Pferde getötet und gequält? Saar-Gericht verurteilt Tierarzthelferin – Verteidiger spricht von „Bauernopfer“

Update | Saarbrücken · Eine frühere Tierarzthelferin, die im Saarland Pferde getötet und gequält haben soll, ist zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden.

  Der Eingang des Amtsgerichts Saarbrücken.

 Der Eingang des Amtsgerichts Saarbrücken.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Es war ein ungewöhnlicher Fall, der das Amtsgericht Saarbrücken seit Anfang Dezember beschäftigt hat. So wie es ähnliche Fälle in Kliniken oder Altenheimen gibt, soll eine 31 Jahre alte frühere Tierarzthelferin ihren Patienten-Pferden tödliche Medikamente verabreicht haben.

Für das Gericht stand die Schuld der Angeklagten außer Zweifel. Wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verurteilte es sie zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Zusätzlich muss die Frau 1800 Euro an den Tierschutzbund zahlen.

Das Gericht folgte mit seiner Freiheitsstrafe dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt. Die Angeklagte hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und in ihrem Schlusswort betont, sie habe „definitiv nichts damit zu tun“.

Für das Gericht gab es jedoch keinen Zweifel an der Täterschaft der 31-Jährigen. Die frühere Mitarbeiterin einer Pferdeklinik in Überherrn soll ohne tiermedizinische Berechtigung und Indikation Pferden in der Klinik und in einem Stall in Dudweiler Narkosemittel injiziert haben. Zwei Tiere starben an dem Wirkstoff, der im Blut nachgewiesen wurde, zwei weitere mussten wegen der Folgen eingeschläfert werden. Drei Pferden wurden zudem länger anhaltende, erhebliche Schmerzen zugefügt.

Sowohl Richter als auch Oberstaatsanwalt waren davon überzeugt, dass die Angeklagte noch für weitere Fälle verantwortlich sei. Dass diese nicht angeklagt wurden, sei nur darauf zurückzuführen, dass von jenen Pferden keine Blutproben vorgelegt hätten.

Tierärztin Bianca Schwarz, die damalige Leiterin der Pferdeklinik, deren eigenes Pferd zu jenen zählte, das ohne ersichtlichen Grund akutes Herz-Kreislaufversagen erlitt und eingeschläfert werden musste, hatte insgesamt 15 Fälle gesammelt, die ihrer Ansicht nach auf dieselben Ursachen zurückgingen.

Die Europäische Spezialistin für Innere Medizin des Pferdes hatte umfangreiche Recherchen angestellt, um die Ursachen für den Tod der Tiere zu finden. Hinweise auf Verunreinigungen im Heu oder Viren-Erkrankungen fanden sich nicht, stattdessen entdeckte sie, dass bei allen Fällen die Angeklagte in direktem Umfeld der Pferde gewesen war. Zudem wurden in deren Auto jene Medikamente gefunden, deren Substanz später im Blut der betroffenen Tiere nachgewiesen wurde.

„Es kann nur die Angeklagte gewesen sein und sonst niemand“, sagte Oberstaatsanwalt Christoph Rebmann. Strafverschärfend müsse man berücksichtigen, welches „emotionale Band“ die Besitzer zu den betroffenen Pferden gehabt hätten. Das bestätigte auch Richter Thomas Haug: „Nicht nur den Tieren ist großes Leid zugefügt worden, sondern auch den Haltern.“

Verteidiger Fred Valentin hingegen hatte von einem „Bauernopfer“ gesprochen. Seine Mandantin „soll herhalten für Dinge, mit denen sie nichts zu tun hat.“ Zwar wolle er niemanden in die Verantwortung ziehen, doch habe die Klinik schließlich „hohes Interesse daran, Pferde festzuhalten und therapieren zu können.“ So sei es möglich, dass man den Tieren bewusst die Beruhigungsmittel indiziert habe, um länger behandeln und mehr abrechnen zu können.

Die Frage nach dem Motiv der Angeklagten blieb bei dem Prozess offen. Anhaltspunkte für eine psychologische Störung hatte eine Gutachterin nicht gefunden. „Warum quälen Menschen überhaupt Tiere?“ fragte sich auch der Richter. Kriminologen sähen, dass dies aus einem Allmachtsgefühl heraus geschehe und Tiere als Blitzableiter für innere Spannungen benutzt werden. Denkbar sei auch, dass man sich gleichzeitig als helfender Kümmerer präsentieren und soziale Anerkennung erhalten wolle.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Noch im Gerichtssaal legte der Verteidiger Berufung ein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort