Ein kleiner Reinfall Oh, geh fort

Manche Dinge muss man nicht verstehen. Gelegentlich auch nicht in der Gastronomie. Da darf man nach einem verhunzten Essen die Rechnung begleichen, kriegt aber ein Getränk auf Haus. Wie gesagt, man muss im Leben nicht alles verstehen. 

Ein kleiner Reinfall: Oh, geh fort
Foto: SZ/Robby Lorenz

Verabredung in der Landeshauptstadt in einer angesagten Location.  Das spricht sich Locäääschen aus und ist der neudeutsche Ersatz fürs Gasthaus. Nun, der Appetit ist gewaltig, die Vorfreude aufs Essen dementsprechend. Eine Freundin begleitet mich, sodass es unterhaltsam wird. Lauter nette, junge  Leute im Service, hier fühlt der Gast sich wirklich wohl. Und jetzt geben wir die Bestellung auf. Heute Abend soll’s ein Nizza-Salat sein. Der kommt auch recht geschwind um die Ecke und sieht ganz prima aus. Mahlzeit! Doch nach jedem Bissen  gehen die Mundwinkel deutlich nach unten. Die harten Tomaten schmecken leider sehr wässrig. Das könnte er vielleicht sein, der vierte Aggregatzustand von Wasser - nach fest, flüssig und gasförmig.  Man will sich aber von ein paar kleinen roten Kugeln nicht den Abend verderben lassen, und so probieren wir mal den grünen Salat. Doch der schlägt die Tomaten um Längen. Weil er nicht wässrig ist, sondern ungenießbar. Die Blätter schmecken leider scheußlich weil welk. Nun wird es wohl der Thunfisch richten. Es bleibt bei dem Gedanken, denn auch er ist alles andere als eine Empfehlung. Einzig die hart gekochten Eier sind nicht zu beanstanden. Um nicht wegen grundloser Nörgelei aufzufallen, lasse ich noch meine Tischnachbarin probieren. Und sie kommt rasch zum selben Urteil. Meine Güte, war das ein Reinfall. Der Teller geht fast voll wieder zurück in die Küche. „Hat’s geschmeckt?“, fragt trotzdem die junge Frau, die das Geschirr abräumt. „Nein“, sage ich, und es ist wohl das erste Mal, dass ich das wage. Um ein „Sie können ja nichts dafür“  noch anzufügen. Was dann kommt, strapaziert meinen Verstand: die Entschuldigung  in Form eines Espresso, der aufs Haus geht.  Donnerwetter, ein nicht bestelltes Getränk als „Wiedergutmachung“ für einen lausigen Salat. Das ist in etwa so, als wenn der Handwerker die teure Wohnzimmertapete verhunzt und als Ausgleich deine Küche grün streicht. Heinz Becker würde sagen: „Oh, geh fort!“

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