Das Suppenhuhn von Jean-MarieSchmucke Bürgerhäuser, Kirchen, Kopfsteinpflaster

Ferienzeit, Reisezeit - wir machen einen Ausflug nach Frankreich - mit der Saarbahn zum Wochenmarkt in Saargemünd. Los geht es am Markt in Heusweiler: Ein kleines Mädchen steht am Saarbahnübergang und winkt. Die Fahrerin winkt zurück. 9.13 Uhr fährt die Bahn los - Schulzentrum, Walpershofen... eine dreiviertel Stunde und 25 Haltestellen später sind wir in Brebach

 Jean-Claude Pascal offeriert auf dem Wochenmarkt in Saargemünd sein üppiges Sortiment an Kurzwaren. Fotos: hof

Jean-Claude Pascal offeriert auf dem Wochenmarkt in Saargemünd sein üppiges Sortiment an Kurzwaren. Fotos: hof

Ferienzeit, Reisezeit - wir machen einen Ausflug nach Frankreich - mit der Saarbahn zum Wochenmarkt in Saargemünd. Los geht es am Markt in Heusweiler: Ein kleines Mädchen steht am Saarbahnübergang und winkt. Die Fahrerin winkt zurück. 9.13 Uhr fährt die Bahn los - Schulzentrum, Walpershofen... eine dreiviertel Stunde und 25 Haltestellen später sind wir in Brebach. Am Ende von Saarbrücken heißt es umsteigen. Und warten. Zwischen neun und 12 Uhr fährt die Saarbahn nach Saargemünd nur alle Stunde. Die nächste geht um 10.54 Uhr. So nimmt der kleine Grenzverkehr Reiseformat an.Der Wochenmarkt in Saargemünd sei interessant, meint unterwegs eine Frau aus Großblittersdorf. Ihr Nachbar wäre immer zu Fuß hingewandert. An der Saar entlang. Jedes Mal hätte er ein Suppenhuhn vom Markt mitgebracht. Das Huhn hat er höchstwahrscheinlich bei Jean-Marie Sarkosi erworben. Denn seit einem viertel Jahrhundert steht der Geflügelmann jeden Dienstag- und Freitagmorgen mit Wachteln, Täubchen, Enten und anderem Geflügel in der Passage zwischen der Rue de L'Eglise und dem Marktplatz. Hähnchen und Hähnchen-Flügel gibt es frisch gebraten. Die Preisliste steckt in einem Gold-Rahmen.

Gleich neben dem Volaillée präsentiert Didier le Boucher traditionelle Wurst- und Fleischwaren aus Lothringen. Pâté de Campagne, Pâté im Teigmantel und Sachen wie Palette à la Diable, was der Metzger mit Schweineschulter gesalzen mit Senf übersetzt. Gegenüber gibt es passend dazu Kappesköpfe, Mohrrüben und grüne Bohnen.

Frische Pfifferlinge, Aprikosen, Pfirsiche, fast alles, was das Herz begehrt, bietet der Markt. Nur die Mirabelle, das Wahrzeichen der Region, macht sich rar. "Es fängt so langsam an. Aber dieses Jahr gibt es nicht viel", meint der Obstverkäufer.

Megagroß ist der Klamottenstand, der als Anhänger aus Forbach angefahren ist: Zwölf Meter breit und begehbar. Marie-Rose Levet aus der Nähe von Bordeaux ist auf der Durchreise. Nur gerade heute hat sie ihre durchsichtige englische Seife an einem Stand in Saargemünd ausgebreitet.

Bunte Bänder, glänzende Litzen, Stoffblüten zum Anstecken - 50 Cent das Stück - und andere Kurzwaren kann man jede Woche kaufen.

Der Marktplatz liegt in der Nähe der mittelalterlichen Kirche St. Nicolas. In alten Zeiten war der Markt das Herz der Stadt. Der Brunnen, der hier plätschert, wurde noch 1903 mit Wasser gespeist, das vom Schloss herab lief. Nachlesen kann man das auf einer dreisprachigen Infotafel. Saargemünd ist gut beschildert. Ein historisch-architektonischer Rundgang führt zu vielen markanten Punkten in der Innenstadt, an Geschäftshäusern mit eleganten bunten Jugendstilfassaden entlang und in kleine Gassen mit Kopfsteinpflaster.

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie die Pferdehufe klapperten, wenn die Postkutschen aus Metz oder Nancy ankamen. In der Rue de la Charrue haben sie Station gemacht. Hier und an einigen anderen Straßenecken kann man noch die Prellsteine sehen, welche die Häuser vor den flotten Fahrzeugen schützten.

Eine der ältesten Straßen ist die Rue d'Or. In der Goldgass' wohnten die wohlhabenden Saargemünder Bürger. Die Häuser mit den Klappläden stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

In der Rue de France, der ehemaligen Grand Rue, ist noch ein Haus aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Die meisten der Gebäude mit mittelalterlichem Gepräge wurden aber im 18. und 19. Jahrhundert wieder neu aufgebaut.

Geschichtliches und moderne Architektur kommen am Goetheplatz zusammen. Der Dichterfürst soll anno 1770 in Saargemünd Station gemacht haben. So hat man den Platz, wo das Stadttor Porte de France lag, nach ihm benannt. Auf dem neuen Verkehrskreisel grünt und blüht es üppig.

Unversehens ist man an einem anderen Rundweg, dem Circuit des Fleurs, angelangt. Große grüne Heuschrecken-Figuren im Jardin des Sauterelles spiegeln in 3D ein Motiv wider, das im 19. Jahrhundert sehr en vogue war und auch das Saargemünder Geschirr schmückte. Auf einer Tafel ist ein Teller aus der Fayencerie abgebildet, die die Stadt berühmt gemacht hat. Keramik in vielen Formen prägt auch die anderen Stationen des Gartenweges. So auch den im Skulpturengarten Jardin Suspendu vor dem Justizpalast, einem imposanten wilhelminischen Sandsteingebäude.

Schräg gegenüber liegt der Bahnhof. Bis Saarbrücken-Siedlerheim geht es in einem Rutsch mit der Saarbahn. Bis Heusweiler nur mit Umsteigen. Eine Einzeltageskarte Heusweiler - Saargemünd kostet 12,60 Euro. hof

Hintergrund

 Die Passage zwischen der Rue de L'Eglise und dem Marktplatz.

Die Passage zwischen der Rue de L'Eglise und dem Marktplatz.

 Von der Rue de la Charrue in die Goldgass.

Von der Rue de la Charrue in die Goldgass.

 Die Kirche St. Nicolas, in deren Nähe sich auch der Saargemünder Marktplatz befindet.

Die Kirche St. Nicolas, in deren Nähe sich auch der Saargemünder Marktplatz befindet.

 Blick vom Goetheplatz in die Goldgass' mit Insektenskulptur im Vordergrund, gefertigt nach einem alten Saargemünder Tafelservice-Motiv.

Blick vom Goetheplatz in die Goldgass' mit Insektenskulptur im Vordergrund, gefertigt nach einem alten Saargemünder Tafelservice-Motiv.

Saargemünd (frz. Sarreguemines, 22 000 Einwohner) liegt im Département Moselle in Lothringen. Der Name kommt vom alten deutschen Wort "Gemund" und bezieht sich auf die Mündung der Blies in die Saar, die erste Erwähnung war 706 als "Gaimundas". Später wechselte die Zugehörigkeit mehrmals zwischen Deutschland und Frankreich. red

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