Klimaschutz Waldrodung im Hau-Ruck-Verfahren?

Gersweiler · Regionalverband Saarbrücken beschäftigt sich am Freitag mit der möglichen Abholzung eines Waldstücks in Gersweiler.

 Wald dürfe in Zeiten des Klimanotstands „nur im absoluten Ausnahmefall“ gerodet werden, sagt die Gersweiler Bürgerinitiative „Pro Wald“.

Wald dürfe in Zeiten des Klimanotstands „nur im absoluten Ausnahmefall“ gerodet werden, sagt die Gersweiler Bürgerinitiative „Pro Wald“.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Renato Barachino und Roland Fecht haben den Verdacht, dass sie nicht ernst genommen werden. Und mit ihnen all jene nicht, die gegen die Rodung von rund drei Hektar Wald in Gersweiler nahe der Grenze zum lothringischen Schönecken sind. Dort will die Maschinenbaufirma Woll ihre Unternehmensfläche und damit das Gewerbegebiet Ktrughütter Straße erweitern (die SZ hat berichtet).  

Renato Barachino und Roland Fecht sind die Vorsitzenden der Bürgerinitiative „Pro Wald“. Die Gruppe hat sich im September gegründet, um, wie die Vorsitzenden schreiben, „alle möglichen, auch juristischen Hebel ansetzen wird“, um den Erweiterungsplan zu stoppen. Fecht und Barachino sprechen von einem „Hau-Ruck-Verfahren, ohne eine wirkliche Prüfung von Alternativstandorten und ohne eine fundierte gutachterliche Bewertung von Naturschutzfragen“.

Unter anderem hat die Initiative nun einen Brief an die Fraktionen im Saarbrücker Stadtrat und in der Regionalversammlung sowie an die Mitglieder des des Kooperationsrates des Regionalverbandes Saarbrücken geschrieben. Die Initiative fordert die Politikerinnen und Politiker darin auf, innezuhalten, „solange Alternativstandorte nicht geprüft und die entscheidungsrelevanten Informationen, insbesondere in Form eines naturschutzfachlichen Gutachtens, vorliegen“.

Wie ernst die Politik diese Forderung nimmt, wird sich an diesem Freitag zeigen. Der Kooperationsrat wird sich auf Antrag der Regionalverbandsverwaltung mit der für das Vorhaben der Firma Woll notwendigen Änderung des Flächennutzungsplans beschäftigen. Aus der im Flächennutzungsplan müsste die „Fläche für Wald“ in eine „Gewerbliche Baufläche“ umgewandelt werden.

Die Bürgerinitiative hat sich von einer Anwaltskanzlei beraten lassen. Weil es nach Aussagen der Kanzlei im Bebauungsplan „einige Mängel betreffend der gesetzlichen Anforderungen im Baugesetzbuch und im saarländischen Waldgesetz“ gebe, dürfe es eine solche Änderung nicht geben. „Eine Inanspruchnahme einer Waldfläche darf nach unserer festen Überzeugung nur im absoluten Ausnahmefall erfolgen und bedarf in jedem Fall vorher einer fundierten naturschutzfachgutachtlichen Bewertung“, schreibt die Initiative an die Politik..

Der Fachdienst Regionalentwicklung und Planung der Regionalverbandsverwaltung erkennt keinen Grund zum Innehalten. Im Gegenteil. Die Behörde sieht „eine besondere zeitliche Dringlichkeit“, wie es in der Entscheidungsvorlage für den Kooperationsrat heißt. Deshalb führe der Regionalverband das Flächennutzungsplan-Änderungsverfahren parallel zur Aufstellung des Bebauungsplans durch. Für den Bebauungsplan ist die Landeshauptstadt Saarbrücken zuständig. Am Ende dieses Verfahrens hat der Stadtrat das letzte Wort. Wie sich die Mehrheitskoalition aus CDU, Grünen und FDP entscheiden wird, scheint offen. Man warte auf jeden Fall ein Gutachten ab, versicherte der Vorsitzende der Grünen-Stadtratsfraktion, Torsten Reif.

Der Regionalverband erklärt in der Vorlage für den Kooperationsrat: „Ziel der Änderung ist, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Betriebserweiterung der Firma Woll Maschinenbau GmbH zu schaffen.“ Im Rahmen des Verfahrens werden derzeit die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange „frühzeitig um Stellungnahme gebeten“, heißt es weiter. Das Beteiligungsverfahren sei zwar noch nicht abgeschlossen, aber eben wegen „der besonderen zeitlichen Dringlichkeit“ wolle die Verwaltung des Regionalverbands „gegebenenfalls die Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nachliefern“. „Sofern rechtzeitig alle relevanten Stellungnahmen vorliegen und nach Auffassung der Verwaltung eine Weiterführung des Verfahrens erlauben“ werde man sie dem Kooperationsrat „in Form einer Tischvorlage“ zur Verfügung stellen.

Die Bürgerinitiative habe „erhebliche Zweifel“, schreiben Barachino und Fecht, ob es rechtlich sauber ist, „wenn in einer so wichtigen, naturschutzfachlichen Frage lediglich mit einer sogenannten Tischvorlage gearbeitet werden soll und eine Beschlussfassung ohne die gebotene Information und umfängliche Unterrichtung geplant ist“.

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