Kulturszene Lesung mit sechs Saarbrücker Autorinnen

Saarbrücken · Leseabend im „creativroom“ in der Mainzer Straße zeigt, wie vielfältig die Literaturszene in der Stadt ist.

„Geschichten stammen meist von Menschen, die reisen und zurückkommen“, heißt es in einem Gedicht von Yvonne Lachmann. Die sechs Autorinnen, die am Freitagabend im neuen „creativroom“ in der Mainzer Straße ihre Texte lesen, haben wohl schon einige Reisen hinter sich. Die Gedichte, Kurzgeschichten und andere Texte sind inspiriert von eben diesen Reisen, aus den tiefsten Gedanken oder einfach von bewussten Alltagsbeobachtungen, für die sich heute nur noch wenige Menschen Zeit nehmen. Die Reisen führten alle sechs nach Saarbrücken, so viel zu den Gemeinsamkeiten der Autorinnen. Die Texte stehen „(Aus Zimmern) für sich allein“, so der Titel der Lesung und gerade das macht die Vielseitigkeit deutlich.

Natascha Denners Reise führte besonders weit, von Tomsk in Russland nach Saarbrücken. Mit dem Gedicht „Schau Schnee“ eröffnet sie die Reihe von Texten. Sie versteht es, Stimmungen zu erzeugen und schreibt nah am Leser, aus der Ich-Perspektive. Die Körperlichkeit und Fremdheit des eigenen Körpers steht im Fokus. Es liegt nahe, dass sie sich von dem Forschungsprojekt „Traumkulturen“ inspirieren ließ, an dem sie beteiligt ist. Die Reihung ihrer Wörter gleicht einem Gedankenstrang, verträumt, von der Beschreibung des kleinsten Details bis hin zum Blick nach außen und wieder zur Betrachtung des eigenen Körpers.

Yvonne Lachmann bremst die Lese-Geschwindigkeit des Abends mit ihrem bedachteren und langsameren Stil. Die Texte sind mit einem selbstverständlichen Selbstbewusstsein vorgetragen und kommen flüssig aus Lachmanns Mund. Auch sie hatte wie ihre Vorrednerin schon ein Künstlerresidenz-Stipendium gewonnen, bei dem sie sich in der Abtei Neumünster besonders intensiv ihrer schriftstellerischen Arbeit widmen konnte.

Kontrastreich folgt Kristin Rubras Lesung aus ihrer Publikation „Als ich deutsch wurde“. In ihren Texten beschäftigt sich Rubra mit dem Nationalbewusstsein. Zwar ist sie selbst in Deutschland aufgewachsen, aber nach dem Abitur zum Medizinstudium in die USA gegangen. Die Ausschnitte aus ihren Erzählungen ziehen die Zuhörer vergleichsweise langsam in die kleinen Geschichten und enden gerade dann, wenn es gelungen ist, der Geschichte zu folgen. Das ist nur der Vorgeschmack auf den Rest der Geschichten der praktizierenden Ärztin.

„Mir macht es Spaß, meine unveröffentlichten Texte am Publikum zu testen“, stellt die nächste Autorin zu Beginn klar. Sonja Ruf macht ihre Routine deutlich, die sie bereits bei Lesungen entwickelt hat. Mehrere Bücher hat sie publiziert. Ihre Texte lassen sich leicht und flüssig aufnehmen und handeln vom Alltag und von zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Protagonisten werden mit einer mutigen Sprache und ohne sprachliche Umwege beschrieben und begleitet, was vereinzelt dunkle Lacher im Publikum auslöst. Umso überraschender, dass sie gerade ihr neuestes Kinderbuch als Zugabe liest, welches sie auch bei der Kinderbuchmesse in Saarbrücken vorstellen wird.

 Die Autorin Nelia Dorscheid liest im creativroom.

Die Autorin Nelia Dorscheid liest im creativroom.

Foto: Nicole Burkhardt

Nelia Dorscheid leitet zum zweiten Teil der Lesung ein. Auch sie ist es gewohnt, vor Publikum zu sprechen, allerdings als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache. Mit deutlicher Stimme trägt sie ihre schweren und bedeutungsvollen Texte vor. Silvana Uibel, Jüngste im Bund, bietet da einen Kontrast. Sitzend und in gebeugter Haltung trägt sie ihre Kurzgeschichte vor, die von der Liebe handelt, die Sprache distanziert und reich an Metaphern. Die Vielfalt der Sprache und der Saarbrücker Literaturszene begleitet die Zuhörer nach Hause.

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