Vogel-Schwund? Verstärkte Vogelarmut in einigen Gärten

Püttlingen/St. Wendel · Das Aufkommen an gefiederten Freunden ist allerdings regional unterschiedlich, sagen Köllertaler Vogelschützer.

 Während sich die Meisen-Population recht gut erholt hat, machen die Sperlinge den Naturschützern noch etwas mehr Sorgen. Hier rechts eine Kohlmeise, links ein Haussperling, besser als „Spatz“ bekannt.

Während sich die Meisen-Population recht gut erholt hat, machen die Sperlinge den Naturschützern noch etwas mehr Sorgen. Hier rechts eine Kohlmeise, links ein Haussperling, besser als „Spatz“ bekannt.

Foto: dpa/Peter Förster

Winterzeit-Vogelfütterzeit – eigentlich. Aber wenn die Befiederten ausbleiben? Leser Franz-Josef Backes aus Püttlingen beklagt, dass im Gegensatz zu früheren Jahren kaum noch Vögel an sein Futterhaus kommen. Ist das ein allgemeiner Trend? Nicht unbedingt allgemein, aber regional kann es schon so sein, haben wir bei einer kleinen Umfrage unter Experten aus den Naturschutzvereinen der Region erfahren.

„Nur noch ganz selten lässt sich ein Vogel blicken, und die Futter­glocken faulen“, hatte Franz-Josef Backes geschrieben und befürchtet, dass Insekten als Futter rar geworden sind, ebenso wie solche Gärten, die Vögeln Unterschlupf und Insekten Nahrung bieten.

„Da hat Franz-Josef Backes nicht ganz unrecht“, sagt Hans Jürgen Walter von der Ortsgruppe des Naturschutzbundes (Nabu) Riegelsberg. „In meinem Garten, am Überhofer Hang, kann ich den Rückgang der Vogelpopulation allerdings nicht bestätigen, weil meine Futterstellen gut angenommen werden.“ Es gebe aber, so Experte Walter, schon extreme regionale Unterschiede. „Meiner Meinung nach liegt das aber eher am Umfeld“, ist sich Walter sicher. Wo, wie in seinem Garten, viele Bäume, Büsche und Hecken vorhanden seien, auch eine passable Wasserstelle, kommen auch die Vögel in Scharen, „trotz der vielen frechen Katzen“, sagt Walter.

„Naturnah, weg von den japanisch geprägten Vorgärten mit viel Kies, aber ohne Vegetation, dann finden auch unsere Vögel wieder bessere Lebensbedingungen“, resümiert auch Hans Joachim Schmidt, Vorsitzender des Nabu Köllertal. „In meinem Garten sehe ich jede Menge Vögel“, sagt Schmidt. Allerdings: „Es stimmt schon, dass die Zahl der Insekten um etwa 75 Prozent zurückgegangen ist. Darunter leiden auch die Vögel, besonders die Amsel, die darüber hinaus mit dem aus Afrika eingeschleppten Usutu-Virus zu kämpfen hat.“

Christoph Scherer, Experte in Sachen Vogelkrankheiten und -schutz, Mitarbeiter der Wildvogelauffangstation (WiVo) Püttlingen, hat in seinem Püttlinger Garten, trotz viel Grün in seiner Umgebung, genau wie Leser Backes, ebenfalls einen starken Rückgang der Vogelpopulation festgestellt. Was seiner Meinung nach wiederum für ein starkes regionales Gefälle spricht: „Denn im Garten von meinem Kollegen in Völklingen ist momentan die Hölle los. Dort stellen sich extrem viele Vögel ein.“

Ralf Bamberger, ebenfalls Mitarbeiter der WiVo Püttlingen, hat eine ganz andere Theorie: „Bei den milden Temperaturen dieses Winters, die zuletzt noch herrschten, finden die Vögel in freien Natur ausreichend Nahrung und bleiben deshalb den Futterhäusern fern. Entweder man füttert bei frostfreiem Wetter überhaupt nicht oder man entscheidet sich für die Ganzjahresfütterung, dann aber bitte konsequent.“

Schließlich findet Rudi Reiter, stellvertretender Landesvorsitzender des Nabu Saarland, selbst aktiver Vogelschützer und anerkannter Ornithologe (Vogelkundler): „So ganz dramatisch, wie sie geschildert wird, ist die Situation nicht.“ Zwar hätte die Vogelwelt, so Reiter, schon unter der modernen Zivilisation zu leiden – Stichworte sind hier beispielsweise „Versiegelte Flächen“, „Monokultur“ oder „Zugemauerte Hausnischen“ –, allerdings habe die Winterzählung 2017 erst kürzlich ergeben, dass sich der dramatische Rückgang der Vogelpopulation des Jahres 2016 in den letzten Monaten wieder ordentlich verbessert habe, besonders bei den Meisen-Arten mit deren guten Bruterfolgen.

„Sorgen machen uns allerdings noch die Amseln und besonders auch die so genannten Hausbrüter, wie Sperling (zu den Sperlingen gehört auch der meist „Spatz“ genannte Haussperling) oder Hausrotschwanz, die bei den vielfach wärmeisolierten Häusern einfach keine Brutmöglichkeiten mehr finden“, ergänzt Christoph Braunberger, Vogelreferent im Nabu Saar. Sein Rat lautet: „Vogelschützer sollten einfach mehr Nistmöglichkeiten in ihren Gärten schaffen. Bei den Nabu-Geschäftsstellen werden sie gut beraten.“

 Der Hausrotschwanz brütet gerne in Nischen an Häusern, was durch Styropor-Wärmedämmungen verhindert wird.

Der Hausrotschwanz brütet gerne in Nischen an Häusern, was durch Styropor-Wärmedämmungen verhindert wird.

Foto: Barbara Böhme/Nabu St. Ingbert
 Auch die Amsel-Population macht etwas Sorgen. An einigen Orten in Deutschland wurde für sie das Usutu-Virus zum Problem.

Auch die Amsel-Population macht etwas Sorgen. An einigen Orten in Deutschland wurde für sie das Usutu-Virus zum Problem.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Als Fazit der Recherche hier ein Resümee von Ornitologe Reiter: „Wenn weniger Vögel zu ihren Futterhäuschen kommen, liegt das vielleicht auch am Überangebot, an den zuletzt noch milden Temperaturen oder einfach daran, dass sich unsere Vögel in manchen Gärten, in denen sie mehr Versteckmöglickeiten haben, sicherer fühlen als auf freien und gut einsehbaren Flächen.“

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