Neue Autobahn GmbH startet trotz Corona im Januar Schnelleres Bauen, weniger Staus, mehr Infos: So sollen Saarlands Autobahnen besser werden

Saarbrücken/Montabaur · Viele Autofahrer fluchen über viele Baustellen auf den Autobahnen. Künftig ist der Bund dafür zuständig. Eine neue Gesellschaft strebt auch im Saarland Verbesserungen an. Der zuständige regionale Chef verrät, wie das passieren soll.

 Die Langzeitbelichtung zeigt Leuchtspuren von PKW und LKW auf einer Autobahn.

Die Langzeitbelichtung zeigt Leuchtspuren von PKW und LKW auf einer Autobahn.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Trotz Corona will die neue Autobahngesellschaft des Bundes auch in Rheinland-Pfalz, Südhessen und im Saarland pünktlich am 1. Januar 2021 an den Start gehen. Die künftig dafür zuständige Niederlassung West in Montabaur im Westerwald soll nach eigenen Worten „in den Folgejahren das größte Autobahnbestandsnetz aller bundesweit zehn Niederlassungen betreuen“. Ihr designierter Leiter Ulrich Neuroth sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es wird ein Kraftakt, aber ich bin optimistisch, dass wir am 1. Januar den Hebel umlegen können. Wir sind auf Kurs.“ Mehr Homeoffice, mehr Videoschalten, einige Baufirmenausfälle bei Baustellen: Corona wirke sich auch auf überregionale Straßenverwaltungen aus.

Bei einer der größten Reformen der Verkehrspolitik geht es um schnelleres Planen und Bauen, weniger Staus und mehr Informationen für Autofahrer aus einer Hand. Bisher gibt der Bund als Eigentümer das Geld, die Länder sind für Planung, Bau und Betrieb zuständig.

Die künftige Niederlassung West sucht laut ihrem designierten 62-jährigen Chef rund 150 Fachkräfte auf dem freien Markt. Etwa 50 sollen bereits 2020 eingestellt werden, die übrigen rund 100 nächstes Jahr. Etwa 1200 Mitarbeiter würden von den Straßenbauverwaltungen in Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland übernommen. Macht künftig zusammen ungefähr 1350 Beschäftigte.

Gezwungen werde keiner zum Übertritt in die Autobahn GmbH, versichert Neuroth. „In Rheinland-Pfalz haben wir eine hohe Zustimmungsquote von 95 oder 96 Prozent erreicht. Im Saarland ist sie noch höher, in Südhessen niedriger.“ Mitarbeiter könnten auch formal in ihrem Landesdienst und damit im öffentlichen Dienst bleiben, aber für die neue privatwirtschaftliche GmbH des Bundes arbeiten. Direkt dort beschäftigte Straßenwärter zum Beispiel verdienen laut Neuroth jedoch mehr. „Das ist für sie eine psychologische Entscheidung: traditioneller öffentlicher Dienst mit starker Personalvertretung oder etwas mehr Geld in einer unbekannten neuen GmbH.“

Damit es weniger Staus gibt, sollen die Verkehrszentralen der Bundesländer untereinander besser vernetzt werden und in Frankfurt eine übergeordnete Zentrale entstehen. „Es gibt zum Beispiel schon überregionale Umleitungskonzepte über Landesgrenzen, aber die müssen noch manuell angestoßen werden“, erklärte der Leitende Baudirektor Neuroth. „Wir müssen hier künftig ganze Korridore betrachten, etwa von München bis Hamburg.“ Im Glasfasernetz neben Autobahnen gebe es auch immer noch Kupferkabelstrecken - die müssten ersetzt werden.

Verbessert werden soll zudem das Baustellen-Management mit zentraler Steuerung statt Führungen in jedem Bundesland. „Diese verschiedenen Erfahrungen müssen gesammelt werden - "learn from the best" (von den Besten lernen) heißt da die Devise“, sagte Neuroth. Ziele seien unter anderem mehr digitales Bauen und verschlankte Vergabeverfahren. Dabei solle bei Baustellen die Zahl der Fahrspuren möglichst stets gleich bleiben. „Das ist ein ganz hohes Gut für Autofahrer. Bei Corona haben wir mal zeitweise eine Spur weggenommen, aber das muss eine Ausnahme bleiben“, betonte Neuroth.

Die Niederlassung West der neuen Autobahn GmbH soll rund 1600 der bundesweit etwa 13 000 Streckenkilometer in Rheinland-Pfalz außer der Südpfalz, in Südhessen und im Saarland betreuen. Zu ihr gehören eine in Montabaur integrierte Außenstelle, die drei künftigen hessischen Außenstellen Frankfurt/Gelnhausen, Wiesbaden und Darmstadt sowie eine weitere im saarländischen Neunkirchen. Eine sechste Außenstelle soll später im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach entstehen. Hinzu kommen 22 Autobahnmeistereien.

Eine der größten Herausforderungen sind viele sanierungsbedürftige Streckenabschnitte und Brücken vornehmlich aus den sechziger und siebziger Jahren. Die künftige Niederlassung West ist auch für mehr als 2000 Brücken und fast 400 Lärmschutzwände zuständig. „Ganz ohne Staus geht es nie“, sagte Neuroth. „Prügel bekommen wir immer.“

Der ADAC hatte kürzlich von großen Erwartungen an die neue Autobahngesellschaft gesprochen. Der Nutzen der bundesweiten Koordinierung werde sich aber schrittweise entwickeln. Auch Europas größter Verkehrsclub betonte zudem, wegen des Sanierungsstaus würden Autofahrer weiterhin mit Baustellen und Staus leben müssen.

(dpa)
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