„Vitaler als Mastputen“

Köllerbach · „Vom Aussterben bedrohte Tierarten“: da denkt man zuerst an Wildtiere. Doch auch alte Haustierrassen sind betroffen. In Deutschland stehen 130 Namen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen. In einer Serie stellen wir im Köllertal noch vorkommenden alten Haustierrassen vor. Heute: Cröllwitzer Puten.

 Helmut Detzler mit seinen Cröllwitzer Puten in Köllerbach-Etzenhofen. Foto: Becker & Bredel

Helmut Detzler mit seinen Cröllwitzer Puten in Köllerbach-Etzenhofen. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Die Vorfahren unserer heutigen Hausputen stammen aus den Wäldern Nordamerikas, wo sie bereits vor 500 Jahren von Indianern gezähmt und gezüchtet wurden. 1520, nach der Entdeckung Amerikas, gelangten diese "indischen Hühner" nach Europa. Um das Gewicht der inzwischen europäischen Puten zu steigern, kreuzte Alfred Beeck, der Direktor der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Geflügelzucht in Halle-Cröllwitz, um 1900 die größte deutsche Rasse, die Kupferpute mit den größten belgischen Ronquieres-Puten. Diese Mischung erhielt den Namen "Cröllwitzer Puten". Nach der Vorstellung auf dem Weltgeflügelkongress 1936 in Leipzig begann diese Putenrasse einen Siegeszug, denn mit vier Kilo Lebendgewicht bei der Pute und bis zu sieben Kilo beim Puter wurde für damalige Verhältnisse viel Fleisch produziert.

Das Zuchtzielt "schnell wachsende Pute mit hohem Brustfleischanteil" wurde anschließend immer weiter verfolgt. Bereits 1950 gab es Hybridzüchtungen, die bis zu 15 Kilo Gewicht hatten. Das führte zum Niedergang der Cröllwitzer Puten, der 1997 mit nur noch 55 Züchtern und 330 Tieren seinen Tiefststand erreichte. Inzwischen ist die Zahl der Züchter wieder gestiegen, denn die weißen Puten mit dem markanten schwarzen Saum an allen Federn finden wieder Züchter, die diese Rasse nicht aussterben lassen wollen.

So auch Eveline Saar und Helmut Detzler aus Köllerbach , die Cröllwitzer Puten seit drei Jahren halten. "Ich habe 2012 von einem Fürstenhausener Geflügelzüchter acht junge Cröllwitzer Puten bekommen und bin seitdem von diesen Tieren begeistert", sagt der 63-jährige Detzler, der zuvor schon 50 Jahre Erfahrung in der Kaninchenhaltung gesammelt hatte. "Sie eignen sich hervorragend für die extensive Freilandhaltung im Garten, denn sie picken mit Vorliebe Gräser, verachten aber auch keine Brennesseln und Schnecken" ergänzt Eveline Saar, die derzeit einen Puter mit sieben Puten betreut. Jede Pute legt 20 bis 40 Eier und ist als zuverlässige Brüterin bekannt, die auch gerne Eier anderer Geflügelarten ausbrütet. "2015 haben bei uns zwei Cröllwitzer Puten gebrütet und zehn beziehungsweise acht kleine Puten wunderbar geführt, so dass Elstern und Krähen keine Chance hatten", berichtet Helmut Detzler stolz, der auch im Vorstand des Walpershofener Kleintierzuchtverein ist.

"Überhaupt sind sind sie robuster und vitaler als die heutigen Mastputen, die vor allem mit Regen und Feuchtigkeit Probleme haben. Ihr Fleisch ist zwar weniger, aber sehr zart, fettarm und geschmackvoll", resümiert Detzler, der seinen Bestand erweitern und in das Zukunftsprojekt "Naturnahes Köllertal" integrieren will.

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