Sensation im Saarbrücker Stadtrat Sabine Dengel wird neue Kulturdezernentin

Saarbrücken · Überraschung im Saarbrücker Stadtrat: In geheimer Wahl erteilten 32 von 63 Stadtverordneten dem Kandidaten der CDU/Grünen-Mehrheit eine Abfuhr und wählten die parteilose Kandidatin.

  Die künftige Dezernentin Sabine Dengel ist Saabrückerin und arbeitet noch für die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn. 

 Die künftige Dezernentin Sabine Dengel ist Saabrückerin und arbeitet noch für die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn. 

Foto: BeckerBredel

Fassungslosigkeit. Die einen wollten es nicht glauben, die anderen auch nicht. Bei den einen wich die Fassungslosigkeit nach einigen Sekunden der Freude. Bei den anderen blieb das Entsetzen, als Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) am Dienstag gegen Viertel vor sechs das Ergebnis der Wahl zur neuen Leitung des Dezernats für Bildung, Kultur und Jugend bekannt gab: 32 Stimmen für Sabine Dengel, die parteilose Kandidatin, die von der SPD unterstützt wurde, nur 27 Stimmen für den von der CDU und den Grünen vorgeschlagenen Kandidaten Torsten Reif.

Die 18 CDU-Stadtverordneten stehen geschlossen hinter Torsten Reif hatte der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion, Sascha Zehner, kurz zuvor verkündet. Yvonne Brück, die Vorsitzende der Grünen-Stadtratsfraktion, hatte versichert, dass alle 14 Stadtverordneten ihrer Partei Reif, der bis vor wenigen Tagen selbst noch Vorsitzender der Fraktion war, unterstützen. Demnach hätte Reif die 32 zur Wahl ausreichenden Stimmen bekommen müssen. Ihm fehlten am Ende aber fünf Stimmen. Einzelne Stadtverordnete hatten auch für andere Bewerber von der Liste mit 24 Namen gestimmt.

Während sich fünf Stadtverordnete aus den Reihen der Grünen und der CDU in geheimer Abstimmung vom Kandidaten Reif verabschiedet haben, hat die FDP, der dritte Partner in der sogenannten Stadtrats-Jamaikakoalition, sich bereits zuvor ganz offen gegen Reif und für Sabine Denglel ausgesprochen. Im Bauauschuss des Stadtrats habe Reif überzeugt durch seine Arbeit, aber hier gehe es um Bildung und Kultur. Und da sei Dengel die deutlich bessere Wahl. „Wir wollen in der Landeshauptstadt eine Liga höher spielen als bisher, nicht eine Liga tiefer“, begründete Isringhaus die Entscheidung der drei FDP-Stadtverordneten.

Dass Dengel in einer anderen Liga spielt als Reif, hat sich bereits bei der Prüfung der Bewerbungsunterlagen gezeigt. Sabine Dengel hat an der Saar-Universität Politikwissenschaft studiert und in diesem Fach auch einen Doktortitel erworben. Sie war an der Uni auch Lehrbeauftragte im Bereich Erziehung/Bildung, hat unter anderem in Niedersachsen als Projektleiterin Schulkinowochen gemanagt, aber auch für die Saarbrücker Festivals Max-Ophüls-Preis und Perspectives gearbeitet. Nachdem sie bei der Bundeszentrale für Politische Bildung in Bonn zunächst Leiterin der Projektgruppe „Politische Bildung und Kultur“ war, ist sie dort jetzt Leiterin des Fachbereichs Förderung. Reif hat eine Lehre als Bankkaufmann, ein abgebrochenes Studium und parteipolitische Arbeit für die Grünen vorzuweisen.

Zehner versuchte zwar, Dengels Qualifikationen herunterzuspielen, in dem er davon sprach, dass es „nicht um eine Auslese nach irgendwelchen Papierqualifikationen“ gehe und Reif „nicht nur ein guter, sondern der beste Bewerber“ sei. Aber damit überzeugte er letztendlich nicht einmal die eigene Koalition.

Vertreter der Linken, der Fraktion und der AfD hatten zuvor bereits wie die SPD vor einer Wahl Reifs gewarnt. Es sei politische Heuchelei, wenn man beklage, dass in Wirtschaftsunternehmen hauptsächlich Männer in Führungspositionen kommen, obwohl eine gleich- oder besser qualifizierte Frau sich beworben habe, nun aber in der Politik genau so handle, gab der Vorsitzende der Linken-Stadtratsfraktion, Michael Bleines zu bedenken.

Der Vorsitzende der Fraktion, also der Ratsgruppe der Satireorganisation Die Partei, Michael Franke, hatte sich zuvor einen Ordnungsruf des Oberbürgermeisters eingefangen. Er hielt einen Stock hoch und fragte ob seine Fraktion auch dieses leicht grün bemooste Stück Treibholz als Kandidaten aufstellen dürfe. Das sei eine „Herabwürdigung“ des Grünen-Kandidaten befand Uwe Conradt. „Aber Sie kennen das Treibholz doch gar nicht“, entgegnete Franke, und ergänzte: „Es war auf der Baumschule.“ Die Frage die sich nun, am Tag nach der Wahl, aufdrängt: Wie geht es weiter mit Jamaika in Saarbrücken?

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