Workshop in Saarbrücken Neue Bremm: Wie Jugendliche sich mit Graffitis an Nazi-Verbrechen erinnern

Saarbrücken · Das Schicksal der Gefangenen in dem ehemaligen Gestapo-Lager war am Wochenende Thema eines zweitägigen Workshops des Landesjugendrings.

 Am Sonntag besprühten die Workshop-Teilnehmer Leinwände, die drei Lagerinsassen der Neuen Bremm gewidmet sind.

Am Sonntag besprühten die Workshop-Teilnehmer Leinwände, die drei Lagerinsassen der Neuen Bremm gewidmet sind.

Foto: Sebastian Dingler

Wie kann man abseits vom Geschichtsunterricht bei jungen Menschen die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten aufrechterhalten? Am besten, indem man das, was Jugendliche interessiert, mit dem verbindet, was sie begreifen und später einmal weitergeben sollen. Dieser Gedankengang führte am Wochenende zu einem Sprayer-Workshop auf dem Vorplatz der Europa-Galerie.

Unter Anleitung der saarländischen Graffiti-Künstlerin Amélie Kremer gestalteten Jugendliche dort Kunstwerke, die an das Schicksal der Gefangenen im Gestapo-Lager Neue Bremm erinnern. Die Einrichtung der Nazis bestand ab 1940 wohl zunächst als Arbeitslager. 1943 wandelte es die Gestapo in ein sogenanntes Polizeigefängnis um. Die Häftlinge wurden dort schwer gequält und misshandelt, einige Hundert erlagen den Torturen. Der Überlebende Roger Vanovermeir sagte: „Es war nirgends so schlimm wie auf der Neuen Bremm.“ Heute erinnert eine Gedenkstätte an die unvorstellbaren Menschenrechtsverletzungen der Nazis.

„Das Wissen um die Existenz dieses Ortes und die Erinnerung an die damit verbundene Geschichte scheint immer weiter zu schwinden“, heißt es in der Presseerklärung zur Aktion. Diese ging vom Projekt „Damit kein Gras drüber wächst“ des Landesjugendrings Saar aus, mit Unterstützung der Awo Fankontaktstelle „Innwurf“, dem Jugendclub DAJC und der Jugendkirche „Eli.ja“. Finanziert wird das Projekt zu 90 Prozent vom Förderprogramm „Jugend erinnert“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Nachdem die neun Jugendlichen samstags der Gedenkstätte einen Besuch abgestattet hatten und über die Hintergründe des Lagers informiert worden waren, ging es sonntags an die Spraydosen. Künstlerin Kremer hatte dazu bereits Vorlagen der drei Neue-Bremm-Insassen Clémence Jacques, Roger Vanovermeir und Polina Tichovskaja gefertigt.

Wie Projektleiterin Lisa Denneler sagte, seien die Jugendlichen sehr interessiert gewesen, sowohl an der Geschichte als auch am Sprayen. Das Lager hätten tatsächlich alle neun noch nicht gekannt. Der 14-jährige Paul Henry Adam aus Sitterswald meinte, die zwei Tage seien perfekt gewesen, er habe viele Informationen bekommen und zum ersten Mal mit der Spraydose hantiert. Dem schloss sich der 15-jährige Benjamin Aufsatz aus Güdingen an: „Mir hat es viel Spaß gemacht. Die Einblicke darin, wie es früher war, waren spannend und sehr informativ. Das ist schon sehr berührend, was da passiert ist, das war echt nicht gut.“ Die Freundinnen Marie Herold und Lea Juhasz, beide 19 Jahre als, waren sogar aus Althornbach und Zweibrücken angereist. „Wir hatten den Geschichte-Leistungskurs und wollten uns mit dem Thema auch mal außerhalb des schulischen Rahmens auseinandersetzen.“ Amélie Kremer gibt seit fünf Jahren Workshops, seit einem Jahr studiert sie Freie Kunst und Kunstwissenschaft in Kassel. Die 21-Jährige ist in erster Linie Graffiti-Künstlerin. Wichtig ist ihr folgendes: „Graffiti ist ein wichtiges künstlerisches Werkzeug, um generell gesellschaftliche oder historische Ereignisse sichtbar zu machen. Es hat heute einen anderen Stellenwert als vor zehn Jahren.“

Die auf Leinwand gesprayten Bilder wurden am Sonntag im Jugendgottesdienst von „Eli.ja“ gezeigt. Anschließend sollen die Werke zunächst in den beteiligten Jugendeinrichtungen ausgestellt werden. Zudem ist geplant, dass sie auch bei einer Gedenkfeier der Initiative Neue Bremm am 18. September gezeigt werden sollen.

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