Die Entwicklung der Gewerbeimmobilien in Saarbrücken „Die Zeiten ständig steigender Mieten sind endgültig vorbei“

Saarbrücken · Corona, Online-Handel und die aktuelle Wirtschaftslage — die Kosten für saarländische Gewerbeimmobilien werden von vielen Faktoren beeinflusst. Das ist der aktuelle Trend in Saarbrücken.

 Die Mietkosten für Gewerbeimmobilien in Saarbrücken variieren je nach Lage

Die Mietkosten für Gewerbeimmobilien in Saarbrücken variieren je nach Lage

Foto: obs/JAKOB GEISSELE PHOTOGRAPHY

Die Mietpreise für die Geschäfte in der Bahnhofstraße, die Einkaufsmeile Nummer eins im Saarland, sind stark unter Druck geraten. „Die Zeiten ständig steigender Mieten sind endgültig vorbei“, sagt Uli Lorscheider, geschäftsführender Gesellschafter des über 40 Jahre alten Saarbrücker Maklerbüros hansen+blum Immobilien GmbH. Die Corona-Pandemie und der zunehmende Online-Handel setzten dem stationären Einzelhandel deutlich zu. Sind die Innenstädte leer, oder – wie mittlerweile wieder der Fall – die Kundenfrequenz steigt, lassen sich die Kunden vom stationären Handel beraten, kaufen aber online ein. Und die Ladenmieten hängen den Geschäftsbetreibern wie ein Mühlstein am Hals. Lorscheider hat seit langem die Hand am Hebel des Immobilienmarktes im Regionalverband, hat schon viele Höhen und Tiefen des sehr differenzierten Marktes für Gewerbeimmobilien mitgemacht.

Ein Ende der bundesweiten Preissteigerung ist in Sicht

Die Bäume wachsen auch im Bundesschnitt nicht mehr in den Himmel. Das privatrechtliche Portal Statista (nicht zu verwechseln mit dem Statistischen Bundesamt) hat in seinem Preisindex für Gewerbeimmobilien seit Mitte 2020 ein Ende der stetigen Aufwärtsbewegung registriert. Andererseits glänzen die Leuchttürme deutscher Einkaufsmeilen von Düsseldorf über Hamburg und Leipzig bis nach München immer noch, wenn auch mit abgeflachten Zuwachsraten für die Ladenmieten in den Spitzenlagen (die so genannten 1 A-Lagen).

Die Corona-Hochzeit setzte einigen Filialen zu

Saarbrücken gehört nicht zur Beletage der deutschen Shopping-Cities, also werden hier kleinere Brötchen gebacken, stellt der jüngste „Preisspiegel 2022“ des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) für das Saarland fest. Für Läden bis 60 qm sind die Mieten in der Bahnhofstraße von einstmaligen 80 Euro/qm auf 45 bis 60 Euro/qm (alle Zahlen sind Nettokaltmieten, die Nebenkosten kommen noch hinzu) zurückgegangen: „Einigen Geschäften ging dort in der Corona-Hochzeit die Luft aus.“ Auch die großen Filialen in der Bahnhofstraße sind coronabedingt unter Druck geraten, können aber dank guter Konzern-Finanzausstattung Einbrüche besser wegstecken als kleine Läden. Bei jenen Läden ab etwa 150 qm in der Bahnhofstraße sanken die Mieten (Stand: Ende des ersten Quartals 2022) von 36,70 Euro/qm auf 32,50 Euro/qm.

