„Zwischen Gentrifizierung und Größenwahn“ Zweiter Tag des Nauwieser Fests beginnt mit emotionaler Diskussionsrunde über die Zukunft des Viertels
Saarbrücken · Gentrifizierung oder Größenwahn? Der zweite Tag des Nauwieser Fests in Saarbrücken begann mit einer Podiumsdiskussion über die Zukunft des Kultviertels. Neben der Gentrifizierung waren Klimaschutz, Parkplatzproblematik und Fahrradsicherheit Thema. Auch Oberbürgermeister Uwe Conradt meldete sich zu Wort.
So war der Samstag beim Nauwieser Fest in Saarbrücken
„Herzlich Willkommen zum zweiten Festtag des Nauwieser Viertels!“ So eröffnet Frank Schilz, Mit-Initiator des Viertelfests, die Talkrunde auf der Bühne des Max-Ophüls-Platz in Saarbrücken. Nach ein paar Minuten Verspätung beginnt am Samstagmittag die Gesprächsrunde „Das Viertel zwischen Gentrifizierung und Größenwahn“. Mit etwa 50 Zuschauern ist der Platz zu Beginn der Veranstaltung noch relativ leer – Kein Wunder, denn die letzten Feierlustigen des gestrigen Abends sind erst vor wenigen Stunden in die Betten gefallen. Nach einer kurzen Begrüßung durch Schilz werden alle Mitredner vorgestellt. „Wir haben hier eine gute Mischung aus Viertelliebe und Viertelkompetenz“, betont er. Neben Murat Ekinci, dem Inhaber des Dönerladens „Peace Kebab“, Ingrid Kraus aus dem Vorstand des Kultur- und Werkhofs Nauwieser Neunzehn, dem Architekten Mario Krämer und dem Stadtplaner Gerhard Lukas ist Stadtplaner ist auch SPD-Mitglied und Landtagsabgeordneter Sascha Haas vertreten. Die Runde sei zusammen gekommen, um über die Veränderung des Saarbrücker Stadtteils, über den Abriss geschichtsträchtiger Häuser und mögliche Maßnahmen zu sprechen, erklärt Schilz dem Publikum.
Der Samstag startet mit einem emotionalen Programmpunkt
„Was bedeutet Gentrifizierung denn überhaupt?“ Mit dieser Frage startet er daraufhin die Diskussionsrunde. „Ein Austausch ganzer Bevölkerungsgruppen durch einen sozialen und ökonomischen Strukturwandel“, beantwortet er seine eigene Frage. „Gentrifizierung macht vor den wenigsten Städten Halt“, betont Sascha Haas im Anschluss. Es sei eine normale Entwicklung, die man als Politiker begleiten müsse. „Wenn man als Stadt Teil des Immobilienmarktes ist, kann man mitentscheiden, wie sich Immobilienpreise verändern und wie der Wohnraum gestaltet wird.“ Es sei eine falsche Entscheidung der Stadt, diese Immobilien zu verkaufen und so diese Entscheidungsmacht darüber abzugeben. Die Zuschauer – mittlerweile auf die doppelte Menge gewachsen – applaudieren zustimmend.
Neben Gentrifizierung spielt auch der Straßenverkehr eine Rolle
Der Wandel hin zu attraktivitätssteigernden Läden und zahlungskräftigeren Mietern sei bereits seit Jahren ein kritisch betrachtetes Thema im Viertel, kommentiert Schilz. „Ich wohne schon 32 Jahre im Nauwieser Viertel und Mieterhöhungen gibt es immer wieder“, erklärt Ingrid Kraus. Trotzdem gebe es immer noch eine Durchmischung der älteren Generationen, die in ihren Wohnungen bleiben konnten und den jungen Akademikern und Studenten, was für den Charme des Viertels äußerst wichtig sei. Doch nicht nur die Gentrifizierung der Stadt war ein Thema. Auch der allgemeine Wandel des Stadtteils beschäftigte die Redner. So wurden auch Klimaschutz, die Begrünung des Viertels, die bekannte Parkplatzproblematik und die ausbaufähigen Fahrradzonen thematisiert. Insbesondere die Kritik an der fehlenden Sicherheit für Fahrradfahrer, die einen großen Teil des Stadtverkehrs ausmachen, erntet Begeisterung im Publikum.
„Wir müssen alle an einem Strang ziehen“
Zum Schluss stellt Schilz die entscheidende Frage in die Runde: „Welche Veränderungen sind wichtig für das Viertel?“ Während Haas insbesondere auf das Schaffen von Wohnraum und sicheren Fahrradzonen abspielt, steht die Aufwertung des Viertels und die Verbesserung des Nahverkehrs für die restlichen Redner an erster Stelle. Auch Oberbürgermeister Uwe Conradt nimmt kurz Stellung: „Wir brauchen Wohnraum im Viertel, für Menschen, die da sind und Menschen, die kommen wollen. Es ist nicht die Frage, ob man es gut oder schlecht macht, sondern wie wir die Situation verbessern können.“ In einem Punkt sind sich alle einig: „Wir wollen ein Viertel mit Wohnqualität und dafür müssen wir alle an einem Strang ziehen.“