Herchenbach ist das einzige Dorf mit Kühlhaus

Herchenbach · 1959 taten sich Bauern, Bergleute und Hüttenarbeiter zusammen und gründeten am 22. November einen Verein für Tiefkühlanlage Herchenbach. Erster Vorsitzender war Oskar Krebs, heute steht Moritz Wegner an der Spitze.

 Ein Blick ins Herchenbacher Kühlhaus. Archivfoto: Das Bilderwerk

Ein Blick ins Herchenbacher Kühlhaus. Archivfoto: Das Bilderwerk

Benefiz mit Rummelboozen. Das Herchenbacher Kühlhaus braucht einen neuen Kühlkompressor. Das brachte den Verein für Tiefkühlgemeinschaft auf die Idee zum Rummelbozenfest mit Tag der offenen Kühlhaustür. Das Kühlhaus steht mitten im Dorf, direkt neben dem Dorfgemeinschaftshaus. Das Wetter war klasse. Und wenn die Herchenbacher Glück haben, ist beim Getränke- und Rostwurstverkauf sogar noch was für die Renovierung der Decke herausgesprungen.

Rummelboozen und Kühlhaus stehen zwar in keinen direkten Zusammenhang miteinander, aber beides erinnert an alte Zeiten, als die Leute auf dem Dorf noch Vieh für den Eigenbedarf hatten. Runkelrüben waren und sind immer noch ein nahrhaftes Futter. Doch die Ernte ist aufwendig, und so füttert man heute lieber Mais . Im Herbst höhlten die Kinder die Rummeln aus, schnitzten ihnen Gesichter, stellten Kerzen rein und platzierten sie vor dem Haus. Das sah recht gespenstisch im Novembernebel aus. Wenn es draußen kalt war, wurden auch die Schweine geschlachtet und zum Abhängen an die Hauswand angebracht.

Moderne Kühlhäuser machten die Hausschlachtung wetterunabhängig. in den 60er Jahren schossen sie wie Pilze aus dem Boden. Engelfangen, Rittenhofen, Salbach, Walpershofen, Eiweiler - alle gründeten einen Kühlverein und bauten ein Kühlhaus. In Herchenbach legte jedes Vereinsmitglied 400 Mark als Grundstock hin. Dafür gab es ein Fach mit Vorhängeschloss und 225 Liter Fassungsvermögen. In den achtziger Jahren hielten Kühltruhen in den Privathaushalten Einzug. Die Hausschlachtung wurde durch viele Auflagen unattraktiv. Das bedeutete das Aus für die Kühlvereine und die Kühlhäuser. Nur in Herchenbach blieb man bei der Stange. Saarlandweit ist Herchenbach heute das einzige Dorf mit Kühlhaus. Schriftführer Gert Müller und Karl Klein, der 37 Jahre lang Vereinsvorsitzender war, konnten bei ihren Internetrecherchen in ganz Deutschland keinen anderen Kühlverein finden. Die Technik - sogenannte ruhende Kühlung ohne Umwälzventilator - ist bis heute gleich geblieben. Die Zahl der Fächer wurde um die Hälfte reduziert. Früher waren es 48, jetzt 24. Stattdessen gibt es einen Schockraum, der in einer halben Stunde auf Minus 30 Grad runterfährt. Da wird beim Abtauen und Reinigen zwischengelagert. Auch Leute aus der Umgebung, deren Tiefkühltruhe ihren Geist aufgibt, können sich an Gert Müller wenden, Tel. (0 68 06) 95 55 55.

Im vorderen begehbaren Kühlraum, wo früher Fleisch abgehangen wurde, stehen Getränkekisten. Auch in den Fächern sieht es heute anders aus. Statt Fleisch stecken eher Pizza und Kuchen drin. "Obst , Gemüse , Eis, Wurst, das normale Programm", sagt der neue Vorsitzende Moritz Wegner. Schon die Großeltern und Eltern hätten das Fach genutzt. Das Kühlhaus sei immer noch praktisch, weil zentral gelegen. Sparsamer als eine eigene Kühltruhe ist es auch, die Mitgliedschaft kostet 50 Euro im Jahr.

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