Als noch der Hufschmied die Kufen schliff

Köllertal · „Früher war mehr Schnee!“ – das wird jedenfalls gerne so gesagt. Viele ältere und alte Köllertaler erinnern sich auch an strenge und schneereiche Winter – romantischer als heute müssen sie jedenfalls gewesen sein. Oder gibt's im Köllertal auch heute noch gestaute Bäche als Schlittschuhbahnen mit Betrieb bis in die Nacht, Hufschmiede als Kufenschleifer und Rodelbahnen mit Ehe-Anbahnungs-Effekt?

 Schlittschuhlaufen auf dem Walpershofer O-Weiher in den 1950er Jahren. Foto: Manfred Diehl

Schlittschuhlaufen auf dem Walpershofer O-Weiher in den 1950er Jahren. Foto: Manfred Diehl

Foto: Manfred Diehl

Jetzt hat's ja mal geschneit, aber: "Als ich in die Schule ging, lag in jedem Winter acht Wochen lang Schnee . Das ist heute nicht mehr so", erinnert sich der Riegelsberger Norbert Krämer, Jahrgang 1935. Ob's meteorologisch für jeden Tag belegbar ist oder nicht: Die Winter im Köllertal waren im vorigen Jahrhundert viel romantischer als heute. "Das fing schon damit an, dass wir noch auf den Straßen Schlitten fahren konnten - die Marienstraße runter bis zum Schwarzen Weg, ohne Angst vor Autos. Da gab's ja damals kaum welche", erinnert sich Krämer.

Der Rentner und Heimatforscher weiß noch, "dass sich der Jupp Feld selbst einen Bob mit Lenkrad gebaut hat, mit dem wir mit sechs Mann die Lindenstraße runter gebraust sind - in einem Affenzahn." Seine Frau Doris Krämer, eine geborene Rößler, liebte in ihrer Jugend das Schlittschuhlaufen: "Damals wurde der Bach im Wäldchen gestaut, so dass eine schöne Eisfläche entstand. Von meinem Onkel, der als Flieger in Berlin stationiert war, habe ich wunderschöne neue Schlittschuhe bekommen, ganz verchromt, eine Seltenheit in dieser Zeit". "Ja ja", schmunzelt ihr Gatte, "das waren die so genannten Absatzreißer."

Absatzreißer? Diesen Begriff kennt auch Manfred Diehl in Walpershofen: "Die damaligen Schlittschuhe sind mit Krallen an den Schuhen befestigt worden. Wenn man hängen blieb oder hinfiel, war meistens der Absatz hops."

Ob Schlittschuhfahren auf der Wiese oberhalb des heutigen O-Weihers, oder Schlittenfahren in der Belle Humes unterhalb des Sportplatzes: "In schönen Wintern war auf den Eis- und Rodelbahnen im Ort die Hölle los. Das Treiben ging oft bis in die Nacht hinein und hat als Treffpunkt für die Jugend außerordentlich gut funktioniert. So manche Ehe hat auf der Schlittenbahn ihren Anfang genommen", sagt Diehl . - So mancher Knochenbruch allerdings auch, ergänzt er: "Hauptsächlich beim Eishockey mit selbst gebastelten Schlägern. Da ging's bei der Dorfjugend ordentlich zur Sache."

Seine Frau Hannelore Diehl stammt aus der schönen Hansestadt Hamburg: "Dort sind wir gern und oft auf zugefrorenen Seen Schlittschuh gelaufen, bis in den Februar hinein, als das Eis schon ab und zu eingebrochen ist."

Eislaufen in Püttlingen funktionierte in den 1950er Jahren am besten in der Köllerkäl. Da, wo heute Wasserbüffel und Konikpferde grasen, haben junge Erwachsene in früheren Jahrzehnten einen kleinen Bachlauf so gestaut, dass eine riesige Eisfläche von der Größe zweier Fußballfelder entstanden ist - das weiß der Schreiber dieser Zeilen noch aus eigener Erinnerung. Gelaufen wurde auf Schlittschuhen "Marke anno dunnemal", den schon erwähnten "Absatzreißern", Sportgeräte, die für Kinderfüße viel zu groß waren, die vom damaligen Püttlinger Hufschmied Ambrosius Grün in der Püttlinger Straße für ein paar Pfennige einen passablen Hohlschliff erhielten.

 Heute wegen des Verkehrs undenkbar, denn das Foto entstand im Winter 1957 mitten auf der Püttlinger Straße in Köllerbach. Mit dem Schlitten amüsierten sich hier Marita Dörr (liegend) und obenauf sitzend ihre Schwester Regina. Foto: et

Heute wegen des Verkehrs undenkbar, denn das Foto entstand im Winter 1957 mitten auf der Püttlinger Straße in Köllerbach. Mit dem Schlitten amüsierten sich hier Marita Dörr (liegend) und obenauf sitzend ihre Schwester Regina. Foto: et

Foto: et

Und ordentlich steile Schlittenbahnen gab's in Püttlingen mit seinen Hängen links und rechts des Köllerbaches wirklich zur Genüge. Wir haben uns sogar aus alten Fassdauben eine Art Kurzski gebaut, die mit Riemen an den Füßen befestigt wurden. Als Stöcke dienten Besenstiele, und dann ging's die steilsten Hänge hinab - natürlich mit so manchem Sturz und sich lösenden Riemen. Manfred Diehl aus Walpershofen ergänzt lachend: "Oft waren wir so lange draußen, bis wir regelrechte Eisfüße hatten, die wir dann daheim im warmen Backofen wieder aufgetaut haben."

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