Scheid-Preisträger der HBK Leichen-Bilder und Innenansichten einer Frau

Saarbrücken · Der „Förderpreis Dr. Dieter & Ulrike Scheid für Bildende Kunst 2017“ ging an zwei HBK-Absolventen, die außergewöhnliche Kunst schufen.

  Mathias Aan´t Heck und Rosita Hofmann

Mathias Aan´t Heck und Rosita Hofmann

Foto: Iris Maria Maurer

Rosita Hofmann und Mathias Aan`t Heck sind Absolventen der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) und haben sich in ihren Abschlussarbeiten intensiv mit dem menschlichen Körper auseinandergesetzt. Die Qualität der Arbeiten war so hoch, dass sie dafür den „Förderpreis Dr. Dieter & Ulrike Scheid für Bildende Kunst 2017“ gewonnen haben.

Während Mathias Aan´t Heck den Preis für seine zarten, diskreten, großformatigen Zeichnungen von Leichen erhalten hat, hat sich Rosita Hofmann mit ihrem eigenen Körper auseinandergesetzt und sich in ein Magnetresonanztomographie-Gerät, kurz MRT, gelegt. „Ich habe mich schon im Jahr 2014 bei der Projektion von Bildern und Videos auf die Fassaden der Berliner Promenade mit MRT-Fotos beschäftigt“, erzählt die gebürtige Bonnerin, die schon als Kind kreativ war. „Der Kontrast von kantiger Architektur und weichen Körpern hatte mich da fasziniert“, erklärt sie weiter.

Daher hat Rosita Hofmann sich für ihre Abschlussarbeit selbst in ein MRT gelegt, und die Fotos der Sequenzen anschließend derart aneinandergefügt, dass drei fließende, bewegte und insbesondere erstaunliche Filme dieser Aufnahmen entstanden sind. Das war gar nicht so leicht, denn zuerst musste Rosita Hofmann Radiologen finden, die diese Arbeit unterstützen. Die MRT-Bilder hat sie dann nicht viel verändert, weder Farben, noch Kontraste hinzugefügt.

Zu sehen ist jeweils nur das Innere ihres eigenen Körpers. Da sie verschiedene, extravagante Haltungen in dem Aufnahmegerät eingenommen hat, sind diese Videos sehr abwechslungsreich und gleichzeitig eine phantastische Erkundung des Körperinneren.

„Für die Aufnahmen habe ich genau überlegt, welche Bewegungen und Haltungen ich einnehmen will“, berichtet sie. Rosita Hofmann lebt schon seit dem Jahr 2008 in Saarbrücken und wollte unbedingt an die HBK, hatte sich gründlich vorbereitet. „Ich habe auch überlegt, Musik zu studieren. Hier in Saarbrücken konnte ich mit allen Medien, auch der Sound Art, experimentieren. Das gab den Ausschlag“, sagt sie, die schon ihre Arbeiten 2016 beim Evimus-Festival und der SaarArt 2017 zeigen konnte. Das Preisgeld will sie in eine Kamera investieren, um an ihrem Thema weiterarbeiten zu können. Dafür will sie auch erstmal in Saarbrücken bleiben.

Auch Mathias Aan´t Heck wird sein Preisgeld zum Weiterentwickeln der Abschlussarbeit nutzen. Denn es steht jetzt schon fest, dass eines seiner Werke im Februar in der Stadtgalerie gezeigt werden wird. Das ist nicht selbstverständlich, denn Mathias Aan´t Heck hat verstorbene Menschen gezeichnet. „Ich habe schon früh gezeichnet, wurde sogar für eine Kunstschule empfohlen“, beginnt er zu erzählen. Nach dem Abitur habe er sich dann in Saarbrücken beworben, denn „es gibt nur wenige Malereiklassen an Kunsthochschulen, in denen figürlich gemalt wird“, erklärt er. Mathias Aan´t Heck zog daher aus Bayern nach Saarbrücken, und hat während des Studiums anrührende, großformatige Zeichnungen von toten Vögeln angefertigt und mehrfach ausstellen können, darunter auch bei der SaarArt 2017.

„Das Thema Tod hat mich schon immer interessiert. Es polarisiert. Außerdem wird der Tod heute gesellschaftlich ausgegrenzt“, erklärt er. Private Hintergründe hat seine Motivwahl nicht, viel mehr interessierte ihn der Kontrast des ruhigen, banalen Todes im Heim oder Krankenhaus im Gegensatz zu seiner Darstellung im Fernsehen. Um seinem Motiv ganz nah zu kommen, fragte er im Institut für Anatomie in Homburg an, ob er dort zeichnen dürfe. Und er durfte. Entstanden sind neben 40 Skizzen zwei großformatige Bleistift-Zeichnungen, die tote Körper von alten Frauen zeigen. Das Besondere an diesen Zeichnungen ist, dass sie Diskretion bewahren – die Köpfe sind in den Positionen fast nicht zu sehen – und trotzdem anatomisch genau die Hautoberflächen der Leichen zeigen. Mit feinen, dünnen Bleistiftlinien und wenig hauchzarten Schraffuren schafft Mathias Aan´t Heck es, den Körpern eine Würde zu verleihen, sie nicht voyeuristisch zu verraten. „Ich habe beim Zeichnen nur die Perspektive gewählt, sonst habe ich nicht eingegriffen“, erklärt er noch dazu. Diese beiden ungewöhnlichen Abschlussarbeiten mit dem Scheid-Förderpreis auszuzeichnen, war eine nachvollziehbare Wahl.

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