Was Saarbrücker als Sommerlektüre empfehlen Mord, Nietzsche, Totschlag und Liebeleien

Saarbrücken · Urlaubszeit ist Lesezeit: Was Saarbrücker Künstler und Politiker als Sommerlektüre empfehlen.

 Ob am Meer, am Fluss oder einfach auf dem Balkon: Wer Ferien hat, hat Zeit zum Lesen.

Ob am Meer, am Fluss oder einfach auf dem Balkon: Wer Ferien hat, hat Zeit zum Lesen.

Foto: dpa/Frank Leonhardt

Die Sommerferien dauern noch, viele Menschen haben Ferien. Und egal, ob jemand verreist, es sich im Schwimmbad oder auf dem Balkon gemütlich macht, jetzt ist Sommerlektüre gefragt. Wir haben bekannte Saarbrücker gebeten, uns ihre Favoriten zu nennen. Zusammengekommen ist dabei ein kunterbuntes Potpourri von ernsthaften, lustigen, lehrreichen und unterhaltsamen Empfehlungen.

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz macht den Anfang: „Meine Empfehlung als Sommerlektüre ist das Buch „Die Schuld der anderen“ von Gila Lustiger. Ein Kriminalroman über einen politischen und wirtschaftlichen Skandal in Frankreich, der zum aktuellen politischen Hintergrund passt, die französische Gesellschaft authentisch widerspiegelt und sich sehr gut und spannend lesen lässt.“

Markus Trennhäuser, bekannt  als Rapper Drehmoment, liest Peter Scholl-Latour: Der Fluch der bösen Tat, Das Scheitern des Westens im Orient. „Ich finde dieses Buch hochinteressant, da es das aktuelle Chaos im Nahen Osten, von dem alle sagen, es wäre viel zu kompliziert, um es zu verstehen, ziemlich verständlich macht - und das gespickt mit hochbrisanten und für die öffentliche Meinungsbildung sehr wichtigen Fakten, die ich über die Mainstream-Medien noch nie erfahren habe, und ich frage: Warum nicht?

Juma Kliebenstein ist selbst Autorin, schreibt Kinderbücher, die unter anderem im renommierten Oetinger  Verlag erscheinen. Sie rät zu: Ulrike Reinker: Brehm 46.  „Wer wollte nicht immer schon einmal wissen, was sich hinter den Türen der Nachbarn verbirgt?

In diesem episodenhaften Roman lernt der Leser nach und nach alle Bewohner eines Düsseldorfer Mietshauses kennen und wird überrascht sein, wie sehr der äußere Schein manchmal trügt. Spannend und unterhaltsam, perfekt für die Sommerferien“.

Auch Kultusminister Ulrich Commerçon hat auf unsere Bitte nach Leseempfehlungen reagiert: „Ein wenig habe ich dann doch nachdenken müssen, weil es nicht nur ohnehin viel zu viele Bücher, sondern glücklicherweise auch eine ganze Reihe wunderbarer Bücher gibt. Und mit dem Wählen sollte man es sich ja nicht zu leicht machen. Also: Ich empfehle für diesen Sommer „Die Familie Hardelot“ (Les Biens de ce monde) von Irène Némirovski. „Für mich ist der Roman ein Schlüssel für das Verständnis der bürgerlichen Gesellschaft Frankreichs (und ihres Niederganges) - mit großartiger erzählerischer Kraft und feiner Ironie. Sie werden es nicht aus der Hand legen, bis Sie es völlig verschlungen haben.“

Joachim Arnold, der Chef von Musik und Theater Saar (Oper im Zelt, Klassik-Open-air) erklärt: „Ich lese aktuell (und das immer wieder bzw. in Ausschnitten oder Kapiteln oder auch nur „satzweise“) eine Anthologie von Friedrich Nietzsche: „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt“, erschienen im Marixverlag. Wie ein Wink des Schicksals lag das Buch vor einigen Wochen in der Straßen-Auslage des Buchladens am St. Johanner Markt, und ich habe zugegriffen. Es macht mich neugierig darauf, mich in nächster Zeit noch viel stärker mit der radikalen Denkweise dieses klugen Menschen zu beschäftigen. Viele seiner atemberaubenden Gedankengänge sind meiner Meinung nach – wie so oft in der Literatur und Philosophie – im Lauf der Geschichte durch Missbrauch von bösartigen Dritten oder Dummheit der Interpreten in weiten Teilen desavouiert oder noch schlimmer: denunziert worden“.

