Nach Woolworth-Urteil profitieren auch andere Corona-Verordnung im Saarland: Für welche Läden keine 2G-Regel mehr gilt

Saarbrücken · Die Landesregierung hat die Corona-Verordnung auf Grund der Gerichtsniederlage gegen Woolworth angepasst. Alle Haushaltswaren-Anbieter können sich nun freuen. Derweil klagen Elektrofachmärkte auf Gleichbehandlung.

 Nicht nur Kunden verwirren die verschiedenen Zugangregelungen für Geschäfte. Auch Händler fühlen sich nicht gerecht und gleich behandelt und klagen gegen die Verordnungen.

Nicht nur Kunden verwirren die verschiedenen Zugangregelungen für Geschäfte. Auch Händler fühlen sich nicht gerecht und gleich behandelt und klagen gegen die Verordnungen.

Foto: BeckerBredel

Woolworth siegt – und alle Haushaltswarenhändler im Saarland können sich mit freuen, etwa die Kette Tedi. Denn auf Grund des Beschlusses, der am 27. Dezember vom Saarlouiser Oberverwaltungsgericht erging (die SZ berichtete), hat die Landesregierung die Passage in der Corona-Rechtsverordnung neu formuliert, die die „privilegierten“ Betriebe betrifft, die als Grundversorger des täglichen Bedarfs von der 2G-Regel im Handel ausgenommen sind. Sie dürfen alle Kunden ohne Kontrolle der Impfausweise rein lassen, also auch Ungeimpfte.

Neu von 2G im Saarland ausgenommen: Haushaltswaren-Läden wie Tedi

Die Liste, die neben dem Lebensmittelhandel unter anderem Babyfachmärkte, Floristen, Baumärkte und Optiker umfasst, wurde am Donnerstag um eine Position erweitert: „Haushaltswaren“. Außerdem wurde zum Thema Mischsortimenter eine Präszisierung vorgenommen: Hieß es zuvor, in solcherart Geschäften müsse es einen „wesentlich“ überwiegenden Anteil von Waren des täglichen Bedarfs geben, wird die Quote nun auf 85 Prozent festgelegt. Diese veränderte Rechtsverordnung tritt am Freitag, 31. Dezember, in Kraft und gilt bis 13. Januar 2022. Alle anderen Bestimmungen der alten Rechtsverordnungen bleiben unverändert.

Anders als vom Handelsverband Saarland (HDE) gefordert, hat die Landesregierung die 2G-Regel also nicht in Gänze gekippt, anders als in Niedersachsen, wo dies nach einem ähnlichen Woolworth-Urteil geschah. Zudem dürfte die Formulierung „Haushaltswaren“ kaum dem genügen, was der HDE-Geschäftsführer Fabian Schulz mit einer glasklaren Fassung der Rechtsverordnung meinte, die seiner Meinung nach nicht mehr von Ordnungsämtern auslegbar sein sollte.

Denn es stellt sich die Frage, ob Firmen wie WMF, die auch viele Klein-Haushaltsgeräte anbieten, oder Mischmärkte, die Kleinmöbel und Dekoartikel vermarkten, unter die Befreiung fallen. Wie soll zudem kontrolliert werden, ob ein Mischsortimenter tatsächlich 85 Prozent des Umsatzes durch Artikel des täglichen Bedarfs macht? Und was bedeutet die Neufassung für Woolworth? Das Unternehmen hatte in der Begründung der Klage am OVG Saarlouis angegeben, 60 Prozent des Sortimentes bestünde aus Haushaltswaren, 40 Prozent aus Textilien? Auf den Handelsverband Saarland kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit durch diese Neufassung wieder einmal eine Unmenge Anfragen zu.

Elektrofachmarkt-Kette reicht Klage im Saarland ein

Derweil hat ein Elektrofachmarkt-Unternehmen, das bundesweit viele Standorte und auch im Saarland mehrere Filialen unterhält, eine Klage beim OVG eingereicht. Das teilte das Saarlouiser Gericht in einer Pressemitteilung mit. Offen blieb, um welchen Anbieter es sich handelt. SZ-Anfragen bei Mediamarkt/Saturn und Alpha Tecc blieben zunächst unbeantwortet.

Es handelt sich um ein Normenkontrollverfahren und ein Eilverfahren. Die Antragsteller wenden sich gegen Regelungen in der Corona-Verordnung, durch die sie sich in ihren Grundrechten auf Berufsausübungsfreiheit und auf Schutz des Eigentums verletzt sehen. Die 2G-Regelung halten sie für unangemessen. Diese Argumentation hatten auch die Woolworth-Rechtsanwälte vorgetragen, doch die Saarlouiser Richter waren ihnen nicht gefolgt. Zum Schutz der Bevölkerung dürfe der Staat solch’ harte Eingriffe verfügen, hieß es sinngemäß im Beschluss vom 27.12.. Mutmaßlich werden die Elektrofachmärkte in diesem Punkt also ebenfalls kaum obsiegen.

Laut Pressemitteilung des OVG beziehen sich die Antragsteller zusätzlich aber auch auf die aktuelle Woolworth-Entscheidung. Woolworth hatte eine Ungleichbehandlung geltend gemacht. Mitbewerber dürften die selben Waren an Ungeimpfte verkaufen, die Woolworth nur Geimpften anbieten dürften. Die Richter befanden, dass es tatsächlich keinen „sachlichen Grund“ dafür gibt, warum Woolworth mit seinem Mischsortiment nicht auch in die Gruppe der privilegierten Betriebe aufgenommen werden kann. Die Landesregierung müsse, wenn sie Ausnahmen mache, diese in der Verordnung ausführlich und präzise begründen. Doch in die Neufassung, die ab 31. Dezember gilt, wurde nichts dieser Art aufgenommen.

Nun rügen auch die Elektrohändler einen Verstoß gegen den Gleichheits-Grundsatz. Sie müssten mit ansehen, wie benachbarte Einzelhändler mit Mischsortiment auf zum Teil großen Verkaufsflächen Elektronikwaren auch an Ungeimpfte verkauften.

Die Klage ging wenige Stunden vor der Neufassung der Corona-Verordnung beim Saarlouiser Gericht ein. Hinfällig ist sie dadurch nicht. Auf SZ-Anfrage teilt das OVG mit: „Der zuständige Senat wird das Eilverfahren auf der Grundlage der neuen beziehungsweise zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechtslage zu entscheiden haben. Das kann, muss aber nicht zu einer Zurückweisung führen.“

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