Henkerskreuz saniert und eingesegnet

Püttlingen · Kindsmord in Püttlingen – vor 242 Jahren. Nahe dem Richtplatz, wo Hillen Gret für diese Tat den Kopf verlor – es war die letzte Hinrichtung im Ort –, steht ein Wegekreuz, das nun frisch saniert ist.

 Pastor Franz-Josef Werle segnet das sanierte Kreuz in der Derler Straße ein, links von ihm der Püttlinger Stadtarchivar Michael Müller. Foto: Andreas Engel

Pastor Franz-Josef Werle segnet das sanierte Kreuz in der Derler Straße ein, links von ihm der Püttlinger Stadtarchivar Michael Müller. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Das Henkerskreuz an der Schnall-Eich auf dem Püttlinger Galgenberg erinnert an gnadenlose Zeiten. Bis 1775 wurden in seiner Nähe Verurteilte geköpft oder gehängt. Am Dienstagabend wurde das in die Jahre gekommene Richtkreuz als wichtiges Zeugnis von Volksfrömmigkeit wieder hergerichtet und von Dechant Franz-Josef Werle unter Anteilnahme der Bevölkerung - etwa 40 Zuschauer waren gekommen - eingesegnet.

Die letzte Hinrichtung wurde dort vor 242 Jahren vollzogen, das Opfer war Margarethe Schmidt aus Bous. Die "Hillen Gret", wie sie gerufen wurde, lebte im 18. Jahrhundert als Magd in Püttlingen. Sie wurde beschuldigt, ihr kleines Kind vorsätzlich getötet zu haben. Obwohl ihr Anwalt den Vorfall als Unfall darstellte, nach dem die ungebildete Frau das tote Kind in Panik in einen Brunnen geworfen habe: "Der Richter hat tatsächlich über ihr den Stab gebrochen", erklärt Michael Müller, Vorsitzender des Heimatkundlichen Vereines Püttlingen, vor dem Kreuz in Höhe der Derler Straße 150. Also: Die Frau wurde vom "Hohen Herrschaftlichen Gericht" am heutigen Püttlinger Marktplatz in der öffentlichen Verhandlung schuldig gesprochen, zum Tod durch Enthaupten verurteilt und sofort auf einem Zweispänner hoch zum Galgenberg gefahren, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, die gefälligst diesem Ereignis beizuwohnen hatte - das verlangte die Obrigkeit. Vielleicht aber auch gern zusah? Es gab ja weder Kino noch Fernsehen. Jedenfalls kam der makabre Zug am Richtkreuz in der Derler Straße zum Stehen. Der Pfarrer, der die gefesselte Delinquentin begleitete, wird ein letztes "Vater unser" gesprochen haben. Schließlich wurde Hillen Gret mit verbundenen Augen auf einen Stuhl gesetzt und vom Scharfrichter enthauptet.

"Gedenkkreuze haben wir auf dem Gebiet der Stadt Püttlingen sehr viele", erklärte Müller, es handele sich in der Regel um Kreuze, die aus Dankbarkeit - weil Menschen beispielsweise Kriege oder sonstige Gefahren unbeschadet überstanden hatten - oder wegen Unglücks- oder Todesfällen errichtet wurden. "All diese Kreuze haben viel mit dem christlichen Glauben zu tun, als Zeichen der Liebe Gottes und mit Blick auf die versprochene Auferstehung und das ewige Leben", sagt Dechant Werle bei der Einsegnung. Schön jedenfalls, so der Geistliche weiter, dass der Heimatkundliche Verein, im Zusammenwirken mit Anwohnerin Monika Grün und der Erwerbslosenselbsthilfe Püttlingen (ESH), die Erinnerung an die Vergangenheit aufrecht halte, wie hier durch die geglückte Renovierung des Henkerskreuzes.

"Wirklich schön ist es geworden", sagt Franz Reimringer, der als Autor des Vereins eine umfangreiche Doku zum Thema "Püttlinger Wegkreuze" verfasst hat. "Dieses Kreuz hat ja jahrelang in unserem Vorgarten gestanden. Den neuen Standort direkt an der Straße finde ich aber viel vorteilhafter", so Monika Grün. "Die Restaurierung ist optimal gelungen", findet Nachbar Martin Albert, "gut, dass das Kreuz jetzt wieder am alten Standort Anlass zum Nachdenken gibt." Die ESH Püttlingen hat sich bei der Sanierung an die landesweit übliche Form von Wegkreuzen aus schlichtem Eichenholz mit einem einfachen Korpus Christi gehalten.

Der "Kriminalfall Hillen Gret" ist im Hauptstaatsarchiv Koblenz dokumentiert. Püttlinger Heimatforscher gehen davon aus, dass es auf dem Galgenberg, in der erwähnten Flur Schnall-Eich, schon vor Hillen Gret Hinrichtungen gegeben hatte, gesicherte Erkenntnisse darüber existierten jedoch nicht, betont Müller auf Nachfrage der SZ. Der verstorbene Püttlinger Heimatforscher Magister Josef Gillet schreibt dazu in einem historischen Beitrag: "Niemand weiß, wie viele Püttlinger Untertanen in der Zeit der Leibeigenschaft als unschuldige Opfer der feudalen mittelalterlichen Gerichtsbarkeit ihr Leben lassen mussten. Dafür steht das Kreuz als stilles Gedenken an diesem Ort."

Zum Thema:

Broschüre Wegekreuze Der Püttlinger Heimatforscher Franz Reimringer hat sich bereits 2010 in seinem Beitrag zur Geschichte des Köllertals ausführlich mit dem Thema "Wegekreuze in Püttlingen und Köllerbach" befasst. Die jüngste Auflage der Broschüre (4 Euro) gibt es beim Autor, Tel. (0 68 98) 6 68 11.

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