„Es muss menschenwürdig sein“

Köllertal · Flüchtlinge aus Syrien kommen von der Lebacher Landesaufnahmestelle in Kommunen, die weder Strukturen noch Fachpersonal für deren Betreuung haben. Trotzdem gelingt die Aufgabe – dank guter Kontakte, Improvisationsgabe und sehr engagierter Mitarbeiter.

Der Bürgerkrieg in Syrien hat Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Mittlerweile ist die Flüchtlingswelle auch im Köllertal angekommen. Männer, Frauen und Kinder leben in ehemaligen Schulen, in Gemeindehäusern oder in eigens für sie angemieteten Privatwohnungen. Was Püttlingen, Heusweiler und Riegelsberg an humanitärer Hilfe leisten, leisten müssen, ist den wenigsten Leuten bekannt.

Knapper Wohnraum

Seit Jahresanfang werden Flüchtlinge , Asylbewerber und Spätaussiedler nicht mehr nur in der Landesaufnahmestelle in Lebach untergebracht, sondern auch auf die Kreise und den Regionalverband "verteilt". Der Verteilungsschlüssel ergibt sich aus der Größe der Kommunen. Ursächlich für diese Maßnahme war die starke Belegung der Lebacher Zentralstelle, deren Aufnahmefähigkeit durch zwei Brände zusätzlich sank. Eine plausible Begründung für die Unterbringung der Menschen in den Kommunen ist aber vor allem der Gedanke der würdevollen Eingliederung - wo, wenn nicht in den Dörfern und Städten, soll den Flüchtlingen ein Neustart sonst gelingen?

So kommt es, dass seit Jahresbeginn 259 Personen (Stand 8. Oktober) aus der Aufnahmestelle über den Regionalverband, der Kostenträger ist, in die neun Kommunen zogen (Saarbrücken hat einen eigenen Verteilschlüssel). Püttlingen hat mit 43 Personen, darunter zwölf kasachische Spätaussiedler, die meisten Flüchtlinge aufgenommen. 31 Personen sind Syrer, darunter zwölf Minderjährige. All diese Menschen leben in privaten Unterkünften. "Es wird langsam knapp mit Wohnraum", berichtet Hans-Günter Kramp. Er ist Kämmerer der Stadt und kümmert sich noch zusätzlich um die Flüchtlinge - ein typisches Phänomen auch in allen anderen Kommunen. Da die Städte und Gemeinden keine Sozialämter mehr haben und auch nicht mehr die Fachkräfte für die Betreuung von Hilfesuchenden, müssen quasi Fachfremde diese Aufgabe übernehmen und entsprechende Strukturen quasi zurechtzimmern. Die - wertfrei formuliert - organisatorische Überforderung der Verwaltungen gleichen sie durch zusätzliche Arbeit, gute Beziehungen, soziale Kontakte und persönliches Engagement aus. Der eine kennt einen, der ein schönes Zimmer zu vermieten hat, der andere organisiert einen Dolmetscherdienst, die Dritte kümmert sich im Sozialkaufhaus um Möbel und so weiter. "Wir bestehen darauf, dass wir vernünftige Wohnungen zur Verfügung stellen", versichert Kramp und wünscht sich vor allem, dass die Flüchtlinge schneller zu Sprachkursen kommen. Vor allem für die schulpflichtigen Kinder sei das wichtig.

"Wir sehen zu, dass es menschenwürdig ist", sagt auch Michael Trampert. Der Mann vom Riegelsberger Ordnungsamt trägt auch die Verantwortung für die Unterbringung von derzeit 21 Syrern, teils in privaten Wohnungen, teils in Gemeindehäusern. Man sei mit der Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung "überrascht" worden. Aber obwohl man die dafür eigentlich nötigen Strukturen eines Sozialamtes nicht habe, erfülle man die Pflichten gern und wohl auch nicht schlecht. Man erhalte schon einmal freundliche Rückmeldungen, mit englischer Sprache sei Kommunikation möglich, sagt Trampert.

25 Syrer und Eritreer

Die Gemeinde Heusweiler hat im Kernort und in den Ortsteilen insgesamt 25 Syrer und Eritreer beherbergt, alle in privaten Unterkünften. Klaus Thinnes (eigentlich der Datenverwalter) sieht, wie seine Kollegen, die Kapazitätsgrenzen erreicht. Sein Eindruck ist aber positiv: alles in allem funktioniere die Flüchtlingsunterbringung konfliktfrei, es gebe keine größeren Probleme. Wobei der Handlungsspielraum der Gemeinden bei der Alltagsgestaltung aber sehr begrenzt sei. Will heißen: Keiner kann überschauen, was den einzelnen Flüchtlingen fehlt und am meisten hülfe. So ist auch nicht auszuschließen, dass der ein oder andere Syrer oder Eritreer lieber in der Aufnahmestelle bei Landsleuten geblieben wäre.

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