Betreuer zeigten vollen Einsatz
Köllerbach · Nun hieß es Abschied nehmen – was vielen nicht leicht fiel. Auch nicht den Betreuern, die sich fünf Wochen lang und absolut ehrenamtlich rund um die Uhr um die jungen Flüchtlinge in der Köllerbacher Rathausturnhalle gekümmert hatten.
Ein richtig familiäres Verhältnis habe er mit den jungen Männern aufgebaut, "nur, als am Donnerstag viele von den Jugendlichen, die fast von Anfang an in unserer Notunterkunft gewohnt haben, nach St. Wendel umgezogen sind, da wurde ich sehr dienstlich", erzählt DRK-Einsatzleiter Roland Post vom Kreisverband Saarbrücken. Sein "dienstliches Auftreten", verrät er, habe ihm geholfen, die Tränen zurückhalten.
Tränenreich dagegen verlief der Abschied der Flüchtlinge , sie werden neben "Big Mama" Gabriele Schmidt, die nun zum letzten Mal Mittagessen in die Turnhalle brachte, auch "Big Man" Roland Post vermissen. Der Abschiedsschmerz kommt nicht von ungefähr, denn die rund 40 ehrenamtlichen DRK-Helfer waren fünf Wochen lang Familienersatz und Anlaufstelle in der Köllerbacher Turnhalle. Am Freitagnachmittag verabschiedeten sich die letzten der jungen Männer, die sich aus Syrien, Eritrea und Afghanistan auf den Weg nach Deutschland gemacht hatten und dort ohne Begleitung eines Erwachsenen ankamen. Sie wohnen ab sofort in einem Clearinghaus in St. Wendel unter Trägerschaft der SHG (wir berichteten).
Knapp 24 Stunden, so erinnert sich Post, hatten die Helfer vor genau fünf Wochen Zeit, um eine Notunterkunft aus dem Boden zu stampfen. "Donnerstags kam der Anruf, am Freitagnachmittag haben wir uns einsatzbereit gemeldet, am Samstagmorgen sind die ersten Jugendlichen eingezogen", erzählt er.
Den ausgeklügelten Dienstplan hatte Markus Litz angefertigt, schließlich galt es, über den gesamten Zeitraum genügend Einsatzkräfte zur Verfügung zu haben. "Damit das reibungslos geklappt hat, haben viele von uns täglich zwölf und mehr Stunden hier verbracht", sagt der Einsatzleiter. Besonders stolz ist er darauf, dass alle Dienste ehrenamtlich abgedeckt wurden, "es gab nirgends Ausfallzeiten oder Freistellungen", betont Post.
So hat etwa Robert Breinig sehr viel Zeit seines Urlaubs in der Turnhalle zugebracht. "Das geht wohl auch nur, weil bei mir die gesamte Familie im DRK aktiv ist", sagt er. Post ergänzt, dass er seine Frau und seinen Sohn in den vergangenen Wochen auf jeden Fall häufiger in der Turnhalle als zu Hause gesehen hat.
Neben den zahlreichen, alltäglichen Aufgaben galt es auch, die Nächte abzudecken. Hier hat Rosarina Mertes ihre Aufgabe gefunden, hat neben Familie und Beruf eine Lücke entdeckt, sich zu engagieren.
Neben den Helfern des DRK, schildert Post erfreut, hatten sich auch spontan viele ehrenamtlichen Helfer aus der Umgebung gemeldet, die auf unterschiedlichste Weise geholfen haben. Und dank Internetzugang und "What's App" fanden sich auch immer Dolmetscher, ergänzt Post.
"Sehr gut funktioniert hat die Zusammenarbeit zwischen DRK, Regionalverband, der Stadt Püttlingen und der Diakonie", sagt DRK-Pressesprecher Helge Gilcher, der an vielen Tagen in Köllerbach im Einsatz war. "Wenn man überlegt, dass das DRK an einem Wochenende Leute zum Rocco, zum Saarspektakel und nach Lebach abgestellt hat und zeitgleich hier die Notunterkunft betreut hat, sieht man deutlich, wie viel Engagement dahinter steckt." Mit mehr als 4000 Einsatzstunden, resümiert Post, habe der Einsatz in Köllerbach zu Buche geschlagen.
Den Kontakt zu den Jungs wollen die Helfer aufrechterhalten, "durch diesen Einsatz weiß ich zu würdigen, wo ich lebe, welches Glück ich habe, in eine Demokratie geboren zu sein", erklärt Post. Gänsehaut bekommt er, wenn er an das selbst gemalte Bild eines Flüchtlings denkt, auf dem aus der Dunkelheit ein Schiff auf einen hell erleuchteten Leuchtturm zufährt - darauf weht die Fahne des DRK. Im Leben gibt es manchmal sonderbar verschlungene Wege. So kann es sogar geschehen, dass eine rassistische Schmähschrift Hilfe für junge Flüchtlinge auslöst: Karsten Wolter, Betreiber der Buchhandlung Drachenwinkel im Dillinger Stadtteil Diefflen, ärgerte sich über rassistische Hetze, über die er im Internet, im "sozialen Netzwerk" Facebook , gestolpert war.
So ergab sich auf Facebook eine Diskussion, an der sich auch der Köllerbacher Michael Wilke beteiligte. Der hatte, gemeinsam mit Ehefrau Julia Wilke, Inhaberin der Lilienapotheke, Medikamente für junge Flüchtlinge gespendet, die bis Freitag in der Notunterkunft in der Köllerbacher Rathausturnhalle untergebracht waren. So konnte Wilke schildern, dass viele der Jungs keine anständige Taschen hätten, um ihre wenigen Habseligkeiten zu transportieren.
Kurz entschlossen nutzte Wolter daraufhin seine Kontakte: Da er im Bereich Literatur auch Merchandising-Produkte herstellt und vertreibt, kaufte er bei einem seiner Lieferanten 30 Sporttaschen zu je zehn Euro und erwähnte dann über Facebook auch, dass man die Aktion gerne unterstützen könne.
"Und es gab Unterstützung!", freut sich Wolter, denn in nur vier Tagen kamen fast 2500 Euro zusammen, viel mehr als benötigt. Also wurden die Taschen schnell noch gefüllt: Ein Kulturbeutel mit Inhalt kam hinein ("man hat uns erzählt, dass die Jungs am liebsten drei Mal am Tag duschen würden") und Sachen, die man für die Schule nutzen kann, wie ein gefülltes Federmäppchen und ein Schreibblock.
Zudem spendierte der Amrun-Verlag den jungen Flüchtlingen 30 Schulbücher fürs Deutsch-Lernen. Und da noch gut die Hälfte der Spendensumme übrig ist, verspricht Karsten Wolter: "Es wird weitere Hilfsaktionen geben, für die wir das Geld nutzen."
Die jungen Flüchtlinge freuten sich jedenfalls riesig, als am Mittwoch die Taschen übergeben wurden. Da zu dieser Zeit einige schon in der neuen Unterkunft in St. Wendel waren, sorgte das Püttlinger DRK für die "Zustellung".