Der Kabarettist Detlev Schönauer  informiert sich im Urlaub auch politisch: „Gerade habe ich mir ein interessantes Sachbuch gekauft mit aktuellem Bezug. Es wurde kürzlich im SR bei „Fragen an den Autor“ vorgestellt und dürfte zum besseren Verständnis einer für uns nach wie vor wenig bekannten Kultur beitragen: Zana Ramadani: „Die verschleierte Gefahr.“ Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen. Daraus erhoffe ich mir natürlich interessante Anregungen für mein neues Programm Doppelhirn, das am 6. Oktober in der Congresshalle Premiere haben wird“.

Die in Heusweiler lebende Autorin Deana Zinßmeister empfiehlt selbstbewusst zunächst mal ihren eigenen Roman „Das Lied der Hugenotten“, „da das Thema auch heute noch brandaktuell ist. Menschen müssen fliehen, da sie ihren Glauben nicht leben dürfen“. Aber sie empfiehlt auch einen Kollegen als Sommerlektüre: Stefan Gemmels  Befreiungsschlag.  „Er behandelt ein Thema, das die Jugend in unserer Gesellschaft betrifft und das bis jetzt kaum erzählt worden ist. Kriminelle Jugendliche bekommen eine letzte Chance, um dem Knast zu entgehen. Dafür müssen sie an einem Antigewalttraining teilnehmen.

Aufwendig recherchiert, interessant geschrieben. Der Roman hat mich sehr berührt und nachdenklich gemacht“.

Anne Schönen, Chanson-Künstlerin und Lehrerin, rät zu „Butchers Crossing“ von John Williams. „Der Roman besticht mit großartiger, perfekt verdichteter Sprache. Zum Inhalt: Will Andrews,  der der Aussicht auf eine glänzende Karriere den Rücken gekehrt hat, ist beflügelt von der Naturauffassung Ralph W. Emersons und sucht im Westen nach einer ursprünglichen Beziehung zur Natur. Er schließt sich einer Expedition an, mit dem Ziel, Büffelherden aufzuspüren, um diese zu jagen. Die Reise ist aufreibend und strapaziös, aber am Ende erreichen die Männer einen Ort von paradiesischer Schönheit.“

Die Autorin Angelika Lauriel tut sich schwer damit, ein Lieblingsbuch auszuwählen, sie schickt gleich drei: Alle drei sind Liebesromane und die perfekte Ferienlektüre, wie sie sagt. „In „Brausepulverherz“ von Leonie Lastella  verliert eine junge Hamburgerin an der italienischen Riviera ihr Herz, während daheim ihr Freund die Hochzeit plant. In „Landliebe“ von Jana Lukas, geraten zwei junge Leute unfreiwillig in eine Fersehsendung à la „Bauer sucht Frau“. Das ist urkomisch und herzhaft. In „Wenn das Lieben Loopings dreht“ von Theresia Graw öffnet eine Frau die Briefe eines Unbekannten, die falsch adressiert sind, und stellt plötzlich ihr Leben infrage. Die Geschichte endet solide, aber sehr schön.

Die Schauspielerin und Kabarettistin Bettina Koch empfiehlt für den Sommer den Psychothriller „Die Therapie“ von Sebastian Fitzek: „Furchtbar spannend mit überraschendem Ende“. Und dazu sollte man noch „Der König von Berlin“ von Horst Evers einpacken, „ein geistreicher, fröhlicher Krimi - und am besten Horst Evers sämtliche Kurzgeschichten“.

Peter Edlinger, Geschäftsführer des Stadtwerke-Konzerns, liest ebenfalls gern: „Mein Buchtipp für die Sommerferien ist Hanni Münzer: „Honigtot“. Eine ergreifende Familiengeschichte zur Zeit des Naziregimes, ein Kampf ums Überleben im 3. Reich. Fesselnd, beeindruckend, spannend“.

