Jonas Breßler hat Mukoviszidose „Man sieht mir nicht an, dass ich krank bin“

Frankenthal/Saarbrücken · Der 27-jährige Jonas Breßler leidet an Mukoviszidose und gehört zur Corona-Risikogruppe. Daher lebt er aktuell fast völlig isoliert. Wie geht er damit um? In einer Zeit, in der es nicht möglich ist, Freunde zu besuchen, sprach unser Mitarbeiter mit ihm über Video-Anruf.

 Jonas Breßler sagt: „Ich möchte das Beste aus den Jahren machen, die ich habe.“

Jonas Breßler sagt: „Ich möchte das Beste aus den Jahren machen, die ich habe.“

Foto: David Hoffmann

Die schönste Erkenntnis kommt bereits nach ein paar Minuten. Das Lachen ist Jonas Breßler nicht abhandengekommen. Und man hört sofort, dass es echt ist. Selbst wenn es nur via Video-Anruf über „FaceTime“ aus der fernen Vorderpfalz kommt. Persönliche Begegnungen sind für alle momentan nur sehr eingeschränkt möglich. Für den Frankenthaler gilt es noch mehr, sie zu vermeiden.

„Ich verlasse meine Wohnung im Moment fast gar nicht. Allerhöchstens mal für einen Spaziergang mit meiner Freundin“, erzählt er: „Direkten Kontakt habe ich außer zu meiner Freundin zu keinem.“ Aufgrund seiner Vorerkrankung ist die Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs einer Corona-Infektion deutlich erhöht. „Durch die Mukoviszidose habe ich bereits eine eingeschränkte Lungenfunktion, wodurch zum einen die Infektion an sich für mich besonders gefährlich wäre“, erläutert der 27-Jährige: „Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Langzeitschädigung der Lunge um ein Vielfaches höher.“ Daher befindet er sich seit fast zwei Wochen gewissermaßen in Quarantäne.

Seine Freundin muss ihr Leben ebenso einschränken. Denn würde sie sich infizieren, würde dies für Jonas Breßler eine große Gefahr bedeuten. Doch was macht es mit einem, wenn man tagtäglich mit einem solchen Risiko leben muss? „Ich versuche es auszublenden, da ich mich sonst verrückt machen würde. Aber es gibt Momente, in denen ich mir Gedanken mache“, gibt er offen zu. Direkte Angst verspüre er zwar nicht, doch er habe einen riesigen Respekt vor dem, was auf ihn zukommen könnte.

Während der 27-Jährige davon berichtet, kann man erahnen, wie schwer diese Momente sind. „Es herrscht bei vielen Betroffenen eine gewisse Angst vor, das ist deutlich zu spüren. Vor allem die Angehörigen machen sich großen Sorgen“, schildert er. Auch diese Perspektive kennt er allzu gut, da sein Bruder ebenfalls an Mukoviszidose erkrankt ist. „Um ihn bin ich eher besorgt als um mich selbst“, fügt er hinzu.

Schwer wiegt zudem die Frage, ob Jonas Breßler bei einer Corona-Infektion optimal versorgt werden kann. „Als Mukoviszidose-Patient muss ich im Krankenhaus eigentlich komplett isoliert werden, da beispielsweise Krankenhaus-Keime extrem gefährlich für mich sind. Doch es ist fraglich, ob das im Falle einer Überlastung der Krankenhäuser überhaupt möglich wäre“, äußert der Pfälzer seine Bedenken.

Gerade in dieser Situation sind er und viele andere Menschen aus Risikogruppen auf Solidarität aller angewiesen. Daher hat Jonas Breßler kein Verständnis, wenn sich nicht an die Anweisungen und Vorgaben der Behörden gehalten wird. „Ich kann nicht verstehen, dass sich Leute teilweise noch auf Weinfesten getroffen haben. Es muss sich jeder darüber im Klaren sein, dass es in erster Linie nicht um einen selbst, sondern um den Schutz derer geht, die besonders gefährdet sind“, appelliert er. Ein großes Problem sieht er darin, dass chronisch Kranke für die Gesellschaft nicht wirklich sichtbar seien. „Man sieht mir nicht an, dass ich krank bin. Vielen fehlt es an Bewusstsein und sie gehen gedankenlos mit der Situation um“, sagt er.

Trotz der ernsten Lage gewinnt man den Eindruck, dass der 27-Jährige sich nicht unterkriegen lässt. „Ich versuche, soweit es geht normal, weiterzumachen. Wir sind vor kurzem umgezogen und daher nutze ich die Zeit, um viel in der neuen Wohnung zu machen“, berichtet er. Nach seinem abgeschlossenen Studium in Geschichte, Englisch und Spanisch hat er kürzlich mit seiner Promotion an der Universität in Mainz begonnen. Dafür könne Jonas Breßler zu Hause etwas tun, auch wenn die Schließung der Bibliotheken für einige Verzögerungen sorge. Dennoch lässt er sich von seinem Optimismus nicht abbringen.  „Als ich mit 18 Jahren erfahren habe, dass ich wahrscheinlich nicht viel älter als 40 Jahre alt werde, habe ich nach einer schwierigen Zeit irgendwann meinen Frieden mit der Krankheit gemacht. Ich möchte das Beste aus den Jahren machen, die ich habe. Daran ändert Corona nichts“, blickt er nach vorn. In diesem Augenblick ist dann wieder ein Lachen in seinen Augen zu sehen.

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