Zusammenleben „Einklang“ singt Lieder übers Anderssein

Dudweiler/Riegelsberg · Seit zwei Jahren leitete Martina Haupenthal den Inklusionschor des Sozialverbandes VdK Saarland.

 Seit 40 Jahren ausgebildete Chorleiterin: Martina Haupenthal.

Seit 40 Jahren ausgebildete Chorleiterin: Martina Haupenthal.

Foto: Fredy Dittgen

„Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an (E.T.A. Hoffmann)“ hat Martina Haupenthal auf die Rückseiten ihrer Visitenkarten gedruckt. Und wohl kaum ein anderes Zitat könnte besser ausdrücken, dass Sprache und Musik Haupenthals Leben bestimmen.

Martina Haupenthal wohnt in Dudweiler, ist 58 Jahre alt, seit 31 Jahren mit Gerhard Haupenthal verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder von 28 und 26 Jahren sowie zwei Enkel (sechs und zwei Jahre alt). Von Beruf ist sie Sprecherzieherin und Musikpädagogin, führt gemeinsam mit ihrem Mann eine Musikschule in Dudweiler und ist für die evangelische Kirchengemeinde Alt-Saarbrücken in mehreren Grundschulen im Regionalverband als Chorleiterin tätig.

„Vor 40 Jahren habe ich mein Chorleiterexamen gemacht und bin seitdem durchgehend als Chorleiterin aktiv“, erklärt sie. So aktuell auch seit zwei Jahren beim Inklusionschor „Einklang“ des Sozialverbandes VdK Saarland. Dieser Chor ist für sie Aufgabe und Herausforderung zugleich. „Am Anfang hatte ich noch Berührungsängste. Ich habe mit einem Heidenrespekt angefangen und wusste nicht, ob ich das kann “, sagt Haupenthal.

Doch nach zwei Proben stand fest, dass es funktioniert und richtig Spaß macht, Kinder mit und ohne Behinderung an die Musik heranzuführen, ihre gesanglichen Leistungen und auch die Motorik zu verbessern. Was den Inklusionschor gegenüber allen anderen Chören, die sie schon geleitet hat, auszeichnet, sei die „Unverstelltheit und Ehrlichkeit“ der Kinder, betont Haupenthal. Als sie den Chor im August 2017 übernahm, bestand er aus sechs Mitgliedern. Jetzt sind es 20.

Im Chor „Einklang“ singen Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom, Autismus, kognitiven Einschränkungen und Mehrfachbehinderungen. Da versteht es sich von selbst, dass die Chorleiterin ihnen keine Liedtexte hinlegen kann und sie vom Blatt absingen lässt. Aber das ist genau eine der Herausforderungen, die Martina Haupenthal liebt. Sie spricht und singt den Kindern die Texte vor und arbeitet viel mit Bewegungen, die den Inhalt des Liedes und seine Aussagen unterstreichen.

Das Repertoire des Chores besteht aus Kinderliedern, doch Haupenthal mag diesen Begriff überhaupt nicht. Ihr ist viel wichtiger zu erklären, dass das Repertoire ausnahmslos das Thema Unterschiedlichsein enthält. Ein Beispiel: Das Abschlusslied bei den Auftritten des Chores heißt „Weil wir Freunde sind kann uns nichts mehr trennen“, und Martina Haupenthal singt eine Textpassage vor: „Ich seh vielleicht nicht aus wie Du, doch mach nicht gleich die Türe zu. Ich lade dich heut zu mir ein, in meinem Leben Gast zu sein.“ Sie mag dieses Lied sehr, weil es deutlich mache, dass der Mensch mit Handicap oft ausgegrenzt wird. Mit dem Singen solcher Lieder wollen sie und ihr Chor Türen öffnen und Schwellen abbauen.

Der Chor hat schon öffentliche Auftritte hinter sich. So wird er gerne bei Festlichkeiten in der Riegelsberger Seniorenresidenz gebucht und trat zuletzt beim einem Seniorennachmittag in Alt-Saarbrücken auf. „Da waren wir der Knaller“, freut sich Martina Haupenthal und ist froh, dass ihre Arbeit Früchte trägt. „Das Feedback ist enorm. Ich werde von Leuten angesprochen, die Medien reagieren, das zeigt mir, dass ich vor zwei Jahren eine richtige Entscheidung getroffen habe, diesen Chor zu übernehmen.“  

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