Auch der frühere Kulturdezernent der Stadt Saarbrücken, Erik Schrader, hat einen Ferienlesetipp: „Ich würde den Roman „Auerhaus“ von Bov Bjerg als eine schöne Sommerlektüre empfehlen. Der Roman erzählt locker und leicht von Liebe, Freundschaft und dem Ja zum Leben, eine Coming-of-Age-Geschichte die einen immer wieder zum Lachen bringt und dabei die Zeit des Erwachsenwerdens in ihrer ganzen Besonderheit darstellt“.

Christian Bauer, „Tatort“-Redakteur beim Saarländischen Rundfunk, empfiehlt von Hallgrimur Helgason: „Eine Frau bei 1000°“. „Ein Buch, so verrückt wie das Leben. Witzig, tiefgründig und leicht zugleich, noch dazu in einem Stil geschrieben, der fesselt und der von einer außergewöhnlich gelungenen Übersetzung zeugt. Schon die ersten Sätze sind der Knaller: Ich lebe hier allein in einer Garage, zusammen mit einem Laptop und einer alten Handgranate. Es ist wahnsinnig gemütlich.“

Astrid Rech liest als Chefin der Kinder- und Jugendbuchmesse ja schon von Berufs wegen viel. Aus all ihren Büchern hat sie „Auerhaus“ von Bov Bjerg herausgesucht. „Sechs Jugendliche in den 80er Jahren - alle irgendwie labil - leben ein Jahr lang in einer dörflichen WG im Auerhaus; verbarrikadieren sich hier vor dem Erwachsenwerden. Ein Coming-of-Age-Roman? Auch. Vor allem aber ein Buch, in dem jede Pointe, jede Zeile sitzt, kein Wort zu viel ist, kein Charakter zu zweidimensional. Ein Buch wie ein guter Song, den man wieder und wieder hören möchte. Dieses „Auerhaus“ muss man wieder und wieder lesen - und entdeckt es jedes Mal neu.“

 Der Rapper Drehmoment liest Peter Scholl-Latour.

Der Rapper Drehmoment liest Peter Scholl-Latour.

Foto: NINA MEUMANN
 Charlotte Britz empfiehlt einen besonderen Krimi.

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Foto: Iris Maria Maurer
 Der Kultusminister hat die Qual der Wahl.

Der Kultusminister hat die Qual der Wahl.

Foto: BeckerBredel
 Joachim Arnold liest Friedrich Nietzsche.

Joachim Arnold liest Friedrich Nietzsche.

Foto: rup
 Detlev Schönauer informiert sich über den Islam.

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Foto: Detlev Schönauer
 Deana Zinßmeister empfiehlt auch eigene Werke.

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Foto: Marny Meyer/Picasa
 Anne Schoenen liest gern John Williams.

Anne Schoenen liest gern John Williams.

Foto: Markus Jungen
 Bettina Koch mag intelligente Thriller.

Bettina Koch mag intelligente Thriller.

Foto: jean m. laffitau
 Peter Edlinger ist von „Honigtot“ beeindruckt.

Peter Edlinger ist von „Honigtot“ beeindruckt.

Foto: Manuela Meyer info@manuelameyer.
 Der frühere Kulturdezernent Erik Schrader liest auch gern.

Der frühere Kulturdezernent Erik Schrader liest auch gern.

Foto: BeckerBredel
 Christian Bauer mag Geschichten, verrückt wie das Leben.

Christian Bauer mag Geschichten, verrückt wie das Leben.

Foto: SR/Manuela Meyer
 Astrid  Rech liest immer wieder „Auerhaus“.

Astrid  Rech liest immer wieder „Auerhaus“.

Foto: Iris Maurer
 Marcel Adam ist von Ellory begeistert.

Marcel Adam ist von Ellory begeistert.

Foto: Jean M. Laffitau

Auch den Chansonnier Marcel Adam haben wir um einen Tipp gebeten: „Ich lese momentan französisch, von R. J. Ellory „Les papillons de nuit“. Ein Krimi. Wie immer von Ellory genial geschrieben mit der amerikanischen Geschichte (Ku-Klux-Klan / Kennedy) im Hintergrund. Intelligent, spannend.Alle Bücher von Ellory haben mich begeistert“.

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