Vereine machen Platz für Flüchtlinge

Heusweiler · In Püttlingen bietet seit Donnerstag die Köllertaler Integrationsstelle für Zugewanderte (KIZ) erstmals einen Sprachkurs für Flüchtlinge an (Bericht folgt). Wir nutzten die Gelegenheit und sprachen mit dem Lastwagenfahrer Jasser Namura über die Flucht von ihm und seiner Familie aus der Syrischen Hauptstadt Damaskus nach Püttlingen.

 Das alte Schulhaus in Wahlschied. Foto: Andreas Engel

Das alte Schulhaus in Wahlschied. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Die Gemeinde Heusweiler baut die ehemalige Schule im Ortsbezirk Wahlschied um, damit sie ihrer Pflicht zur Aufnahme von Flüchtlingen nachkommen kann. Dies hat der für die Unterbringung dieser Menschen zuständige Verwaltungsmitarbeiter Klaus Thinnes unserer Zeitung am Freitag auf Anfrage bestätigt. Damit die alte Schule für die mögliche Aufnahme von Syrern und Eritreern hergerichtet werden kann, müssen dort untergebrachte Vereine in andere Quartiere ausweichen.

Wie Thinnes sagte, betreffe dies Kraftsportler des TV Holz und auch eine Musikgruppe. Die Eisenbahnfreunde mit ihrer Anlage, der Karnevalsverein und die CDU-Frauen könnten aber bleiben und ihre Räume weiterhin nutzen.

Gemeinden müssen handeln

Am vergangenen Mittwoch Abend gab es bereits eine Sitzung der Heusweiler Gemeindeverwaltung mit Vertretern der Vereine. Dabei habe man deutlich machen können, dass der Verwaltung wegen der Pflicht zur Unterbringung von Flüchtlingen keine andere Wahl bleibe, als auch die ehemalige Schule zu nutzen. In einem "fairen Gespräch", so Thinnes, habe man den Vereinen Ersatzräume anbieten können.

Wie berichtet (SZ vom 23. Oktober), werden im Saarland seit Jahresanfang Flüchtlinge , Asylbewerber und Spätaussiedler nicht mehr nur in der Landesaufnahmestelle in Lebach untergebracht, sondern auch auf die Landkreise und den Regionalverband Saarbrücken verteilt. Im Regionalverband sind bislang etwa 300 Personen dezentral untergebracht worden, gut zwei Dutzend in Heusweiler . Der Verteilungsschlüssel ergibt sich aus der Größe der Kommunen. Wie die Gemeinden die Unterkünfte organisieren, bleibt weitgehend ihnen selbst überlassen. Meist werden gemeindeeigene, aber auch angemietete Wohnungen für die Flüchtlinge bereit gestellt. Die Strapazen der Flucht sind noch nicht vergessen, und die traumatischen Erinnerungen an die Geschehnisse in der alten Heimat Syrien werden noch lange nachwirken. Dennoch hat sich der Jasser Namura, der vor einem Jahr mit seiner Frau Amira und seinen beiden Söhnen nach Püttlingen kam, im Köllertal gut eingelebt.

Mit Hilfe eines Übersetzers erzählte uns der 44-Jährige seine Geschichte. Er sei Lastwagenfahrer und habe in Damaskus mit seiner Familie in einem bescheidenen Haus gelebt. Als das Regime begann, wahllos Häuser zu bombardieren und Menschen aus der Nachbarschaft gefoltert wurden, habe er sich entschlossen das Land zu verlassen. Aus Angst um sein Leben und um das Leben seiner Frau und seiner Kinder.

Deutschland sei von Anfang an das Ziel gewesen, weil man in Syrien wisse, dass hier die Menschenrechte eingehalten werden und dass Deutschland das Land mit der meisten Freiheit und größten Hilfsbereitschaft sei. Mit Hilfe eines Schleppers kam die Familie im Flugzeug über Libanon bis Ägypten. Ein Auto brachte sie von dort über die Grenze nach Libyen . Der Transit sei schnell gegangen.

Dann folgte eine lange Zeit des Wartens und Verharrens: Die Familie musste in Libyen eine Wohnung mieten. Ein ganzes Jahr habe es gedauert, bis ein Schlepper gefunden war, der sie im Schiff nach Italien brachte. Den Passagierschein nach Deutschland gab es dort sofort.

Man habe das Saarland nicht gezielt angesteuert, sondern sei zufällig hierher gekommen, weil das Bundesland direkt hinter der französischen Grenze liegt. Nach einem Monat im Aufnahmelager Lebach konnten die Vier eine Wohnung in Püttlingen beziehen. Die beiden Söhne besuchen die Peter-Wust-Schule.

Auch die Eltern Amira Abdelal und Jasser Namura haben sich gut eingelebt. "Wir sind zufrieden", sagt er. Was ihm noch zum Glück fehle, sei der deutsche Führerschein. Allerdings gebe es leider keine Fragebögen mit arabischen Schriftzeichen. Wenn er wieder Auto fahre, könne er seine Frau auch mal nach Saarbrücken chauffieren. Einmal in der Woche, zur Abwechselung.

 Sie haben es nach Deutschland geschafft (von links): Karim, Jasser und Ratek Namura sind vor einem Jahr aus Syrien gekommen, in Püttlingen besuchen sie einen Sprachkurs. Foto: Jenal

Sie haben es nach Deutschland geschafft (von links): Karim, Jasser und Ratek Namura sind vor einem Jahr aus Syrien gekommen, in Püttlingen besuchen sie einen Sprachkurs. Foto: Jenal

Foto: Jenal

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Hintergrund Das Gespräch fand mit Unterstützung des Syrers Dr. Jamil Al-Deiri statt. Dr. Al-Deiri hat in Marburg Medizin studiert. Er war Chefarzt einer Klinik im Sauerland. Seit seiner Pensionierung lebt er in Auersmacher. Er schreibt Bücher über Religion, Sprache und Politik und leitet in der Köllertaler Integrationsstelle für Zugewanderte (KIZ) in Püttlingen einen Deutschkursus. hof

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