Kommentar Jeder sucht sich raus, was ihm in den Kram passt

Ja, so funktioniert Politik: Die SZ analysiert die BKA-Statistik und stellt die Ergebnisse vor. Dann sucht sich jeder der Kontrahenten – in diesem Fall der SPD-Fraktionschef im Stadtrat Mirco Bertucci und Saarbrückens CDU-Oberbürgermeister Uwe Conradt – aus dieser Analyse genau das raus, was ihm am besten in den Kram passt.

 Jörg Laskowski

Jörg Laskowski

Foto: Robby Lorenz

Und haut es dann dem politischen Gegner um die Ohren.

Was lernen wir daraus: Die SZ-Analyse war auf keinen Fall einseitig, sie hatte keine politische Schlagseite, sondern lieferte einfach nur Fakten.

Mirco Bertucci stürzte sich dann auf die Häufigkeitszahl, die veranschaulicht, wie häufig Straftaten pro 100 000 Einwohner sind. Das ist legitim. Uwe Conradt bevorzugte die absolute Zahl der Straftaten – die ja nach der SZ-Analyse gesunken ist. Auch das ist legitim.

Bertucci nutzte die Häufigkeitszahl zu einer Breitseite gegen Innenminister Klaus Bouillon. Auch das ist legitim – aber ungerecht. Seit die SZ immer wieder diese Statistik präsentiert, hat Bouillon schon alles Mögliche auf die Beine gestellt, um das Problem irgendwie anzugehen. Dazu gehören auch die vielen zusätzlichen Polizei-Schwerpunkteinsätze, von denen die SZ immer wieder berichtet hat und bei denen natürlich auch eine Menge Dinge entdeckt werden, die später in der Statistik für Saarbrücken negativ wirken.

Conradt wiederum benutzte die absoluten Zahlen als Beleg für seine Aussage: „Die Sicherheit in unserer Stadt steigt.“ Dabei ließ er eines offenbar völlig außer Acht: Die absoluten Zahlen der wichtigsten Gewaltverbrechen blieben in Saarbrücken seit 2013 nahezu unverändert. Und es sind vor allem Gewaltverbrechen, bei denen die Sicherheit der Bevölkerung in Gefahr gerät. Auch Conradts Zweifel an den Häufigkeitszahlen stehen auf wackligen Beinen. Er weist darauf hin, wie beliebt Saarbrücken ist und wie viele Menschen täglich nach Saarbrücken pendeln. Aber andere Städte sind doch auch beliebt und haben hohe Pendlerquoten – und trotzdem ist es ausgerechnet Saarbrücken, das seit Jahren mit Frankfurt am Main in der Spitzengruppe der Städte mit den höchsten Häufigkeitszahlen für Straftaten liegt.

  Nun wird der eine oder andere sagen: Ja, Statistik ist doch sowieso ein zweifelhaftes Vergnügen. War es nicht sogar der legendäre Winston Churchill, der einmal gesagt hat: „Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe.“ – Tja, aber Churchill hat niemals etwas Derartiges gesagt. Joseph Goebbels hat ihm das unterstellt. Churchill hat vielmehr gesagt: „Du musst auf die Fakten schauen, denn sie schauen auf Dich.“ Und das sollten auch die politischen Kontrahenten in Saarbrücken beherzigen. Denn nicht nur die Fakten schauen auf sie. Nein, auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Und die wünschen sich einfach nur dasselbe Sicherheitsgefühl wie in anderen Städten.

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