Vom Winterberg in den Hesseweg Nach Umzug: So viel schneller erreichen Notärzte Patienten in Saarbrücken jetzt

Saarbrücken · Seit die Notarzt-Einsatzfahrzeuge für Saarbrücken nicht mehr vom Winterberg, sondern vom Hesseweg aus starten, werden Patienten schneller erreicht. Eine erste Bilanz.

 Dr. Christian Weth und Holger Neubert (v.l.) stehen vor einem Notarzteinsatzfahrzeug der Berufsfeuerwehr Saarbrücken im Hessenweg in St. Johann. Von dort aus sind die Einsatzfahrzeuge nun im Schnitt 41 Sekunden schneller am Einsatzort, als noch vom früheren Fahrzeug-Standort auf dem Winterbeg.

Dr. Christian Weth und Holger Neubert (v.l.) stehen vor einem Notarzteinsatzfahrzeug der Berufsfeuerwehr Saarbrücken im Hessenweg in St. Johann. Von dort aus sind die Einsatzfahrzeuge nun im Schnitt 41 Sekunden schneller am Einsatzort, als noch vom früheren Fahrzeug-Standort auf dem Winterbeg.

Foto: BeckerBredel

Der Notarzt in der Saarbrücker Innenstadt stand über Jahrzehnte auf dem Saarbrücker Winterberg und startete vom Klinikum zu Notfalleinsätzen in der City. Das bedeutete bei jedem Einsatz eine Anfahrt über die lang gezogene Theodor-Heuss-Straße in die Innenstadt.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat man sich zu einer grundlegenden Änderung entschieden: Man stationierte das Notarzteinsatzfahrzeug bei der Berufsfeuerwehr im Hessenweg, mitten in St. Johann. Jetzt hat die Feuerwehr Bilanz gezogen und sieht ausschließlich positive Effekte im Standortwechsel. Der wichtigste: Man ist schneller geworden. „Jeder Einsatz wird in einem Computer erfasst. Die Einsatzdaten können rückblickend genau ausgewertet werden. Dabei zeigt sich, das der Notarzt seit der Umstellung im Durchschnitt 41 Sekunden schneller an der Einsatzstelle ist“, sagt Holger Neubert aus dem Einsatzführungsdienst der Berufsfeuerwehr. Da es sich um einen statistischen Wert handele, wisse man, dass man bei vielen Notfällen noch viel mehr Zeit gewinne.

„Wir sagen ja immer, dass bei einem Schlaganfall oder einer akuten Herzerkrankung jede Sekunde zählt. Das kann man durchaus wörtlich nehmen“, ergänzt Dr. Christian Weth, Oberarzt am Klinikum Saarbrücken und Leiter des Notarztdienstes. „Wenn man weiß, dass ein Gehirn bei einem Kreislaufstillstand nach drei Minuten irreparabele Schäden erleidet, sind 41 Sekunden wesentlich“, so der Notfallmediziner. Die 41 Sekunden seien dabei natürlich nicht allein entscheidend, man habe auch an anderen Stellen in der Rettungskette in der vergangenen Jahren vieles optimiert. Von der Notrufabfrage am Telefon bis zur Weiterbehandlung in der Klinik.

„Wir haben in allen Notaufnahmen im Land einen Bildschirm, der genau anzeigt, wann ein Notfallpatient erwartet wird. Der Monitor zeigt an, welches Rettungsmittel einen Patienten bringt, an was dieser Patient vermutlich leidet und wie viele Minuten es bis zum Eintreffen dauert. Das Personal kann sich optimal vorbereiten. Bei Herzpatienten senden wir das Ergebnis eines vor Ort durchgeführten EKGs direkt per Mobilfunk in die Klinik. Die Kollegen bewerten das EKG, und der Patient kann eventuell ohne weitere Untersuchung direkt zum Katheterplatz gebracht werden. Auch hier wird Zeit gespart. Das funktioniert“, sagt Weth. Optimiert habe man zudem die Behandlung von Schlaganfallpatienten.

Die Notärzte würden am Einsatzort einen einfachen Check durchführen, mit dem man die Wahrscheinlichkeit eines Verschlusses einer Hirnarterie ermitteln könne. Dann werde der Patient zu einem der drei neurovaskulären Zentren gebracht, nach Homburg, zum Winterberg oder nach Püttlingen. Auch hier habe man den Rettungsdienst mit den Kliniken eng verzahnt. Die Standortverlegung in die Innenstadt habe weitere Vorteile.

Holger Neubert schätzt es sehr, dass die Notärzte nicht mehr aus dem Klinikbetrieb „weggepiepst“ werden, sondern „Teil der Schicht“ sind.

Notärzte und Rettungsdienstpersonal seien den ganzen Tag zusammen. Das ermögliche einen viel besseren Austausch vor und nach den Einsätzen: „Nach vielen Einsätzen können wir eine gezielte Nachbesprechung durchführen. Es gibt Feedbackbögen, die man ausfüllen und beraten kann. Wir lernen voneinander und optimieren ständig unsere Abläufe. Gerade nach Wiederbelebungen sehen auch die medizinischen Leitlinien solche Nachbesprechungen vor, die jetzt regelmäßiger stattfinden können. Außerdem reduzieren wir die psychischen Belastungen durch kollegiale Einsatznachbereitung. Wir können fachliche Fragen mit dem Arzt sofort klären, davon profitieren vor allem unsere Auszubildenden“, sagt Neubert. Damit dies nicht nur der Eigeninitiative überlassen sei, habe man Forbildungsreihen im Angebot für die 120 Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr im Rettungsdienst.

Im vergangenen Jahr habe man auf diese Weise 29 Rettungssanitäter und 11 Notfallsanitäter ausgebildet und das bei 2721 Notarzt-Einsätzen, die kontinuierlich ansteigen würden. Im Schnitt rücke der Notarzt mehr als sieben Mal am Tag aus, wobei das DRK die notärztliche Versorgung in Saarbrücken mit Notärztestandorten in Dudweiler und auf dem Rastpfuhl unterstütze und der Arbeiter-Samariter-Bund einen Notarztstandort in Brebach beisteuere. Aus der Luftrettung habe man die „7-4-7 Studie“ in den Tagesablauf der Rettungsteams integriert, ergänzt Weth. Auch das sei ein Ergebnis aus der Standortverlagerung. Man bespreche bei Dienstbeginn jeden Tag sieben Minuten lang sieben Themen aus der Notfallmedizin. Die Themen seien von den Autoren der Studie vorgegeben und würden jetzt auf die Gegebenheiten in Saarbrücken inhaltlich angepasst. Auf diese Weise würden auch Themen, die im rettungsdienstlichen Alltag seltener vorkommen, immer wieder vertieft.

Weth und Neubert ziehen abschließend eine ausschließlich positive Bilanz. Die Verlegung des Standorts habe den Rettungsdienst in der Innenstadt verbessert, nicht nur um 41 Sekunden.

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