Wie Roland Post zum „Big Man“ wurde

Püttlingen · Zehn Nationalsprachen gibt es in Eritrea – Deutsch ist natürlich nicht dabei. Doch trotz schwieriger Verständigung konnte der Püttlinger DRK-Mann Roland Post das Vertrauen der jungen Flüchtlinge gewinnen, die noch bis Montag in Köllerbach wohnen.

 Verständigung mit Händen und Füßen – Roland Post und zwei der jungen Flüchtlinge aus Eritrea. Foto: Becker & Bredel

Verständigung mit Händen und Füßen – Roland Post und zwei der jungen Flüchtlinge aus Eritrea. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Roland Post ist "The Big Man". Seit die jungen Flüchtlinge aus Eritrea in der Köllerbacher Turnhalle leben, hat kein anderer einen so engen Bezug zu den Jungs. Der ehemalige Bergmann, der vor einigen Wochen noch zu den Bergmännern gehörte, die vom Bergwerk Saar nach Ibbenbühren verlegt worden waren, hat die Herzen der Jungs im Sturm erobert und wird nun von ihnen respektvoll auf Englisch "der große Mann" genannt. Wenn er in die Halle kommt, geht ein Raunen durch den Saal, wenn er ruft, wird es still.

Post ist der Einsatzleiter des nun seit einer Woche laufenden Betreuungseinsatzes. Er kommt vom DRK-Ortsverein Püttlingen, ist bei der RAG Deutsche Steinkohle inzwischen im Vorruhestand. Das verschaffte ihm die nötige Zeit, sich in diesem Einsatz von Anfang an und nun über Tage zu engagieren. Zusammen mit Dieter Hirtz aus dem Warndt - auch ein ehemaliger Bergmann - führt er die Notunterkunft, in der 21 Flüchtlinge noch bis Montag leben. Das DRK Püttlingen engagiert sich zusammen mit Helfern aus umliegenden Ortsvereinen im Schichtdienst, rund um die Uhr sind Helferinnen und Helfer in der Halle. Aber die stellten nicht nur Betten auf und teilen drei Mahlzeiten am Tag aus. Sie sind auch da, um zu spielen, zu reden und Mut zu spenden.

Gerade als an den ersten Tagen die Arztbesuche anstanden, die Jungs unter Umständen auch Angst vor dem Doktor hatten, war "Big Man" der wichtigste Mutmacher. Post nahm die Jungs bei der Hand, ging mit in die Arztpraxis, erklärte mit Hand und Fuß, was nötig war. "Den Rest mache ich mit bergmännischer Pädagogik", sagt er lachend. Seine stämmige Figur ist es vielleicht, die ihm Respekt einbringt. Aber die haben andere auch. Post hat noch etwas anderes. Er ist Kumpel - von Beruf und auch im wörtlichen Sinn.

Am Mittwoch schnappte er sich einen Atlas und reiste mit dem Finger von Eritrea über Libyen nach Deutschland, dann durchs Saarland. Die Jungs umringten ihn, ließen sich zeigen, wo "Bayern München" spielt oder wie man von Köllerbach nach Berlin kommen könnte. Dort würden alle gern mal hin. Bis sie sich diesen Wunsch erfüllen können, geht es aber erst einmal nach Besseringen. Montag nach dem Frühstück kommt der Bus. Die Jungs werden in eine feste Unterkunft verlegt. Dann beginnen Sprachunterricht, Schule und Ausbildung.

Püttlingens Bürgermeister Martin Speicher will die Halle bis Dienstag endreinigen lassen und an die Vereine zurückgeben. "Für uns war es keine Frage, dass wir die Halle zur Verfügung stellen, und alle Vereine haben es mitgetragen", sagt er heute nicht ohne stolz. Denn während in anderen Gegenden Flüchtlinge auf Fremdenfeindlichkeit stoßen, war davon in Köllerbach nichts zu bemerken. Ganz im Gegenteil. Passanten brachten jeden Tag Spenden vorbei, von Kleidern bis zu Süßigkeiten oder Colakisten. Die Jusos veranstalteten am Vatertag ein Grillfest am Jungenwald, der FV 08 Püttlingen ließ die Jugendlichen auf dem Rasenplatz spielen. "Wenn die am Montag weggehen, werden wir feststellen, dass uns diese Kinder ans Herz gewachsen sind", sagt Big Man. Aber Köllerbach war von vornherein nur eine Durchgangsstation.

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