Eigentümer in der Verantwortung Saarland überarbeitet Richtlinie für Unwetterhilfen

Saarbrücken · Die Landesregierung will finanziell nur noch unter die Arme greifen, wenn Hauseigentümer Vorgsorgemaßnahmen getroffen haben.

Kleinblittersdorf war vom Starkregen im Juni vergangenen Jahres besonders betroffen. Häuser waren überflutet, Straßen überschwemmt, sogar Autos wurden weggerissen.

Kleinblittersdorf war vom Starkregen im Juni vergangenen Jahres besonders betroffen. Häuser waren überflutet, Straßen überschwemmt, sogar Autos wurden weggerissen.

Foto: BeckerBredel

„Wir lassen die Opfer dieser schwierigen Situation nicht allein“, sagte Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) nach den Starkregenereignissen im Juni vergangenen Jahres. Schnell wurde ein Paket für Soforthilfe in Höhe von 2,5 Millionen Euro geschnürt. Das Land steuerte eine Million, die Kommunen 1,3 Millionen Euro bei. Für Haushalte, die in eine existenzbedrohende Notlage gerieten, gab es daraus eine schnelle Abschlagszahlung von 1500 Euro. In individuellen Fällen gab es auch Zuschüsse bis zu 50 000 Euro. Dabei war es unerheblich, ob Hausbesitzer selbst Vorsorgemaßnahmen getroffen haben.

Das soll sich nun ändern. Die CDU-/SPD-Landesregierung überarbeitet seine Richtlinien für Unwetterhilfen, wie Julian Lange, stellvertretender Regierungssprecher, der SZ mitteilt. „Unwetterschäden sind ein wachsendes Problem, bei dem alle Betroffenen gefordert sind, im Rahmen ihrer Eigenverantwortung geeignete Vorsorgemaßnahmen zum eigenen Schutz zu treffen.“ Das bedeutet, Wohnungs- und Hauseigentümer sollten sich mit einer Elementarversicherung und baulichen Vorkehrungen gegen Schäden und letztlich finanzielle Belastungen absichern. Zudem sollten Kommunen auf Grundlage von Gefahrenanalysen bestimmte Vorkehrungen treffen. Wie genau die Richtlinien am Ende überarbeitet sein werden, könne wegen des laufenden Verfahrens noch nicht mitgeteilt werden. „Die öffentliche Hand kann dabei letztlich nur wirklich existenzgefährdende Schäden, die von den Betroffenen nicht mehr aus eigener Kraft zu bewältigen sind, durch staatliche Finanzhilfen subsidiär und teilweise ausgleichen. Dies allerdings nur, wenn vorher alle möglichen Vorsorgemaßnahmen umgesetzt wurden“, sagt Lange.

Diese Entscheidung ist keine rein saarländische. Auch Rheinland-Pfalz und Bayern haben kürzlich ihre Richtlinien überarbeitet und beschlossen, keine Unwetter-Finanzhilfen mehr zu zahlen, wenn die Schäden versicherbar gewesen wären. Nur noch in Härtefallen soll eine Sonderregelung greifen. Damit reagieren die Bundesländer auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom Juni 2017, wonach staatliche Hilfen für Betroffene von Naturkatastrophen deutlich eingeschränkt werden sollen. Die Verantwortlichen appellieren damit an die Eigenverantwortung von Hausbesitzern, Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. Dazu zählt vor allem die Elementarversicherung. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat im Bundesdurchschnitt nur rund jeder vierte Hauseigentümer (43 Prozent) eine Versicherung für Schäden durch Hochwasser, Starkregen, Erdbeben oder Schneedruck abgeschlossen.  Im Saarland seien es knapp ein Drittel (32 Prozent).

Besonders heftig betroffen vom Starkregen im Juni 2018 war die Gemeinde Kleinblittersdorf. Häuser waren überflutet, Straßenzüge überschwemmt, Autos wurden weggerissen. Der Schaden ging in die Millionenhöhe. Der Bürgermeister von Kleinblittersdorf, Stephan Strichertz (parteilos), sagt gegenüber der SZ, dass die Regierung mit den betroffenen Städten und Gemeinden bezüglich der Richtlinien noch nicht offiziell in Kontakt getreten sei. „Wir sind auch nicht in irgendein Gremium eingebunden, das an der Überarbeitung der Richtlinien arbeitet.“ Bei einer Veranstaltung vor einigen Wochen in Bliesransbach zum Thema Vorsorgemaßnahmen sei auch ein Vertreter des Saar-Umweltministeriums vor Ort gewesen. Dieser habe zwar angedeutet, so Strichertz, dass an den Richtlinien gearbeitet werde. Allerdings mit dem Tenor, dass „Hauseigentümer prämiert würden, die selbst bauliche Vorsorgemaßnahmen treffen“. Außerdem sollte in Zusammenarbeit mit der Versicherungswirtschaft gewährleitet werden, dass Eigentümer, deren Besitz in Risikogebieten liegen und somit nicht oder nur mit einem sehr hohen Beitragssatz aufgenommen würden, letztlich doch gegen Elementarschäden versichert werden.

Die Gemeinde selbst hat bereits Maßnahmen ergriffen, um für zukünftige Naturkatastrophen besser gewappnet zu sein. Sie arbeite mit Experten der Technischen Universität Kaiserlsautern an einem Konzept zur Starkregenvorsorge. Dazu gehörten auch Workshops mit den Bürgern der verschiedenen Ortsteile, die ihre Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr einbringen können. In den vergangenen Wochen seien bei solchen Veranstaltung rund 50 bis 60 Personen anwesend gewesen. „Und ich kann bestätigen, dass die Bürger sich durchaus ihrer Eigenverantwortung bewusst sind. Sie wissen, dass es nicht nur eine kommunale Aufgabe oder Aufgabe des Landes ist“, sagt Strichertz.

Die Kommunen sollten aber nach Ansicht der Landesregierung zumindest für sogenannte Alarm-Karten sorgen, die Risikogebiete ausweisen. In diesem April hatte Saar-Umweltminister Reinhold Jost (SPD) diese Gefahrenanalysen vorgestellt. Dafür standen Eppelborn, Sulzbach, Friedrichsthal und Wadern Modell. „Zur Zeit haben 13 Kommunen Starkregengefahrenkarten und/oder Vorsorgekonzepte erstellt, beabsichtigen dies oder sind gerade dabei. Fünf von den 13 Kommunen seien seit April dazu gekommen“, teilt ein Ministeriumssprecher mit. Die Kosten für die Konzepte inklusive der Gefahrenkarten werden vom Ministerium mit bis zu 90 Prozent bezuschusst. Das Konzept in Kleinblittersdorf sei zwar kein Teil dieser vom Ministerium ainitiierten Vorsorge, es würden allerdings auch dort 70 Prozent der Kosten übernommen, sagt Strichertz. „Unterm Strich werden wir also auch gleich behandelt.“

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