Ötzi – Neues zur alten Gletscherleiche Erkenntnisse zu 5300 Jahre alter Leiche

Püttlingen · Auf den Spuren des Gletschermannes: Püttlinger Bioinformatiker wirkte an der Entschlüsselung von „Ötzis“ Erbgut mit.

 „Ötzi“, fünf Jahrtausende im Eis konserviert.

„Ötzi“, fünf Jahrtausende im Eis konserviert.

Foto: dpa/Südtiroler Museum

Was hat Püttlingen mit Eismumie „Ötzi“ zu tun? Forschung ist oft eine internationale Angelegenheit, Fachleute verschiedener Spezialgebiete kennen sich über Landesgrenzen hinweg. Und so gehört auch der bis vor kurzem in Püttlingen lebende Professor Andreas Keller zu den Forschern, die an der Entschlüsselung von Ötzis Genom (Erbgut) mitgearbeitet haben. Am Dienstag kam der 35-jährige Professor für Klinische Bioinformatik der Universität des Saarlandes nach Püttlingen und stellte vor über 100 Zuhörern im Anbau der Barbarahalle Ergebnisse der „Ötzi-Forschung“ vor.

Über die tatsächliche Bedeutung des Fundes, so Keller, war man sich anfangs gar nicht klar gewesen – entsprechend groß die Überraschung, als die Radiokarbon-Datierung schließlich ein Alter von fast 5300 Jahren ergab. Denn zunächst hatte man geglaubt, ein deutlich „jüngeres“ Opfer eines Verbrechens gefunden zu haben. Nach der Klärung von Ötzis „Nationalität“ als Italiener wurde die Eismumie in Bozen aufbewahrt. So würdigte Keller auch ausdrücklich das Südtiroler Forschungsinstitut EURAC und Professor Albert Zink: Sie hätten den saarländischen Forschern das wertvolle Material überlassen und so zur Entschlüsselung des Ötzi-Genoms beigetragen. Ebenfalls im Saarland daran beteiligt war auch Eckhart Meese, Professor für Humangenetik und Leiter des Humangenetischen Instituts der Saar-Uni.

In Püttlingen zeigte Keller eindrucksvolle Bilder aus dem „Innenleben“ Ötzis: Röntgenaufnahmen und Computertomogramme, die erste, bemerkenswerte Informationen zu der Eismumie geliefert hatten, dazu eine dreidimensionale Aufnahme des Skeletts.

 Andreas Keller, Professor für Klinische Bioinformatik.

Andreas Keller, Professor für Klinische Bioinformatik.

Foto: Erich Keller

Die Todesursache des Mannes, der vor 5300 Jahren in den Ötztaler Alpen in Südtirol gestorben war, sei allerdings noch immer nicht ganz klar. Einerseits hatte der Mann ein Schädeltrauma erlitten, das hätte tödlich sein können. Andererseits habe man im Körper der Eismumie aber auch eine Pfeilspitze gefunden, die mit größerer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt habe. Ein Raubmord war es offenbar nicht, denn man habe in unmittelbarer Nähe des Toten wertvolle Gegenstände gefunden, unter anderem eine Kupferaxt.

Weitere Informationen brachte die Entschlüsselung des Genoms, die mit Hilfe immer leistungsstärkerer Computer zunehmend einfacher wurde, so dass man heute von einer richtigen „Krankengeschichte“ Ötzis sprechen könne. Auch Interessantes zu Ötzis Herkunft kam zutage. Ethnologisch zeige Ötzis Erbgut Verwandtschaft mit den heutigen Menschen in Sardinien.– die Insel Sardinien ist von Ötzis Fundort etwa 700 Kilometer Luftlinie entfernt.

Der Mann sei gut genährt gewesen und habe auch kurz vor seinem Tod noch eine Mahlzeit eingenommen. Wie viele heutige Menschen litt er unter Laktose-Intoleranz, also einer Nichtverträglichkeit von Milch­eiweiß. Vermutlich wäre Ötzi auch nicht besonders alt geworden, denn man habe auch eine Arterio­sklerose festgestellt. Mit einem Augenzwinkern stellte Keller fest, dass es sich bei der Arterienverkalkung also nicht um eine reine moderne Zivilisationskrankheit handele.

Seine Ötzi-Begeisterung zeigte sich auch in Kellers abschließender Empfehlung, bei einer Reise nach Südtirol unbedingt das Archäologiemuseum in Bozen zu besuchen, wo die Eismumie mit großem Aufwand konserviert wird.

Den Vortrag organisiert hatte die Seniorenvereinigung Püttlingen, deren vielseitige Vortragsreihe oft Publikum aus allen Altersklassen anzieht. Rudolf Müller, der Vorsitzende der Vereinigung, überreichte Professor Keller einen Bildband mit Püttlinger Impressionen von Olaf Reeck, der Keller an seine Kindheit und Jugend in der Stadt erinnern solle.

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