Zum Sterben bitte aufs Festland

So kann's gehen · Eine letzte Ruhestätte, die sollte uns allen vergönnt sein. Und doch gibt es ein paar Örtchen auf der Welt, wo das Sterben „verboten“ ist.

Als ich neulich wieder in meiner Lieblingszeitung stöberte, dem "Oberschweinbacher Lindwurmkurier" (gibt's wirklich), da stolperte ich über folgende Passage: "Wussten Sie schon, dass weder der Lagerplatz am Gemeindewald Günzlehofe (Nähe Schafstall) noch unsere Friedhöfe Entsorgungsplätze für unsere Bürger sind?" Die Meldung ließ mich etwas ratlos zurück. Was sind Friedhöfe denn dann, wenn nicht Entsorgungsplätze für Bürger?

Tatsächlich weiß ich wenig über Oberschweinbach, obwohl der "Lindwurmkurier" ja mein Lieblingsblatt ist. Nur so viel: Oberschweinbach ist eine Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck und ein Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf. Lustige Namen haben die da unten. 1707 Einwohner im Jahr 2015. Ach ja, und als ich diese Kolumne schrieb, waren es dort gerade 21 Grad und der Wind wehte aus Nordost mit zehn Kilometern pro Stunde.

Das mit den Entsorgungsplätzen für Bürger ließ mich aber nicht mehr los. Hatte ich doch kurz zuvor erfahren, dass die norwegische Stadt Longyearbyen auf der Insel Spitzbergen ihren Bürgern das Sterben verboten hat. Na ja, nicht richtig verboten. Eine Nachfrage beim örtlichen Tourismusbeauftragten Ronny Bruvoll (auch die haben lustige Namen) ergab: "Sterben können Sie hier natürlich schon, aber es gibt keine Möglichkeit, hier auch beerdigt zu werden." Das liege daran, dass in Longyearbyen der Boden das ganze Jahr über gefroren ist. "Wenn man die Leute im Permafrost beerdigt, kommen ihre Leichen früher oder später wieder an die Oberfläche", sagt Bruvoll. "Hier verrottet ja nichts." Darum schreibt ein Gesetz seit 1950 vor, dass man sich zum Sterben auf das Festland zu begeben hat. Die Wikinger waren schon immer hart drauf.

Im Übrigen, so berichtete einmal die britische Zeitung "Guardian", ist Longyearbyen nicht der einzige Ort auf der Welt, wo Sterben "verboten" ist. Im italienischen Dörfchen Sellia ist es den Einwohnern per bürgermeisterlichem Dekret zumindest untersagt, krank zu werden. Bei Zuwiderhandeln, etwa indem man nicht regelmäßig zu den ärztlichen Untersuchungen geht, droht eine Geldstrafe. Basta. Da man das Sterben nicht wirklich verbieten kann, war das die einzige Chance, den fortschreitenden Bevölkerungsrückgang zu stoppen. Eigentlich clever.

Hmm. Und in Saarbrücken? Sterben verboten? Und was droht mir, wenn ich mich dem widersetze, indem ich mich auf mein Recht auf staatsbürgerlichen Ungehorsam berufe? Wie würde ich bestraft? Ich hab' einen guten Kumpel bei der Stadt. Den hab' ich das einfach mal gefragt. Der hat mir dann gesagt, seines Wissens nach sei Sterben in Saarbrücken nicht verboten. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass es von Seiten der Stadt da irgendwelche Vorgaben gebe. Er persönlich, aber das sei nur seine eigene Meinung, rate vom Sterben eher ab, weil es nicht gut für die Gesundheit sei. Wo er Recht hat, hat er Recht, mein Kumpel.

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