"Einfach in die Trillerpfeife blasen"

Roden/Püttlingen

Roden/Püttlingen. "Wie auf einem Panzerübungsfeld!" Kann es sein, dass Wildschweinherden Blumenwiesen, Bolzplätze, Schrebergärten, Parkanlagen, ja Friedhöfe verwüsten? Die Antwort lautet offensichtlich: ja!SZ-Leser wie Josef Federspiel aus der Keltenstraße in Saarlouis-Roden und Eckart Kiefer aus Püttlingen beobachten mit Sorge, dass sich Wildtiere auf Straßen und Plätzen bewegen. Beispielsweise in Kiefers Nachbarschaft, der Püttlinger Straße "In der Rösselwies". Dort haben Wildschweine Vorgärten zerwühlt, werden Füchse am helllichten Tag beobachtet. Kiefer: "Dort befindet sich ein Kinderspielplatz. Ich darf darauf hinweisen, dass der Fuchsbandwurm gefährlich ist." Das Phänomen wild lebender Tiere im städtischen Raum ist relativ neu. Am spektakulärsten war wohl im vergangenen Jahr ein Reh, das durch die Glastüre in die Räume eines Köllertaler Kreditinstitutes einbrach. Wildschweine, die bekanntlich alles verzehren, was ihnen vor die Schnauze kommt, verwüsten nicht nur Felder oder Äcker, sondern auch Rasenflächen, Blumengärten oder Spielplätze. Die Stadt Püttlingen musste zwei ihrer Friedhöfe mit einem hohen und teuren Zaun gegen Rehe sichern, die sich an Stiefmütterchen, Alpenveilchen und Schneeheide der Gräber gütlich taten. Füchse und Marder holen sich Hühner, Gänse und Enten, nicht selten im Angesicht ihrer Züchter. "Es ist bekannt, dass sich in Püttlingen in bebauter Ortslage Fuchsbauten befinden. Auch werden uns viele Wildschweinschäden gemeldet", teilt Klaus Nickels, zuständiger Sachbearbeiter der Stadt Püttlingen, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Schon die antiken Dichter Homer und Ovid berichten in ihren Erzählungen davon, dass die zornige Göttin Artemis Wildschweine zur Erde schickt, um Felder und Weinberge zu verwüsten. Lange Zeit blieb die Region von Wildschweinschäden verschont, seit ein paar Jahren nimmt das Problem offenbar überhand. Franz-Josef Nickels, anerkannter Natur- und Artenschützer aus Köllerbach, ist im Frühsommer dieses Jahres gegen 22 Uhr auf seinem Heimweg von der Arbeit gar von einer Bache mit Frischlingen vom Fahrrad gestoßen worden, am Waldrand des Völklinger Stadtteils Heidstock, und blieb zum Glück unverletzt, während sein Rad von der gereizten Wildsau komplett zerstört wurde. Das Problem ist auch den zuständigen Behörden bekannt: "Wir gehen bei Wildschweinen von einer Überpopulation aus und streben eine Intensivierung der Jagd an", teilte Sabine Schorr, Pressesprecherin des saarländischen Umweltministeriums der SZ auf Anfrage mit. Allerdings: Innerhalb von Städten oder Dörfern dürfen Jäger nicht schießen, handelt es sich hier schließlich um so genannte "befriedete Bezirke". Wissen die Schwarzkittel dies? Kann sein! "Jedenfalls helfen im Innenbereich nur stabile Zäune", rät Schorr. Außerdem sollten Gartenbesitzer essbare Abfälle auf ihren Komposthügeln tunlichst vermeiden: Diese locken das Wild regelrecht an. Für unangenehme Begegnungen mit einzelnen Wildschweinen, Keilern oder gar Wildsauen mit Frischlingen hat Franz-Josef Nickels aufgrund seiner negativen Erfahrung folgenden Tipp: "Es hilft, ganz laut in eine Trillerpfeife zu blasen."

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