und auch Fragen zum Brandschutz für technische Anlagen im Wald seien noch nicht geklärt.

"Wir haben eine ausführliche Begründung eingereicht", erklärt Neumeyer. Allerdings habe das zuständige Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (Lua) einen Bescheid geschickt und damit die nicht erfolgte Zustimmung des Gemeinderates ersetzt. Es wurde der so genannte Sofortvollzug beschieden. Einwände der Gemeinde hatten so im Verfahren keine aufschiebende Wirkung mehr.

"Ich habe mir im Rat das O.k. geholt, juristisch dagegen vorzugehen", beschreibt Neumeyer die Chronologie aus Schwalbacher Sicht. Die Gemeinde habe daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Es geht darum, die aufschiebende Wirkung der mittlerweile von Schwalbach weiter ausgearbeiteten Einwände wieder herzustellen. "Dann müssten diese geprüft werden", sagt Bürgermeister Neumeyer. Ein Termin für die gerichtliche Entscheidung steht noch nicht fest, der für den Beginn der Bauarbeiten aber schon. Es scheint, in Püttlingen wurden Verwaltung und Politik vom Baubeginn an den Windkraftanlagen überrascht - schon ab 13. Februar wird der Forstweg 423 gesperrt, der als Zubringer zu den Baustellen dienen soll.

Offenbar hatten weder der Saarforst als Verpächter des Geländes noch Investor Dunoair die Stadt im Vorfeld informiert, auch nicht die Nachbargemeinde Schwalbach (deren Rat zwar gegen das Projekt ist, aber in der Sache keinen Entscheidungsgewalt hat). Das Windkraftgebiet liegt zum Teil in direkter Nachbarschaft zum Püttlinger Bann - die vier Windräder stehen quasi auf der Mittellinie zwischen Herchenbach und Rittenhofen auf der einen Seite sowie Schwarzenholz und Sprengen auf der anderen Seite.

In der Regel werden Nachbarkommunen angehört, wenn es um größere Bauprojekte in deren unmittelbarer Nähe geht. Allerdings ist die Gemeinde Schwalbach selbst nicht in das Projekt involviert, und offenbar hat es das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (Lua) nicht nötig, betroffene Kommunen zu informieren, wenn es um eine Windkraft-Konzentrationszone geht.

Die CDU-Fraktion hat jedenfalls einen Eilantrag zur Stadtratssitzung an diesem Mittwoch, 8. Februar, gestellt (17 Uhr im Pfarrheim St Sebastian), der sich mit dem Thema befasst. Fraktionsvorsitzender Mark Reck schreibt, man habe erst aus der Zeitung von dem Vorhaben erfahren und beantrage, "zur Unterrichtung des Stadtrates einen Vertreter des Umweltministeriums (Minister oder Staatssekretär), den Leiter des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz, einen Vertreter des Saarforstes, den Bürgermeister der Gemeinde Schwalbach sowie den Investor einzuladen. Neben der Darstellung des Verfahrens durch die Behörden interessiert insbesondere die Aussage des Investors über die Rentabilität dieser Windräder in einer ausgewiesenen ‚Schwachwindzone'." Außerdem sei zu klären, "warum der Stadtrat nicht frühzeitig über den Bau informiert wurde".

Reck geht davon aus, die vom Saarforst angekündigte Sperrung der Forststraße 423 habe unter anderem "Auswirkungen" auf das Musikfestival Rocco del Schlacko , zu dem jährlich Tausende junge Besucher zum nahen Sauwasen strömen. Rocco-Veranstalter Thilo Ziegler (Presented for People GmbH) geht dagegen, auf Anfrage der SZ, davon aus, dass es keine nennenswerten Probleme geben wird ("Die Arbeiten sind ja im Wald, das Festival nicht.") Der Forstweg 423 sei beim Festival "nur" eine Versorgungsstraße, die für die Besucher dann ohnehin gesperrt ist, sagt Ziegler.

Der bald gesperrte Forstweg ist auch ein beliebter Spazierweg, zudem liegt dort der als Treffpunkt genutzte Parkplatz der Lauftrefffreunde Köllertal. Der müsse im Zuge der Vollsperrung ebenfalls gesperrt werden, teilte Saarforst in einer Presseerklärung mit. Während der Bauphase werde für die Lauffreunde ein alternativer Parkplatz eingerichtet, der über die L 139 erreicht werden könne.

 Im Wald zwischen Köllerbach und Schwarzenholz sollen vier Windkraftanlagen gebaut werden (siehe Grafik links). Etliche pinkfarbene Kreuze markieren, wo Bäume gefällt werden müssen. Foto: Jenal

Im Wald zwischen Köllerbach und Schwarzenholz sollen vier Windkraftanlagen gebaut werden (siehe Grafik links). Etliche pinkfarbene Kreuze markieren, wo Bäume gefällt werden müssen. Foto: Jenal

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 Mark Reck Foto: Picasa

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 Thilo Ziegler Foto: Künstlerhaus

Thilo Ziegler Foto: Künstlerhaus

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Diese Straßensperrung für den herkömmlichen Verkehr sei notwendig, weil die Forststraße nun tagsüber immer für den Baustellenverkehr diene, was "erhebliche Gefahr" für den Durchgangsverkehr bedeuten würde. Die Absperrungen, so der Appell des Saarforstes, seien unbedingt - auch von Spaziergängern - zu beachten. Eine Umleitung werde ausgeschildert. Die ortskundigen Waldbesucher werden zudem gebeten, bei Waldspaziergängen das betroffene Gebiet im Einzugsbereich der F 423 (Hoher Fürst bis zum Amselberg) weiträumig zu umgehen.

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