In den B-Lagen sind die Mieten deutlich günstiger

Lorscheider schätzt den aktuellen Leerstand des gesamten Flächenangebotes in der Bahnhofstraße – also vom Erdgeschoss bis hoch zur letzten Etage – auf etwa zehn Prozent. Genaue Zahlen seien kaum ermittelbar. Etliche der höher gelegenen Büroflächen, die nicht vermietet werden konnten, seien mittlerweile zu Wohnungen umgebaut worden. In den Nebenlagen (1B-Lagen wie Sulzbachstraße, Futterstraße, Kaiserstraße) wird es deutlich günstiger. Kleine Läden (bis 60 qm) legen dort noch 15 Euro/qm hin, gegenüber 17.50 Euro/qm in 2021. Bei Ladengrößen bis 150 qm gab es nur einen leichten Rückgang von 12,80 auf 12 Euro/qm. Insgesamt bewege sich der Laden-qm-Mietpreise in den 1B-Lagen zwischen zehn bis 20 Euro.

Mietpreise für Gastro-Betriebe weitgehend stabil

Das Mietpreisniveau für die Gastro-Betriebe im Amüsierkaffee am St. Johanner Markt ist noch weitgehend stabil. „Die Preise dort dürften auf lange Sicht aber sinken, denn die Gastronomen mit ihren bekannten Problemen wie Kostensteigerungen, Personalmangel und schwankenden Gästefrequenzen geraten zunehmend unter starken Ertragsdruck und können dann die Mieten nicht mehr stemmen“, so Lorscheider. Breite Straße und Lebacher Straße stagnieren auf niedrigem Niveau, gut gehalten habe sich bisher die Mainzer Straße. Im Nauwieser Noch-Szene-Viertel dauert der Kampf um die Gentrifizierung (die Aufwertung eines Stadtteils durch Sanierung und Umbau) weiter an. Auf lange Sicht werde diese aber fortschreiten und die Mieten würden dort steigen, sagt Lorscheider. Das gelte für Gewerbe- und Wohnflächen. Am wenigsten Miete zahlen Ladenbesitzer in Sulzbach: Zwischen fünf Euro/qm für gute, kleinere Flächen bis runter zu 2,50 Euro auf den Quadratmeter. „Die Stadt hat es schwer“, sagt Lorscheider. Er wirft einen Blick zum Nachbarn aus St. Ingbert hinüber: „Der ist stark im Kommen.“

„Die Mieter wollen heute Büroflächen auf hohem Niveau“

Die besten Büromieten würden derzeit im Eurobahnhof-Quartier bezahlt. Die großen Konzerne haben hier oft selbst gebaut, wie die Innungskrankenkasse (IKK) oder die Kassenärztliche Vereinigung, die aus der Innenstadt dorthin gezogen seien. Büroflächen seien dort aber ausreichend vorhanden: „Die Mieter wollen heute Büroflächen auf hohem Niveau – energetisch und ausstattungsmäßig – und zahlen auch die entsprechenden Preise dafür“, so Lorscheider. Unterm Strich hätten die Büromieten in Saarbrücken aber leicht nachgegeben.

Saarländischer Gewerbeimmobilienmarkt: Es bleiben viele offene Fragen

Bei Gewerbegrundstücken im gesamten Regionalverband bestehe große Nachfrage bis zur französischen Grenze Richtung Saargemünd. „Wir erhalten Anfragen von Lebensmittelfilialisten und anderen Gewerbetreibenden nach Grundstücken, aber es gibt es keine mehr. Die Region ist mit ersteren mehr als gut versorgt.“ Bei Flächen für mögliche Hotelneubauten gebe es keine Bewegung: Mit den zahlreichen Neubauten (schon fertig oder teils noch im Bau) und dem Bettenzuwachs sei Saarbrücken am Limit: „Diese Betten müssen später ja auch verkauft werden.“ sagt Lorscheider. Sein Fazit: „Unterm Strich gibt es bislang am saarländischen Gewerbeimmobilienmarkt keine spektakulären Einbrüche, der Aufwärtstrend der vergangenen Jahre ist aber deutlich gebrochen. Die weitere Pandemie-Entwicklung, der Online-Handel und die wirtschaftliche Entwicklung haben direkte Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft und sorgen für viele offene Fragen.“

(ur)
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